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Abstauber

Abstauber

Titel: Abstauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Goldammer
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auf ihn angesetzt
worden sein. Das ging gar nicht anders. Die sollte ihn aushorchen und das Beste
wäre es, dieses Gespräch einfach zu beenden.
    »Hat es Ihnen die Sprache verschlagen?
Sind Sie denn schon weitergekommen in Ihrem Fall?«
    »Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das
sagen darf. Aber viel ist nicht passiert.«
    »Drei, vier Tage sind eine lange
Zeit.«
    »Tja, aber meistens hinterlassen
die Täter am Tatort nur sehr wenige Spuren, das ist keine Schnitzeljagd. Wer auch
immer geschossen hat, ist längst weg.«
    »Heißt es nicht, der Täter kehrt
immer zum Tatort zurück?«
    »Ja, deshalb stellen wir meist jahrelang
Wachposten auf, die jeden ansprechen, der vorbeikommt und fragen, ob er der Täter
sei.«
    »Der Herr Tauner
wird sarkastisch. Aber damit reizen Sie mich nicht. Man hat mich schon vor Ihnen
gewarnt.«
    »Wer ist denn dieser ›man‹, von
dem Sie immer sprechen?«
    »Leute, die Bescheid wissen. Leute,
die mich informieren eben. Sie glauben gar nicht, wie viele Leute hoch nervös geworden
sind seit dem Mord. Die Geschäfte laufen ganz schlecht. Die Buchmacher wissen gar
nicht, wie sie reagieren sollen.«
    »Die Buchmacher?«
    »Ach wissen Sie, Herr Hauptkommissar,
ich mag nicht die ganze Zeit ein Telefon am Ohr haben, ich glaube, diese Strahlung
ist ungesund, davon kann man Tumore im Kopf bekommen. Treffen wir uns noch mal?
Sie wüssten ja wo.«
    Tauner rieb sich unbewusst die kleine,
kahle Stelle hinter seinem Ohr. Die Ehlig wusste doch davon und trotzdem sagte sie
so etwas, war die nun frech oder dumm? »Wenn ich zu Ihnen komme, werde ich keinen
Alkohol trinken und nur über den Fall sprechen.«
    »Wie Sie möchten, Herr Tauner. Aber
Sie wissen ja, Vorsätze sind da, um gebrochen zu werden!«
    Die Ehlig legte
auf und Tauner griff sich an den Kopf. Es lag an ihm. Er brauchte nur liegen zu
bleiben, die würde nicht noch einmal anrufen. Oder aber er ging hin und hörte sich
an, was sie wollte. Pia war nicht dumm, Pia hatte es auf den Punkt gebracht. So
viel Charakter hatte er, um sich selbst einzugestehen, dass sie Wort für Wort recht
hatte. Es brauchte aber noch viel mehr Charakter, es vor anderen zuzugeben.
     
    Draußen war es noch sehr warm, angenehm warm aber,
ein ganz leises Lüftchen wehte, trug den Duft von frisch Gegrilltem von den Elbwiesen
hinauf. Angesichts des Sieges hatte wohl sogar das Ordnungsamt die Segel gestrichen,
denn Grillen war dort unten verboten. Tauner kümmerte es nicht. Es gab Dinge, die
wichtiger waren, war seine Meinung, als die Bevölkerung zu gängeln und überall da
einzuschreiten, wo Spaß aufkam; gern hätte er selbst da unten gesessen, mit ein
paar Leuten, die man Freunde nennen durfte, doch dieser Personenkreis hatte sich
ausgedünnt, und Falk Tauner wusste auch warum.
    Doch jetzt
kümmerte ihn das nicht, es ging ihm gerade gut, ließ sich ein wenig von dem alten
Gefühl einlullen, welches ihn beschlichen hatte, ein Gefühl, das erst einmal abgestaubt
werden musste, so lange hatte es in der Abstellkammer seines Geistes verweilt. Sie
mag mich, dachte Tauner und fühlte sich leicht dabei, die hat Geld genug, die hat
Langeweile und hat sich mich ausgesucht. Tauner steckte die Hände in die Hosentaschen
und pfiff leise vor sich hin. Gnädig wich er aus, wenn ihm jemand entgegentorkelte,
eingehüllt in eine deutsche Flagge oder bemützt mit einem Riesenzylinder. Er lächelte
still und dachte sich, dies ist eine dieser Nächte, in der alles geschehen konnte,
sogar, dass man durch ein Zeitfenster schlüpfte, wieder zwanzig Jahre jünger wurde
und nicht über Konsequenzen nachzudenken brauchte. Eine Nacht, die dazu verleitete
nicht nach Hause zurückzukehren, eine Nacht, in der es geschehen konnte, man ließ
alles hinter sich, um seinen Sehnsüchten nachzugehen.
    Was konnte
man ihm denn schon vorwerfen, er hatte nur ein Leben und es war, wie er gesagt hatte:
Eine Lüge wäre es, eine Lüge, auf alte Gefühle aufzubauen, nur Gewohnheit war übrig
geblieben, von der man sich nicht so gern lösen wollte und das wusste auch seine
Frau. Es war kein Hilferuf gewesen, die Scheidung zu beantragen. Sie hatte damit
ein Zeichen gesetzt und er hatte es verstanden und zog nun die Konsequenzen daraus.
    Tauner überquerte
den Altmarkt, die Hände weiterhin in den Hosentaschen steuerte er auf die Frauenkirche
zu, keine zweihundert Meter mehr entfernt. Eine Menge Leute waren noch unterwegs,
viele Jugendliche, denen es egal war, welcher Tag morgen war. Laute Musik aus teuren
Autos, albernes

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