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Abtruennig

Abtruennig

Titel: Abtruennig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Dungs
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Lesley!“, knurrte Vincent aufgebracht.
    „ Was ist mit ihm?“, rief sie panisch.
    Was passierte gerade? Das war doch total falsch! Ich sollte sie vor meinem Mentor schützen.
    „ Nicholas ist nicht er selbst. Er wird dir wehtun, solange er dagegen nicht ankämpft.“
    Ich drehte meinen Kopf, so dass ich Vincent Gesicht besser sehen konnte. Er beobachtete mich und wirkte dabei, als würde er leiden. Ich verstand nicht, was gerade geschehen war. „Wa…was g-geschieht…hier?“ Ich wusste, dass die Frage aus meinem Mund gekommen war, aber es klang nicht nach mir.
    „ Ruh’ dich aus, Nicholas. Es wird vorüber gehen.“
    Vorüber gehen? Was? Ich hatte den Gedanken kaum zu Ende gebracht, da durchfuhr mich ein eigenartiger Schmerz. Schlimmer als Vincents unbarmherzige Eisenklaue, die meinen Arm noch immer festhielt. Flüssiges Feuer, das durch meine Adern kroch. Ich wusste, dass ich dieses Leid kannte. Ich hatte es bereits einmal erlebt. Als ich meine Sterblichkeit abgelegt hatte, um ein Vampir zu werden. Ich stöhnte auf.
    „ Er leidet!“ Es klang wie ein Flehen aus Lesleys Mund.
    Vincent seufzte schwer. „Ich weiß, doch ich kann es nicht ändern. Er muss damit fertig werden. Er wird damit fertig werden!“
    Mein Körper krümmte sich zusammen, die Flammen waren dabei mein Innerstes zu verbrennen. Das war jedoch nicht das Schlimmste, denn die Bilder kehrten zurück. Peters Erinnerungen an seine Opfer, die Grausamkeiten derer, die er ausgelöscht hatte. Gedanken von armen menschlichen Seelen, die durch andere Vampire getötet worden waren. Und ihr unsagbares Leid. Es strömte in mich, durchflutete meine gesamten Glieder. Wie konnte ich Liz schützen, wo ich selbst nicht mehr Herr meines Körpers war. „Engel…“ Es war kaum noch ein Krächzen, das aus meinem Mund kam.
    „ Halte durch, Nicholas, bitte halte durch“, ihre Stimme klang belegt, es glich fast einem Schluchzen.
    „ Es geht bald vorbei.“ Ich wusste nicht, an wen Vincents kraftvolle Stimme gerichtet war, aber ich versuchte mich darauf zu konzentrieren. Ich schloss meine Augen, denn es war egal. Die Bilder blieben. Die Umklammerung an meinem Arm wurde gelöst und einen kurzen Augenblick später spürte ich einen Körper, nahe bei meinem. Ich fühlte keine Wärme, also wusste ich, dass es Vincent sein musste. „Nicholas, kämpf dagegen an.“ Seine Worte waren nur ein Flüstern. „Peters Gabe ist jetzt in dir, sie will dich verzehren. Du kannst sie kontrollieren. Du musst es nur wollen. Tu es!“ Sein Tonfall wurde lauter, bestimmender. „Tu es!“
    Ich konnte ihn hören, aber ich verstand nicht, was er da sagte. Was sollte das bedeuten, Peters Gabe war in mir? Ich hatte von seinem Blut genommen, doch er hatte sein Leben behalten dürfen. Wie sollte ich seine Fähigkeit in mich aufnehmen können? Nur durch sein Blut? Das war doch nicht möglich, ich hatte keine besondere Eigenschaft besessen, wieso sollte sich das plötzlich ändern. Wie sollte ich das Chaos in meinem Kopf unter Kontrolle bringen, wenn mich nochmals eine Welle des Schmerzes überrollte. Wenn sie mich packte und versuchte mit in die Tiefe zu zerren. Und ich hoffte darauf, dass die Dunkelheit mich erneut einholte, um mich wieder in die schwarzen Schatten zu ziehen, weg von diesem unsagbaren Schmerz. Fort von den furchterregenden Erinnerungen. Ich sehnte mich nach der Stille.
    Starke Hände packten mich an den Schultern und schüttelten mich. „Nicholas, hör mir zu. Sieh mich an.“ Ich reagierte nicht, und das Rütteln wurde heftiger. „Sieh mich an!“
    Endlich gehorchte ich Vincents Aufforderung und ich schaute ihn an. Seine Miene war düster und verzweifelt zugleich. Machte er sich Sorgen um mich? Das ergab doch alles überhaupt keinen Sinn. „Wa…was…pass…“ Ich war nicht imstande zu sprechen.
    „ Du musst mir zuhören, mein Junge! Dränge das Feuer zurück. Übernimm die Kontrolle deiner Glieder. Verstehst du nicht? Kämpfe dagegen an, sonst wird dich die Finsternis erneut einholen und mit sich fort schwemmen.“
    Das war es, was ich wollte. War es das nicht?
    „ Nicht, bleib zurück!“ Vincent drehte sich zur Seite und dadurch gab er den Blick auf Lesley frei.
    „ Bitte, Vincent, ich muss ihm zeigen, dass ich hier bin.“ Sie versuchte, sich an ihm vorbei zu drängen, aber er blieb wo er war, wie eine unüberwindbare Mauer.
    „ Engel!“ Ich zuckte zusammen, erschrocken über den Schrei, der aus meiner Kehle gekommen zu sein schien.
    Beide starrten mich

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