Abteil Nr. 6
einer Fotze im Kopf, packte mich Katinka so fest am Schwanz, dass mein Feldbett einkrachte. Sie klebte mir ihre schweißige Möse auf den Schlauch, und ich ließ die Zügel schießen. Als ich fast fertig war, krächzte sie, wir heiraten. Und ich im Fotzenrausch sag einfach, was soll’s, warum nicht.
Der Mann wischte sich mit dem Zeigefinger über die geschwollenen Lippen.
»Ganz so war es nicht. Aber es hätte so sein können.«
Sie fanden den krummnasigen Besitzer des Pobeda in einem Telefonnummernkiosk, der zwischen zwei Genossenschaftskiosken eingeklemmt war. Der Alte trug eine zerschlissene, mit Watte gefüllte Steppjacke und hatte so lange Arme, dass sie bis zu den Knien reichten. Nachdem er eine Weile mit seiner Krummnase gezuckt hatte, lud der Mann sie zum Essen ein.
Schlotternd vor Kälte gingen sie zur nächsten öffentlichen Kantine. An deren Tür hing schlaff ein Schild: »Diese Einrichtung ist geschlossen«. Sie traten ein.
Aus der fabrikartigen Küche drang fettiger Gestank. Der Speisesaal war weitläufig und hoch, und die funktionellen Möbel hatte man so platziert, dass es praktisch war. Vor den Fenstern standen lange Tische mit schmalen Bänken. Die junge Frau und die beiden Männer stellten sich an die Schlange an, die sich vor der Essensausgabe gebildet hatte. An prominenter Stelle hing schief eine gute gemalte Kopie von Repins Gemälde Die Saporoger Kosaken schreiben dem türkischen Sultan einen Brief . Jemand hatte mit Bleistift einen Pfeil gezeichnet, der auf den Brief wies, und dazugeschrieben: »An Stalin.« An der hinteren Wand ratterte ein Ventilator, darunter stand ein mit geblümtem Wachstuch bezogener Sofakadaver.
Die junge Frau wählte aus der Vitrine dicken Tomatensaft, gezwiebelten Hering und an der Theke Schwarzbrot dazu. Aus einem großen Topf schöpfte sie sich lauwarme Bauernsuppe, die scharfe Knochensplitter enthielt, in einen tiefen Teller und trug alles auf einem schmierigen Tablett zum Tisch, setzte sich und kostete den Hering. Der war allerdings so kräftig gesalzen, dass sie ihn stehen ließ. Der Mann schlürfte seine Suppe demonstrativ laut, der Krummnasige aß seine Buchweizengrütze und die Rote Bete unauffällig. Als sie gegessen hatten, kratzte sich der Krummnasige unschlüssig die Glatze.
»Der Generalsekretär des Bezirksgewerkschaftsrats pflegte in solchen Situationen zu sagen, wenn der Zigeuner vom Kompott träumt, hat er keinen Löffel, geht er aber mit einem Löffel ins Bett, ist das Kompott weg.«
Der Mann seufzte überdrüssig vor sich hin.
»Er will nur sagen, dass einem historisch gesehen auf jeden Fall das Glück blüht.«
Anschließend spuckte er faul auf den Boden.
»Die Frauen nichts als Schlangen, die Finnen Russen, die Russen Juden und die Juden …«
Der Mann biss verächtlich die Lippen zusammen, stand auf und verließ mit leicht ferderndem Schritt gelassen die Kantine.
»Das ist das größte aller Großmäuler, ein vollblütiger Schlachter«, stieß der Krummnasige ängstlich aus und seufzte anschließend lang und resigniert. »Hätte ich das gewusst, hätte ich ihm das Auto nicht gegeben.«
Die junge Frau gab dem Krummnasigen den üblichen Fünfundzwanzig-Rubel-Schein, er nickte zum Dank und ließ den Schein dann schnell in der Tasche seiner Steppjacke verschwinden, worauf die junge Frau aufstand und ihrem Reisegefährten hinterhereilte.
Die CCCP -Lichtreklame auf dem Dach des Verwaltungsgebäudes an der Hauptstraße schlitzte die dunkle Nacht auf. Erschöpft und trübsinnig schleppten sich der Mann und die junge Frau zum Zug. Erst als sie die Pfiffe der Lokomotiven hörte und das Bahnhofsgelände sah, wo alte Loks wie für immer und ewig tot herumlagen, wurde ihr leichter zumute. Der Anblick des vertrauten Zuges, der Schnauzen der vertrauten kalbsgroßen, zottig-räudigen Hunde brachte auch den Mann zum Grinsen. Sie blieben auf dem Bahnsteig stehen und lauschten, wie die kaiserliche Lokomotive zufrieden auf ihrem Gleis vor sich hin schnaufte. Nachdem sie das Abteil betreten hatten, fing der Mann an zu singen und zu pfeifen: »Oh, Russland! Vergiss deinen alten Ruf, die Fetzen deiner Fahne … äh, wie ging das noch? Egal!«
Er musterte die junge Frau mit einem breiten, spöttischen Grinsen.
»Denkst du noch an den von vorhin? Das war ein skrupelloser jüdischer Schwätzer mit verschimmelter Lunge. Ich sitze nicht mit Juden am Tisch, weil die Juden die Jungfrau Maria umgebracht haben.«
Die Worte des Mannes brachten das Herz der
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