Absolution - Roman
Rekorder auspacke, »haben wir über Ihre Arbeit als Gutachterin für die Zensoren gesprochen.«
»Ja, was Sie, wie ich vermute, als meine Verstrickung in die Machenschaften eines brutal ungerechten und banausischen Regimes ansehen. Das war doch wohl die Idee hinter Ihrem kleinen Überraschungscoup, der Präsentation meines Zensurberichts?«
»Ich muss zugeben, als ich das Gutachten über Cape Town Nights zum ersten Mal sah, glaubte ich, etwas Außergewöhnliches entdeckt zu haben, weil es jeglicher Überzeugung zuwiderlief, für die Sie jemals öffentlich eingetreten sind. Doch die Vorstellung, dass Sie eins Ihrer eigenen Bücher zensiert haben – ich weiß immer noch nicht, was ich davon halten soll«, sage ich und denke die ganze Zeit an das, was ich wirklich auf dem Herzen habe. Sarah hat recht. Ich mache mich mit meinem Zögern verrückt, mit meiner Unfähigkeit, gerade heraus zu sagen, was ich wirklich denke. Aber die Angst davor, Anstoß zu erregen, ist so groß, dass sie jede andere Absicht zunichtemacht.
»Bin ich dadurch weniger interessant für Sie?«
»Überhaupt nicht. Wenn Sie das getan hätten, um einen anderen Schriftsteller zum Schweigen zu bringen, einen, den Sie kannten oder auch nicht, hätte das als notwendiges, wenn auch bedauerliches pragmatisches Handeln erklärt werden können – dass Sie sich gezwungen fühlten zu tun, was Sie nicht tun wollten. Oder sogar als ein momentaner Aussetzer, eine Art Wahnsinn. Aber wenn man an die Anstrengung denkt, die nötig ist, um einen Text herzustellen, von dem Sie wussten, dass er höchstwahrscheinlich verboten werden würde, und dann mit der Aufgabe konfrontiert zu sein, Ihr eigenes Werk zu verbieten, das ist –«
»Eine andere Art von Wahnsinn«, sagt sie und rückt ein Kissen hinter ihrem Rücken zurecht, lehnt sich in die Couchecke. »Um ehrlich zu sein, hatte ich keine Garantie, dass mir das Buch, das ich als Charles Holz schrieb, zur Begutachtung zugeschickt werden würde. In diesem Fall war es reiner Zufall, doch der reine Zufall ist ja für so manche außerordentliche Merkwürdigkeit der Geschichte verantwortlich. Armer Charles – ich beschwor ihn nur als Opfer herauf. Er war genauso sehr einer meiner Charaktere wie alle anderen, aber das wusste nur ich, und er war in vielerlei Hinsicht meine erfolgreichste Schöpfung – bis Sie auftauchten. Er besitzt sein eigenes bürokratisches Leben. Sie können den Eintrag für das Verbot seines Buchs in der Government Gazette finden. Sein Name taucht sogar in einer Handvoll Geschichtsbüchern und wissenschaftlichen Studien auf. Ein Wissenschaftler ist sogar so weit gegangen und hat ein vereinzeltes Exemplar des Romans aufgestöbert – selbst verbotene Bücher haben ein Heim in Universitätsbibliotheken gefunden, als Kuriositäten, die nur für ein akademisches Studium zugelassen waren – und hat es en passant in einer größeren Studie über Bücher, die während des Apartheid-Regimes von Zensur betroffen waren, erwähnt. Es ist eine unterhaltsame Lektüre, wenn auch nur für mich, bin ich mir sicher. Für jeden anderen wäre das Buch nicht sehr interessant. So wie es beschrieben wird – eine Erzählung von Liebe über Rassenschranken hinweg und eine Erzählung von Gewalt, von Blasphemie gegen alle drei abrahamischen Religionen, eine Lobpreisung des Kommunismus und ein Sensationsbericht über die Taten des ANC und MK –, spricht es heute nur wenige an. Als ich mich auf dieses Projekt von Ihnen einließ, kam mir nicht in den Sinn, dass Charles und seine Cape Town Nights je zu Sprache kommen würden. Ich habe geglaubt, das sei alles begraben, ehrlich. Jetzt spiele ich mit dem Gedanken, es wieder aufzulegen. Ich habe natürlich das Manuskript und ein Exemplar der ersten – der einzigen – Auflage. Wer, frage ich mich, hat Ihnen den Bericht geschickt? Ich glaubte, ich sei die Einzige, die noch ein Exemplar hat.«
»Das habe ich nicht herausgefunden.«
»Und das werden wir auch nicht, vermute ich«, sagt Clare und wirkt abwesend. »Vermutlich hätte ich leugnen können, Charles’ Identität oder Aufenthaltsort zu kennen, doch es schien sinnlos, Sie zu belügen. Ich bin überzeugt, Sie hätten die Wahrheit herausgefunden, ganz gleich, was ich gesagt hätte.«
»Doch Sie würden zugeben, dass es Ihnen in gewisser Weise auch dienlich war, Ihre Autorschaft einzugestehen?«
»O ja. Wenn ich offenbare, dass ich selbst der Autor war, dessen Werk zu verbieten ich empfahl, dann schütze ich mich vor
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