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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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ich das alles eigentlich nicht zu erzählen.«
    Ich biete Jason an, ihn zum Flughafen zu fahren, aber er hat schon einen Fahrdienst bestellt und eine halbe Stunde nach meiner Ankunft bin ich allein in diesem Luxusbunker. Als Heranwachsender hätte ich mir nie vorstellen können, dass ich einmal so leben würde, mit Hausangestellten (selbst wenn sie nur in Teilzeit arbeiten), zwei Autos, einem Swimmingpool und Sicherheitsvorkehrungen, die so umfassend und technisch hochgerüstet sind wie die von Greg in Kapstadt.
    Ich bestelle eine Pizza – »Lass nie einen Lieferanten ein, nimm das Essen immer durch den Schlitz im Tor entgegen«, warnte mich Jason – und rufe dann Sarah an, bevor sie sich zum Flughafen aufmacht. Wir haben uns an diese Trennungen gewöhnt, obwohl es in der Vergangenheit immer ihre Arbeit und nicht die meine gewesen ist, die sie von zu Hause weggeführt hat, und das wird auch wieder so sein, wenn sie hier ist. Nach den Feiertagen wird sie sich für vierzehn Tage nach Angola begeben, um über die Ölindustrie zu berichten; danach geht es nach Nigeria und Sierra Leone und wer weiß, wohin noch. Sie ist tapferer als ich, daher weiß ich, dass ich mir keine Sorgen darüber zu machen brauche, wie sie mit dem Leben hier klarkommen wird. Bei ihrer Arbeit ist es unwahrscheinlich, dass sie länger als die Hälfte des Jahres in Johannesburg ist.
    Mit den Fernsehnachrichten im Hintergrund begebe ich mich online, um mir die Profile meiner neuen Kollegen an der Universität anzuschauen. Wie schon bei den Stellen, die ich vorher hatte, ist auch diese nur befristet. Sarahs Arbeit ist die, die zählt, wenigstens im Moment, und die bestimmt, wo wir leben und für wie lange.
    Einer Eingebung folgend, durchsuche ich die Universitätswebsite nach jemandem, der Timothy oder Lionel heißt. Da ich ihre Familiennamen nicht kenne, habe ich im Laufe der Jahre nach möglichen Lionels und Timothys gesucht, aber es gibt zahllose Personen mit diesen Vornamen im Zeugen-Archiv der Wahrheitsfindungskommission – dem ersten Ort, der mir für die Suche einfiel – und keine davon scheint mit dem wenigen, was ich über die beiden Männer oder ihre Aktivitäten weiß, übereinzustimmen.
    Ich lande einen Treffer im Anthropologieinstitut mit einem Professor Lionel Jameson. Ich klicke den Link mit seinem Personalprofil an. Als sein Foto erscheint, weiß ich sofort, dass er der Richtige ist.
    Sarahs Flug hat Verspätung, deshalb warte ich bei Woolworths in der Halle mit den Geschäften zwischen dem internationalen und dem Inland-Flughafengebäude. Ich bestelle einen Kleiemuffin und einen Kaffee und setze mich an den langen weißen Gemeinschaftstisch mit dem Rücken zum Eingang.
    Nach einigen Schlucken Kaffee taucht plötzlich eine Hand auf und lässt ein ausgefranstes braunes Pappschild neben meine Untertasse fallen. Ich schaue hoch und sehe eine riesige Vogelscheuche von Mann, die mich nicht anblickt, sondern einfach dasteht. Das Schild erklärt in hingekritzeltem Afrikaans auf der einen Seite und gebrochenem Englisch auf der anderen, dass er taub ist und Geld braucht. Ich habe nicht genug Kleingeld, deshalb gebe ich ihm eine Fünf-Rand-Münze, lasse sie in seine Hand fallen, die sich in dem Moment ausstreckt, als ich nach meiner Brieftasche greife. Ein enttäuschter Ausdruck blitzt in seinem Gesicht auf, als er die Münze erkennt, als könnte er nicht glauben, dass ich ihm so wenig gebe. Er dankt mir nicht, schaut mich immer noch nicht einmal an – tut nichts, um den Empfang der Münze zu bestätigen, außer niedergeschlagen zu wirken. Ohne weiter jemanden zu belästigen, geht er aus dem Laden, und als er geht, sehe ich, dass seine Jeans völlig durchweicht und befleckt sind. Er ist doppelt inkontinent und erst da rieche ich es, als er fortgeht, von der Sicherheitsbeamtin unbeachtet. Die Jeans sind bis über die Knöchel ausgefranst und bei beiden Schuhen fehlen Ferse und Seitenteil, der komplette hintere Schuh, sodass sie eher wie Clogs sind und bei jedem Schritt auf den Boden schlagen und klatschen. Ich sehe ihn fortgehen und widme mich wieder meinem Zwanzig-Rand-Muffin, der wie der beste Muffin schmeckt, den ich je hatte, und mit einem Schälchen geriebenem Cheddarkäse und einem Extra-Marmeladentopf serviert wurde. Mit aufflammender Verärgerung frage ich mich, warum die Beamtin, eine untersetzte Frau in Uniform, die nichts wahrzunehmen scheint außer dem Schmöker, den sie liest, den Mann nicht daran gehindert hat, hereinzukommen

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