Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
Vom Netzwerk:
und zahlende Kunden zu belästigen. Ich bin empört und gleichzeitig kann ich nicht glauben, dass ich empört bin, und dann empöre ich mich über meine Empörung. Ich mache mir Sorgen, dass Sarah es bereuen wird, hierhergekommen zu sein, und das noch in der Minute, in der sie aus dem Flugzeug kommt und wir von Männern umringt werden, die uns ihre Hilfe anbieten, uns den Weg zeigen, unser Gepäck tragen wollen: ein Minenfeld von Opportunisten, echt Verzweifelten und Kriminellen.
    Schließlich kommt Sarah an, und als ich sie beim Zoll durch die Türen kommen sehe, durchströmt mich ein Gefühl der Erleichterung, wieder mit ihr vereint zu sein. Ich hasse diese Trennungen, weil sie mich stets an andere Trennungen erinnern. Männer schwärmen aus, die Taxis und Orientierungshilfe anbieten. Ich führe uns aus dem Gedränge in eine ruhigere Ecke. Sie küsst mich und ich versuche, gelassen zu bleiben, kann aber nicht anders, als an ihr vorbeizusehen, um mich zu versichern, dass niemand das Gepäck klaut.
    Sie lacht über meine Wachsamkeit. »Bitte, Sam, das hier lässt JFK wie ein Dritte-Welt-Land aussehen. Wo ist das Auto? Wie geht es dir? Du bist so braun gebrannt.« Sie sieht mich prüfend an und nimmt gleichzeitig alles um sich herum wahr. Ich möchte sie ermahnen, vorsichtig zu sein, nicht zu vergessen, wo sie sich befindet, dass man sich keinen Moment der Unachtsamkeit leisten kann. Ich muss mich daran erinnern, dass sie schon einmal hier gewesen ist, sie weiß, wie die Dinge laufen, und versteht es besser als ich, auf sich aufzupassen.
    Im Auto frage ich sie, ob sie noch weiß, was sie gesagt hat, als wir zusammenkamen.
    »Dass du dich entspannen musst?«, lacht sie, ihr Kopf fährt dabei herum und sie starrt an mir vorbei auf die Skyline des Stadtzentrums.
    »Du hast mir gesagt, dass du meinen Mut bewunderst, um die halbe Welt an einen Ort zu reisen, wo ich niemanden kenne. Und du hast gesagt, du wüsstest nicht, ob du dazu in der Lage wärst.«
    Sarah stützt sich gegen die Autotür, als ich mich durch den hektischen Berufsverkehr fädele. »Ich erinnere mich nicht, das gesagt zu haben, Liebling, aber das ist zehn Jahre her. Mein Vater war ein gutes Vorbild. Er hat sich an so viele verschiedene Orte begeben. Als dieser Job angeboten wurde, wusste ich, dass ich mich bewerben musste. Du hast in meinem Land gelebt. Jetzt ist es für mich an der Zeit, eine Weile in deinem zu leben.«
    Im Haus gruppieren wir die Möbel um, die Jason und andere Korrespondenten hinterlassen haben. Wir werden Stühle kaufen müssen und eine neue Couch, werden aber damit warten, bis der Container mit unseren Sachen ankommt. Im Moment können wir mit dem leben, was vorhanden ist. Obwohl Sarah erschöpft ist, fühlt sie sich verpflichtet, sich bei ihrem Chefredakteur in New York zu melden. In einem solchen Job gibt es kein allmähliches Eingewöhnen – sie wird gleich morgen an einem Beitrag arbeiten, sich einrichten, »die Lage sondieren«, sagt sie mit dem Enthusiasmus, der mich als Erstes zu ihr hingezogen hat. Es gibt ein Arbeitszimmer im Haupthaus, das ich nutzen kann, wenn ich zu Hause bin. Das Gartenhaus wurde immer als Büro des jeweiligen Korrespondenten genutzt und wir waren übereingekommen, dass es so bleiben solle – eine klare Trennung zwischen Arbeit und Zuhause, selbst wenn nur wenige Meter dazwischen sind. Ich werde jedenfalls ein Büro in der Universität haben. Vorm Zubettgehen schicke ich Clare eine Nachricht, mein erster Kontakt mit ihr seit unserer letzten Begegnung.
    Liebe Clare,
    ich schreibe Ihnen, um Ihnen für Ihre Geduld während der letzten vier Monate ganz ausdrücklich zu danken. Ich hoffe, dass wir uns wiedersehen, wie Sie gesagt haben. Sehr wahrscheinlich werde ich irgendwann im nächsten Jahr nach Kapstadt zurückkehren.
    Ich habe mit der Transkribierung der Interviews begonnen und werde zweifellos weitere Fragen haben, wenn ich Struktur und Aufbau des Buches zu planen beginne. In manchen Fällen werde ich Ihnen vielleicht die Abschrift schicken, wenn die Aufnahme ungenügend ist. Ich füge schon hier eine Abschrift bei, aus einer frühen Phase des Projekts, wo der Ton plötzlich schwindet und Ihre Stimme mit ihm. Ich glaube, die Hausalarmanlage ist im Hintergrund zu hören. Ich habe mein Bestes versucht, aber es gibt einige unverständliche Passagen und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie diese sinngemäß rekonstruieren könnten (oder neu fassen oder überarbeiten beziehungsweise feststellen, dass sie

Weitere Kostenlose Bücher