Absolution - Roman
Stipendium eingerichtet werden konnte. Sie telefonierte mit den Anwälten ihres Vaters, dessen Firma eine Zweigstelle in Kapstadt hatte, und innerhalb weniger Tage waren die bürokratischen Hürden beseitigt, die Konten auf Sam überschrieben und das Haus gehörte ihm und er konnte damit machen, was er wollte. Alles, was sie tat, war einfach perfekt – effizient und geschäftsmäßig, ohne unsensibel zu sein. Hierin erinnerte sie Sam, nicht zum ersten Mal, an Laura.
Obwohl er für alles, was sie tat, dankbar war, fing er an, fast gegen seinen Willen, sich über die Rolle, die Sarah so mühelos spielte, zu ärgern – die amerikanische Retterin mit den goldenen Händen. Ohne darüber nachzudenken, fing er an, kleine Dinge zu tun, die sie entfremden könnten, die sie zwingen sollten, versteckte egoistische Anwandlungen zu offenbaren. Aber als er eine Nacht allein in dem Zimmer schlafen wollte, das seines gewesen war, seit er zu Ellen gekommen war, machte Sarah die Couch im Wohnzimmer zurecht und schlief dort, ohne sich zu beklagen.
Die Polizei versicherte Sam, dass sie den Spuren nachgehen würden.
SAM
Ich brachte den Rest des Sommers, den schwülen Februar und die kühleren Tage des frühen Herbstes – März, April – damit zu, vergessen zu wollen, was Timothy mir mitgeteilt und Lionel nicht zurückgewiesen hatte. Vielleicht gebe ich nun allmählich meiner Tante Ellen recht, die sagte, es sei besser, zu vergessen und sich von der Vergangenheit und ihren Menschen zu lösen; wir irren uns, wenn wir glauben, sie zu kennen.
Während der Tage, die ich in meiner Zelle eines Büros in der Universität verbringe, arbeite ich entweder am Buch oder bereite mich auf die Lehrveranstaltungen vor, obwohl die beiden Tätigkeiten symbiotisch sind, eine die andere nährt. Ich habe dieses Semester nur zwei Seminare, das eine für das Honours-Programm über südafrikanische Gegenwartsliteratur, das andere ein Masterkurs, der zur Gänze Clares Büchern gewidmet ist. Die Studenten arbeiten hart, sie sind engagiert, sie ziehen mich mit meinen amerikanisierten Vokalen auf und fragen mich, als das Semester fortschreitet, ob ich genug Schlaf bekomme. Sie bringen eine Besorgtheit um mein Wohlergehen zum Ausdruck, die mich sowohl rührt als auch beunruhigt. Ich gehe früher zu Bett und stehe jeden Morgen später auf. Ich wehre mich nicht mehr gegen die Versuche der Hausangestellten, meine Sachen zu waschen und zu bügeln und Ähnliches. Dafür bezahlen wir sie schließlich. Es ergibt keinen Sinn, wenn wir es selbst tun.
An den Wochenenden gehen Sarah und ich in die Einkaufszentren, wir fahren zum Essen nach Illovo, machen einen Tagesausflug nach Pretoria, um uns das Voortrekker-Denkmal und die Unionsgebäude anzusehen. Als wir eines Samstags gerade das protzige Einkaufszentrum in Sandton verlassen wollen, hören wir ein Kind seine Eltern anbetteln: »Müssen wir wieder nach Südafrika?«, als wäre das Einkaufszentrum nicht nur eine andere gesellschaftliche Sphäre, sondern eine separate politische Einheit – die Post-Apartheid-Version eines unabhängigen Homelands für die Elite, egal welcher Rasse.
Sarah und ich erkunden vorsichtig das Stadtzentrum mit einem ihrer Kollegen, Reporter für einen der Radiosender, und obwohl nichts passiert, ziehen wir uns danach ängstlich in die nördlichen Vororte zurück. Als ich meinen Kollegen erzähle, dass sogar der hoch gepriesene Kulturbezirk von Newtown für mich zu ungemütlich war, lachen die meisten. »Du bist zu lange in Amerika gewesen«, sagt einer und klopft mir auf die Schulter. Er versucht, gutmütig zu wirken, glaube ich, klingt aber auch ein wenig verbittert.
Trotz dieser Unstimmigkeiten gewöhne ich mich wieder an das Leben in meinem Land. Ich gewöhne mich auf eine Weise an Johannesburg, wie ich es nicht erwartet hätte. Die Sicherheitsmanie verwandelt sich in ein Gefühl, das eher mit Instinkt und Reflex zu tun hat. Das ganze Leben hinter der einen oder anderen verriegelten Tür zu verbringen, so viel verriegelten Türen wie möglich, entspricht einfach den Realitäten oder zumindest der Realität, in der Sarah und ich leben wollten, solange wir hier waren. Ich weiß, dass meine Kollegen und Studenten – vielleicht sogar Greg – versichern würden, dass es andere Möglichkeiten gibt, die vielleicht riskanter, doch lebendiger, engagierter sind. Das ist keine Lebensweise, mit der ich mich anfreunden kann.
Im frühen April, als allmählich der Herbst kommt, beende ich die
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