Abstauber
sofort
nach Dresden kommen, mehr nicht. Was kann das bedeuten?«
»Das bedeutet, dass wir sofort nach
Dresden fahren.«
Martin hatte wohl die ganzen sieben Stunden in
seinem Büro gewartet, nachdem ihm Tauner telefonisch seine Ankunft angekündigt hatte.
Er sah übermüdet aus und irgendwie voller Schuldgefühle. Tauner und Bärlach ging
es nicht besser, beide hatten nicht geschlafen. Bärlach, weil er fahren musste,
Tauner, weil Bärlach fuhr und er fürchtete, der junge Mann schliefe am Steuer ein.
»Wehe, wenn
du jetzt nichts zu bieten hast«, drohte Tauner halb im Scherz. Er konnte kaum noch
seine Augen offen halten. Wenn er sich jetzt setzte, würde er wahrscheinlich sofort
einschlafen. »Hast du Kaffee?«
Martin nahm die Brille ab und rieb
sich die Augen. Auf Tauners Anfrage ging er nicht ein. »Es geht um einen Kaugummi«,
sagte er müde. »Und ich habe lange überlegt, ob ich dich deswegen anrufe oder nicht.
Ich wollte erst mit dir persönlich reden, ehe ich es weitergebe. Er war einer von
den tausend anderen Dingen, die ich eingesammelt habe. Er lag nicht am Tatort, sondern
auf der Brücke, nicht weit von der Stelle, wo die Waffe hinuntergeworfen wurde.
Es ist Ehligs Kaugummi.«
Tauner setzte sich, aber er schlief
nicht ein. »Irrst du dich auch nicht?«, fragte er, nachdem er sich diese Frage eine
Minute lang durch den Kopf hatte gehen lassen.
Martin putzte seine Brille ausgiebig,
setzte sie wieder auf. »Ist die Sonne heiß? Ist Schnee weiß? Ist Tauner ein Rindvieh,
dass er so etwas fragt?«, sagte er dann.
Tauner nickte.
Martin nahm
die Brille wieder ab und begann sie erneut zu putzen, doch wahrscheinlich hatte
er Schlafsand in den Augen, denn seine Brillengläser glänzten wie die Türklinken
bei einem Kreditunternehmen mit günstigen Zinsen. »Du hast Ehligs Haus auseinandernehmen
lassen?«
»Nicht eigenmächtig. Ein Hamburger
Staatsanwalt hat bereitwillig einen Durchsuchungsbefehl unterschrieben und die Hamburger
Kripo war schneller da als ein Schriftsteller am Telefon. Leider war Spechtlers
Frau nicht da und es scheint, als ob dieses Haar in der Garagentür, neben
der Zeugenaussage über den Hamburger Mercedes, das einzige Indiz ist.«
»Und Spechtler hat versucht, euch
zu überfahren?«
Tauner nickte zu Bärlach. »Torsten
sagt, dass es Spechtler war. Leider hat der auch seinen Ausweis nicht liegen lassen.«
»Weißt du, dass die Hamburger Staatsanwaltschaft
schon lange einen Grund dafür sucht, Ehligs Anwesen zu durchforsten? Die suchen
noch immer nach Anhaltspunkten für Betrug und Steuerhinterziehung.«
»Woher weißt du das?«
»Aus der Zeitung. Mein Kollege hat
sie mitgebracht.« Martin legte eine große Zeitung auf den Tisch.
Tauner nahm sie, sah sich, klein
und verschwommen, wie er die Ehlig eincremte und die Schlagzeile: Wird Ehlig
das Verhältnis seiner Frau nun zum Verhängnis? Dieser Mann lässt einen Tag
vor dem Finale das Haus des Bundestrainers durchsuchen. Ehligs Vergangenheit
wirft dunkle Schatten! »Das muss ein Paparazzo gewesen sein«, murmelte Tauner
und ein bisschen wurden ihm nun angesichts seiner Courage die Knie weich.
»Mir egal, Falk. Was stellen wir
mit dem Kaugummi an?«
»Nichts, noch nichts. Ich muss erst
ein paar Stunden schlafen, vorher kann ich keinen klaren Gedanken mehr fassen.«
Tauners Erwachen war kein schönes. Sein Rücken tat ihm von der alten
Couch in seinem Büro weh und es fehlten mindestens vier Stunden Schlaf, wenn nicht
sogar acht. Auch sein Arm schmerzte. »Ist er da drin?«, hörte er Frau Diekmann-Wachte
fragen. Ächzend setzte er sich auf.
Pia sagte: »Ja, aber …« Dann wurde
die Tür aufgerissen.
»Ich habe Ihnen gesagt, übertreiben
Sie es nicht! Sind Sie denn wahnsinnig, Ehligs Haus durchsuchen zu lassen?«
Tauner musste sich erst die Lippen
mit der Zunge befeuchten, ehe er sprechen konnte. »Es besteht noch immer begründeter
Verdacht, dass er mit der Entführung von Spechtlers Frau in Verbindung steht.«
»Welche Entführung? Das ist eine
Behauptung von ein paar Leuten, die zu betrunken waren, sich ein Kennzeichen zu
merken, und außerdem wegen kleinerer Delikte allesamt schon mehrmals vorgeladen
waren. Außerdem ist es eine Frechheit, diese Aktion hinter meinem Rücken durchzuführen.«
»Der Hamburger Staatsanwalt hat
darauf bestanden, dass es in seinen Zuständigkeitsbereich fällt, streiten Sie sich
doch mit dem. Jürgens heißt der.« Tauner erhob sich und schleppte sich zu seinem
Bürostuhl.
Die
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