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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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den du nicht gekannt hast und der zu einem Haus gehört, das du abgelehnt hättest als ein Verrat der Familienprinzipien. Du bist dir selbst untreu geworden , würdest du mir – stets mutig – sagen, aber ich brauche dich hier nicht mehr, um mir zu sagen, was ich über meine Entscheidungen schon weiß. Du bist jetzt ganz und gar in mir, eine ständig widerhallende Stimme, eine Million unterschiedlicher Stimmen, alle du, übernommen von Augenblicken, als ich dich hörte, wie du gehört werden wolltest, Augenblicken, wenn du nicht gemerkt hast, dass jemand zuhörte, vielleicht vor allem ich. Das ist kein Ersatz, es ist jedoch alles, was ich habe, diese Million nekromantischer Bruchstücke von dir, heraufbeschworen um die Feuergrube herum, die zwischen meinen Rippen gähnt. Ich wollte, ich hätte ein Trauerlied zu singen, un sí pietoso stile , um dich zurückzugewinnen, wie es Orpheus mit Eurydike tat. Ich biete dir einen Trank im Becher, ein gesungenes Gebet, wünsche, dass du dich wieder zusammenfügst, Etemmu , die wandernde Seele. Ich gieße Milch und Nektar auf das Feuer, Wein und Wasser, verstreue Mehl, reibe es gegen mein Fleisch, schneide mir die Kehle durch, um dich heraufzubeschwören, opfere mich, um dir Gestalt zu geben, doch du willst nicht auferstehen. Wenn du nicht auferstehen willst, bist du nicht tot. Ich habe keine sterblichen Überreste gesehen. So muss es sein.
    Ich habe diesen Garten zu verstehen versucht wie ein Buch, ihn zu deuten versucht, indem ich seine Linien las, seine Gestalt studierte, seine vier diskreten Zonen, seine gärtnerischen Blicke in den Spiegel, seine Konstruktion, seine Konstruiertheit, das Fehlen von Ironie und Humor, oder interpretiere ich das falsch? Es existiert ein langer Teich, der sich in einer Senke vom Haus aus hinzieht und auch als Reflexionsbecken für den Garten selbst und den Berg darüber dient. Ich bahne mir jeden Morgen den Weg durchs Wasser, mein langer alter Körper, otternähnlich, die Unterwasserlichter blenden mich dabei zunächst in der schummrigen Morgendämmerung. Was sagt der Teich dem Garten, wie geht der Dialog? Ich frage ihn und mich. Was haben sich der Wald, die Staudenrabatten, die einheimischen Pflanzen, die exotischen Eindringlinge und mein eigenes aggressives Gemüsebeet, das rechteckig in die fließenden Formen geschnitten wurde und in die sorgfältige Anlage eindringt, mitzuteilen, wenn ich innehalte, um zu lauschen? Ich lauere am Teichende, die Finger umklammern den glatten Betonrand, der Blick ist nach oben gerichtet, die Nasenlöcher kurz über der Wasserfläche, totes Haar breitet sich um einen sterbenden Kopf aus und treibt auf dem Wasser, als ich das Wunderland um mich her betrachte, eine Fantasielandschaft. Ich habe daran gedacht, den Rasen zu entfernen und ihn durch einen Teppich von Sukkulenten zu ersetzen, der unmöglich zu durchqueren ist, organisch, sich selbst überlassen, eine lebendige Festung, Wälle, einnehmbar nur durch flache Steine, die nah genug beieinanderliegen, um von einem zum anderen zu springen. Es ist verlockend.
    Sam zog die Knie zum Kinn hoch und wandte sich von dir ab, um auf die Straße zu starren. Der Wetterbericht sagte Regen entlang der Küste voraus und dass es in den Bergen trocken bleiben würde. Du entschiedst dich für eine Route, die zwar länger und langsamer als die Küstenstraße war, dich aber ins Landesinnere hinaufführen würde, weg vom Ziel, das Bernard gehabt hatte. Eine Fahrt zurück und dann ein scharfer Abzweig nach Norden, über Pässe, in Richtung deines Ziels, das mindestens zwölf Fahrtstunden entfernt war – aber in diesen Tagen bestimmt mehr, in diesem Lkw, vielleicht sechzehn Stunden bis Ladybrand, wenn du Glück hattest, und was dann? Es würde Straßensperren geben, lange bevor du in die Nähe des Ziels kämst. Du fandst es seltsam, dass es noch keine gegeben hatte, vertrautest aber auf die Vorsehung, um ihre Unzuverlässigkeit wissend.
    Du kanntest eine Stadt, in der du übernachten konntest, ohne Aufsehen zu erregen. Im Dunkeln wäre es leicht, als Sams Mutter aufzutreten, selbst wenn du blond warst und er dunkel. Blitze erhellten den Himmel hinter dir, als sich der Laster den Pass hinaufquälte, der dich über die Berge und aus dem Gewitter herausbringen würde. Oudtshoorn, die erste Stadt nach den Outeniqua-Bergen, war mindestens eine Stunde weit weg und wartete, flach und fedrig auf der roten Erde des Tals ausgebreitet.
    Kurz vor dem Scheitel des Passes ließest du den Regen

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