Absolution - Roman
an den Türen eingebaute Schlösser. So ist das eben.«
»War deine Tante eine Rassistin?«
Ellen Catharina Leroux, die den Kühl- und den Gefrierschrank und die Küchenschränke nur abschloss, wenn sie in den Urlaub fuhr, die im Wohnzimmer ein Kissen, bestickt mit tanzenden Sambo-Figuren, hatte, die nie eine Hausangestellte beschäftigt hatte, weil sie der Meinung war, das sei für alle Betroffenen erniedrigend, die ein Nachhilfeprogramm für Township-Kinder an den Wochenenden ins Leben gerufen hatte, wäre über die Vermutung, dass sie eine Rassistin sei, entsetzt gewesen.
Auf der Küchentheke standen drei rote Büchsen mit Weihnachtsplätzchen. Im Tiefkühlschrank war ein gefrorener Truthahn und in der Speisekammer glänzten Gläser mit selbst gemachtem konfyt , hellgrünen Schmuckstücken von in Sirup schwimmender Melonenschale. Sams Schlafzimmer war schon vorbereitet und im Schrank fand er eingewickelte Geschenke für sich sowie zwei Päckchen für Sarah, unangetastet von den Angreifern. Auch die Schmuckschatulle seiner Großmutter war immer noch in ihrem Versteck, die paar kleinen Schmuckstücke unberührt.
Sarah duschte sich, um sich abzukühlen, und Sam saß auf seinem Bett und schluckte die Schluchzer, die kamen, hinunter. Als er hörte, wie Sarah aus der Dusche kam, ging er in die Küche, spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht und trocknete es mit einem Geschirrtuch ab.
»Sogar die Duschtür hat innen Schlösser«, sagte Sarah, fröstelnd, da nun die Sonne untergegangen war.
»Das habe ich nie bemerkt.«
»Warum sollte man sich in seiner Dusche einschließen wollen?«
»Wenn jemand einbricht. Wenn sie ins Bad kommen, während du in der Dusche bist und du nicht weißt, was du sonst machen sollst, als dich in einen noch kleineren Raum einzuschließen und zu hoffen, dass, wer es auch ist, einfach aufgibt und weggeht. Ich weiß nicht. Ich habe nicht auf alles eine Antwort, Sarah.«
»Ist mit dir alles in Ordnung?«
»Ich habe mir nur das Gesicht gewaschen. Ich mache uns was zu essen. Setz dich doch. Möchtest du uns nicht was zu trinken holen? In der Speisekammer sind Wein und Whisky, wenn sie ihn nicht mitgenommen haben. Gläser sind im Schrank neben der Spüle.«
Ellen hatte zwar einen Alarmknopf in der Küche, doch keinen im Schlafzimmer. Alle Schlösser der Welt hatten sie nicht gerettet. Wer es auch gewesen war, hatte die Hintertür aufgebrochen, sie im Bett erschossen, ihren Fernseher, das Stereogerät, die Mikrowelle und eine Uhr ohne besonderen Wert mitgenommen und war geflohen, ehe die Polizei oder die Wachleute der Sicherheitsfirma eintrafen. Auf Sams Anweisung hin hatte die Firma die Tür ausgetauscht, ehe er und Sarah ankamen.
Die Polizei hatte Sam versichert, dass sie Spuren verfolgten, aber er hatte wenig Hoffnung; es war eine Stadt, die einen Ruf von Korruption und einer untätigen Verwaltung hatte, und es war kaum zu erwarten, dass der oder die Täter jemals gefasst werden würden.
»Sie wurde nicht vergewaltigt«, erzählte er Sarah am nächsten Tag, als er von der Identifikation der Leiche zurückkam. »Wenigstens das nicht. Ihr Gesicht sieht schrecklich aus. Sie hat vielleicht um ihr Leben gefleht und dann war er es einfach satt und hat sie erschossen.«
Während Sams Abwesenheit hatte Sarah Ellens Bett abgezogen, die Bettwäsche in einen Plastiksack gestopft, der unter dem Druck fast geplatzt war. »Was ist mit der Matratze?«, fragte sie. »Der Fleck wird wohl nicht rausgehen.«
»Die Frauen der Kirchgemeinde werden wissen, was zu tun ist.«
»Wenn du mir die Nummer raussuchst, rufe ich sie an.«
Sarah war eine größere Hilfe, als er sich hätte vorstellen können. Sie machte Tee und kochte Mahlzeiten, die ihn mit ihrer Schlichtheit trösteten: Makkaroni mit Käse, Spaghetti mit Fleischbällchen, Eintopf mit Kudufleisch, ein Omelett und Kekse. Sie tätigte Anrufe und besorgte Geld, als die Konten nicht sofort auf Sam übertragen werden konnten. Sie bestellte Blumen für die Beerdigung, half bei der Musikauswahl und bezauberte die Frauen der Kirchgemeinde, der Ellen immer noch angehörte, obwohl sie in den letzten Jahren kaum Gottesdienste besucht hatte. Sie kostete Essen, das neu für sie war, und versuchte Sam zufrieden zu machen, ohne je den Ernst der Situation zu beeinträchtigen. Mithilfe des Frauenbundes organisierte sie ein Essen nach dem Gedenkgottesdienst und half Sam, einen Fonds einzurichten, damit in Ellens Namen an der Schule, wo sie unterrichtet hatte, ein
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