Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
Vom Netzwerk:
Lebensform, die in seine Welt eindrang, Kreaturen der Fantasie. Die Männer versuchten ihn abzulenken. Timothy hatte ein Stück Seil dabei und zeigte ihm, wie man verschiedene Knoten bindet.
    »Den kannst du nicht lösen, was?«, sagte er, lächelte und stupste den Jungen mit dem Ellbogen an.
    »Wenn ich ein Messer hätte, könnte ich ihn durchschneiden«, sagte Sam grimmig entschlossen.
    »Ah, aber es geht doch. Du brauchst kein Messer, um den Knoten zu durchtrennen.«
    »Mit einem Messer wäre es leichter.«
    »Aber darum geht es nicht, Sam. Versuch es mit den Händen.«
    Du konntest ihnen nicht erklären, warum Sam so abwesend, so lustlos war. Du hast es ja kaum selbst verstanden, sondern wolltest ihn wieder schütteln und sagen: Sei froh! Ich habe dich befreit! Du bist frei! Ich habe getötet, um dich zu befreien!
    Prince Albert ergoss sich aus den Bergen heraus, ein weiß-grüner Teich, der sich hell vom harten braunen Inneren abhob. Du hieltest am Stadtrand, um zu tanken und mehr Proviant und Wasser zu kaufen. Timothy und Lionel kauften sich Sandwiches und bezahlten die Hälfte der Tankfüllung. Sam wurde munterer, nachdem er einen Pfirsich gegessen hatte, dessen Saft und Fleisch er sich über das ganze Gesicht und das Hemd schmierte. Die Männer kümmerten sich rührend um ihn, als gehörte er zu ihnen, und wischten ihm das Gesicht ab. Er erduldete ihre Zuwendung wie ein Hund, der gelernt hatte, nicht zuzuschnappen, wenn man ihn streichelte, weil er Angst vor Schlägen hatte.
    Als ihr durch die schäbigen nördlichen Vororte der Stadt fuhrt, die von schmutzigen Kindern bevölkert waren und von Kötern, die den Straßenverkehr aufhielten, wenn sie sich um ein Stück Aas zankten, kamt ihr an einem Polizeiauto vorbei. Dir wurde es eng um die Brust, und als du das Gas wegnahmst, ordnete sich das Auto hinter dem Lkw ein. Es folgte euch kurz, bevor es wendete und mit Warnlicht und heulender Sirene einem in die entgegengesetzte Richtung fahrenden Auto hinterherraste.
    »Hier draußen ist der wahre Wilde Westen«, sagtest du.
    Der Wilde Westen: Cowboys und Indianer, Farmer und Eingeborene, Gesetzeshüter und Gesetzlose. Zu der Zeit und in unserem Fall fehlgeleitete Gesetzeshüter und Gesetzlose, die auf der Seite der Gerechtigkeit waren. Außerhalb des Gesetzes zu sein, sich den Vorschriften zu entziehen, weil die Vorschriften falsch sind, das hattest du getan. Abgesehen von unseren Büchern in ihren getarnten Verstecken und von unseren Kollegen, insbesondere den meinen, die auf ihre eigene Weise verborgen waren, waren dein Vater und ich immer gesetzestreu. Wo hast du gelernt, mehr zu sein als ein Rebell auf dem Papier? Nicht von mir. Ich war kein Vorbild für Aktionen. Selbst mein Werk, mein papierner Protest, konnte kaum mutig genannt werden.
    Im weiteren Tagesverlauf bist du nur wenigen Autos begegnet. Ein Laster war umgestürzt und hatte Metallstücke am Straßenrand verloren. Der Fahrer stand beim Unfallwagen und wirkte verstört. Er winkte dir, doch du hast den Kopf geschüttelt – eine Entschuldigung und Absage zugleich. Entlang der Fernverkehrsstraße trotteten Menschen mit Lasten auf dem Rücken, sie balancierten Feuerholzbündel auf dem Kopf, Kinder waren in Baumwolltüchern an aufrechten Erwachsenenkörpern festgebunden. Eine Gruppe Jungs hatte einen Einkaufswagen aus einem Supermarkt gefunden, in dem sie sich abwechselnd herumfuhren und so taten, als wären sie motorisiert. Sie winkten, als du vorbeifuhrst und ihnen Staub ins Gesicht wirbeltest. Agaven und Yuccapalmen unterbrachen die Monotonie der Ebene, blühende Spitzen emporreckend und fleischige Bögen bildend. Am Horizont rannte eine Trappe plötzlich los.
    Sam schlief ein und Timothy las ein Buch. Lionel las manchmal über Timothys Schulter mit, und wenn es ihm langweilig wurde, starrte er auf die Straße, die unaufhörlich vom Laster verschlungen wurde, oder er beobachtete dich beim Fahren, dein Gesicht, das so hart und narbig war wie die Straße selbst.
    Ich schaue mir die letzten Fotos an, die ich von dir habe, die letzte Spur, zusammen mit deinen Notizbüchern und dem allerletzten Brief. Du bist irgendwo auf einem Hügel, vielleicht in den Nuweveld-Bergen, hinter dir lange weiße Akazienbüsche und in der Ferne die karge Oberfläche der Karoo im Dunstschleier, und Sam steht neben dir. Dieses Foto von dir und dem Jungen zeigt deine Besitzergreifung und deine Zuneigung zu ihm – deine Hände liegen auf seinen Schultern, er schielt und du siehst

Weitere Kostenlose Bücher