Absolution - Roman
über Sie angeboten. Die meisten Briefe habe ich ignoriert, weil die meisten, offen gesagt, Verleumdungen enthielten, die durch keine Beweise gestützt waren. Einer jedoch, und ich weiß nicht, wer, weil er oder sie anonym blieb, schickte mir die Fotokopie eines Dokuments«, sage ich und reiche ihr eine Mappe. »Ich habe im Staatsarchiv nach dem Original gesucht, doch Akten aus der Zeit sind verloren gegangen. Ich habe gehofft, Sie könnten mir vielleicht sagen, ob das echt ist oder nicht.«
»Ich glaube zu wissen, was ich darin vorfinden werde.« Sie klappt die grüne Mappe auf und holt einen dünnen Stoß fotokopierter Seiten heraus, die zusammengeheftet sind und oben auf der ersten Seite ihre Initiale und ihren Familiennamen tragen. Es existiert nichts, was beweist, dass sie das wirklich geschrieben hat; irgendein Feind könnte ihren Namen auf das Gutachten gesetzt haben, das in stur bürokratischem Stil die Begründung dafür liefert, warum ein Roman, der auf diesen Seiten zusammengefasst und analysiert wird, unter den früheren Zensurgesetzen des Landes verboten werden könnte. Sie blättert durch die Seiten und legt den Bericht beiseite.
»Das ist echt«, sagt sie mit nach oben gezogenen Mundwinkeln. »Das ist meine Handschrift, meine Unterschrift, ganz und gar meine Worte. Sie wollen von mir eine Verteidigung meiner Handlungen hören, doch daraus wird nichts. Ich will nur sagen, dass ich es als Herausforderung des Systems getan habe, da ich glaubte, ich könne es von innen unterminieren oder beweisen, dass an seinen Zielen nichts Hehres war. Dann haben sie eines Tages einfach aufgehört, mich anzufragen, und ich bekam keine Bücher mehr zugeschickt; interessanterweise geschah das, nachdem ich dieses Gutachten hier geschrieben hatte – Zufall oder nicht, ich weiß es nicht und es kümmert mich auch nicht. Unter allen Gutachten, die ich im Laufe von zwei Jahren in den frühen 70ern geschrieben habe, lassen Sie es zwanzig gewesen sein, ist das hier das einzige, das sich für ein Verbot ausspricht, und zwar aus rein legalen Gründen, wie Sie sehen können. Wer das Gutachten aufhob, wusste, was er damit wollte, oder dachte es zumindest zu wissen. Ich ging davon aus, dass ich die einzig noch existierende Kopie besaß. Der Autor war vollkommen unbekannt und das Buch, Cape Town Nights , war ganz offensichtlich mit dem einzigen Zweck geschrieben worden, die Zensurgesetze herauszufordern; es war obszön, blasphemisch und machte ganz offen die Regierung und die Polizei lächerlich, was alles verboten war. Der kleine Verlag, der es zu veröffentlichen wagte, machte sich diese groben Angriffe auf das System zur Gewohnheit. Das hatte eine gewisse vergebliche Größe. In jedem anderen Fall wurden die Bücher, die ich begutachtete, schließlich ohne Änderungen oder Korrekturen veröffentlicht, soweit ich weiß.«
»Und der Autor des Buches, über das Sie das negative Gutachten geschrieben haben?«
Sie lächelt und schüttelt den Kopf. »Sie kennen sie schon.« Da ich den Autor des verbotenen Romans, dessen Exemplare offenbar fast alle vernichtet wurden, der nie wieder aufgelegt, nie im Ausland herausgebracht wurde, nicht ausfindig machen konnte, hatte ich angenommen, dass der Mann, denn der Autor war ein Mann, Charles Holz, tot war.
»Sie haben dafür gesorgt, dass Ihr eigenes Buch verboten wird?«
»Ich dachte, Sie würden Verständnis dafür haben, da Sie ein Intellektueller sind, wie ich eine war – oder so etwas Ähnliches –, die versuchte, in einer Zeit des Wahnsinns zu überleben.« Sie lächelt nur kurz, presst dann die Lippen aufeinander und stülpt sie auf, wie zum Küssen. »Was werden Sie jetzt tun? Werden Sie der Welt verkünden, dass die Frau, die so energisch gegen die Zensur spricht, mit den Zensoren kollaborierte, eine der Ihren wurde und gegen sich selbst vorging? Tun Sie es, wenn Sie wollen. Ich werde Sie nicht hindern. Ich kann es nicht. Das wird niemandes Meinung ändern. Wenn Sie es fair darstellen, wovon ich überzeugt bin, da Sie selbst eine sehr gesetzestreue Gesinnung haben, dann werden die, die mich hassen, mich weiter hassen, und die, die mich nicht hassen, werden bloß denken, dass diese neue Information meine Kompliziertheit unterstreicht. Wie traurig, dass Sie nur das entdeckt haben, diesen lächerlichen kleinen Aufreger. Ich glaubte Sie auf der richtigen Fährte. Ich war sicher, dass Sie Bescheid wussten«, sagt sie.
»Bescheid wusste worüber?«, frage ich und fühle, wie mein Puls
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