Absolution - Roman
möchten Sie?«
»Etwas Brot und Zucker und Kaffee«, sagt er. »Das brauchen wir am nötigsten in der Unterkunft. Brot und etwas Zucker und Kaffee.« Er wiederholt das Gesagte. Sein Körper ist ganz zusammengesunken. Seine Augen sind klar. Er hat nicht getrunken. Er wirkt apathisch vor Hunger.
Ich fordere ihn auf zu warten und gehe in die KwikSpar-Filiale weiter oben auf der Straße. Ich wähle ein mit Vitaminen angereichertes Schwarzbrot, ein halbes Kilo Zucker und suche dann den Kaffee. Es gibt keinen Kaffee unter fünfzig Rand, also beschließe ich, ihn wegzulassen. Brot und Zucker machen achtzehn Rand, etwas über zwei Dollar beim jetzigen Wechselkurs. Das ist weniger, als ich für einen Cappuccino zahlen würde. Ich weiß, dass ich aufhören muss zu vergleichen, dass Dollar bald nichts mehr für mich bedeuten werden, dass ich mein Leben wieder in der Währung meiner Kindheit berechnen werde.
Derek wartet nun draußen vor dem Laden. Ich gebe ihm das Brot und den Zucker. Er wirkt enttäuscht über das Brot, als hätte ich die falsche Sorte gewählt. Ich sage ihm, dass ich nicht genug Geld für den Kaffee hatte, was auf gewisse Weise der Wahrheit entspricht, weil ich nicht genug Bargeld dafür gehabt hätte.
»Danke, Sir«, sagt er und geht.
Am Donnerstag, als ich meine Sachen von der Reinigung abhole, sehe ich Derek wieder – sogar aus der kurzen Entfernung von der anderen Straßenseite wirkt er fast wohlhabend oder zumindest nicht, als wäre er auf dem absteigenden Ast. Und dann streift er die Ärmel hoch, stellt die Plastiktüten ab, die er mit sich führt, und durchsucht einen Abfallbehälter.
Greg hat mir vor einem Moment zugerufen, dass er die Alarmanlage scharf macht, was bedeutet, dass Küche, Ess- und Wohnzimmer bis zum Morgen nicht betreten werden können. Ich habe fast einen ganzen Flügel des Erdgeschosses zu meiner Verfügung, mein Schlafzimmer, das Bad daneben und Gregs Arbeitszimmer – ein Zimmer, das zu der Zeit, als das Haus gebaut wurde, für ein hier wohnendes Dienstmädchen gedacht war. In diesem Teil des Hauses gibt es keine Außentüren und Bewegungsmelder sind an der gesamten Umzäunung, an den Türen und an jeder äußeren Gebäudeecke installiert. Greg und Dylan schlafen abgeschottet im oberen Stockwerk und die Treppe, die von der Küche zur Hintertür führt, ist auch an den Alarm angeschlossen. Die Hunde halten sich oben bei ihnen auf.
Man wird leicht paranoid in Bezug auf Geräusche. Setzt sich das Haus oder lastet ein Gewicht auf einem Dielenbrett? Ist das der Wind in der Esse oder ein Fenster, das sich öffnet? Ich weiß, dass jetzt niemand in das Haus eindringen kann, ohne den Alarm auszulösen – es sei denn, die Eindringlinge wären mehr als die üblichen kleinen Einbrecher. Sie bräuchten Geräte und technologisches Know-how, um das System zu entschärfen, ohne dass es einer von uns merkt. Greg gehört nicht zu denen, die wirklich wichtig sind, und ich ganz bestimmt nicht, daher weiß ich, dass wir nur kleine Einbrecher zu fürchten haben, und selbst dann haben wir eher die Konfrontation zu fürchten als den Verlust von Eigentum. Konfrontation, Schmerz und Tod.
Ich bin fast eingeschlafen, als das elektronische Heulen mich hochreißt und es hinter meinen Augen im Rhythmus der Sirene pocht. Dieses Gefühl habe ich seit meiner Kindheit nicht mehr gehabt. Mein Herz schlägt bis zum Hals, jeder Teil von mir vibriert vor Furcht. Die Alarmsirene dröhnt den Korridor entlang und ich gleite aus dem Bett zur Tür hin, öffne sie einen Spalt, sehe aber nur Dunkelheit. Ich renne zurück durchs Zimmer zu den Fenstern und schiebe die Jalousien einen Spalt auf. Der Garten liegt düster unter seiner Nachtbeleuchtung und mein Atem geht schnell und flach. Die Hunde sind still. Und dann verstummt die Sirene plötzlich, in ein Vakuum des Schweigens hineingezogen, und Greg ruft vom Ende des Korridors aus. Er kann draußen nichts sehen. Es muss ein Tier gewesen sein oder ein plötzlicher Spannungsanstieg. Die Hunde sind nicht beunruhigt. Die Sicherheitsfirma ruft an, um zu fragen, ob alles in Ordnung ist, und Greg gibt ihnen die Parole, die dafür vorgesehen ist, die beweist, dass wir nicht mit einer Waffe bedroht werden – für diesen Fall gibt es eine andere Parole –, und wir gehen alle wieder ins Bett.
Ich gleite langsam wieder in den Schlaf, als die Hunde sich wild gebärden, und Sekunden später spaltet mir die Sirene das Trommelfell. Ohne zu überlegen, laufe ich in den Hausflur
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