Abtruennig
ein besonderes Talent Nicholas, das bisher verborgen in dir schlummerte, ohne dass wir davon wussten.“
Lesley beruhigte sich, aber ihre Arme schlangen sich noch enger um mich. „Er darf nicht gewinnen“, flüsterte sie.
Ich erwiderte ihre Liebkosung. „Was bedeutet das jetzt für mich, wie kann ich mich schützen? Wovor muss ich mich eigentlich schützen?“ Ich wollte endlich begreifen, was vor sich ging, solange ich wieder klar denken konnte. Ich wusste nicht, ob und wann der Schmerz und die grausigen Erinnerungen zurückkehrten.
„ Ich verstehe nicht, wieso ich das nicht voraussehen konnte.“ Vincent ging bedächtig an uns vorbei und wirkte plötzlich völlig gedankenverloren. „Wenn du jemanden beißt, Nicholas, dann nimmst du anscheinend nicht nur seine Energie und Kraft in dich auf, sondern auch seine Gabe.“ Er blieb an einem der drei hohen Fenster des Raumes stehen und starrte hinaus in die Dunkelheit. „Verstehst du was das für dich bedeutet? Du wirst immer mächtiger werden, weil du ihre Stärke erhältst. Peters Fähigkeit scheint sich jedoch schwer kontrollieren zu lassen.“ Er drehte sich wieder um. „Als du nach Laukvik kamst, warst du nicht mehr du selbst, mein Junge. Ich weiß, dass Peter dir einreden wollte, ich sei ein Verräter. Die Tatsache, dass sein Blut deine Sinne zu vernebeln scheint, ist wohl der Grund dafür, dass du ausgerastet bist. Du warst ein völlig anderer Vampir, vergleichbar mit einem der Abtrünnigen. Vermutlich weißt du es nicht mehr, aber du hast uns angegriffen.“
Ich hörte nur auf den letzten Teil seiner Aussage und Lesley zitterte bei diesen Worten. „Ich kann mich nicht mehr daran erinnern. Ich…ich habe versucht euch zu verletzen?“ Bei diesem Gedanken zog sich mein Innerstes zusammen und Kälte umschloss mein Herz.
Vincent nickte. „Es tut mir leid, dass du im Keller aufwachen musstest, aber es war die einzige Möglichkeit dich wegzusperren und ruhig zu halten.“
Mir brannten so viele Fragen auf der Seele, dass ich nicht wusste, welche ich zuerst stellen sollte. „Ich erinnere mich daran, dass ich in der totalen Dunkelheit aufgewacht bin. Wieso konnte ich nicht richtig sehen?“
„ Vermutlich liegt das an Peters Fähigkeit. Ich gehe davon aus, dass alle deine sonstigen Eigenschaften schwanken. Dein gesamter Körper ist nicht im Gleichgewicht. Warum das alles so ist, kann ich mit Bestimmtheit nicht sagen. Mir ist so etwas noch nie untergekommen.“
Ich seufzte. „Also weißt du nicht, wie ich es aufhalten kann?“
Ein leichtes Lächeln zuckte in seinen Mundwinkeln. „Es lässt sich sicherlich nicht mehr aufhalten. Nicholas, verstehst du nicht, was das überhaupt bedeutet? Du hast so viel Blut verloren, weil ich dich bändigen musste, wie ein wildes Tier und dennoch…“ Sein Blick wanderte kurz zur Wand hinüber, von der er vor ein paar Minuten noch unsanft abgeprallt war. „Trotz allem ist deine Kraft unglaublich. Sie wächst. Du…ich, wir haben dich vermutlich alle unterschätzt. Wenn du die Kraft von all jenen in dich aufgenommen hast, die du gebissen hast, dann stell dir doch nur mal vor, wie viel Macht du jetzt besitzen müsstest.“ Das Lächeln wurde breiter.
Ich war irritiert. „Wieso glaubst du, dass ich diese besondere Gabe schon länger besitze? Vielleicht ist das erst jetzt passiert. Ich habe noch nie zuvor solche Empfindungen gehabt.“
„ Du hast auch noch nie von einem so bedeutenden Vampir getrunken. Peter ist von meinem Blut und ein Teil von mir ist auch in ihm, genau wie in dir. Neuankömmlinge sind wie die Menschen, sie besitzen nicht solch eine Energie. Im Vergleich zu unsereins sind sie eher kläglich.“ Er schaute kurz zu Liz, die mich noch immer umklammert hielt. „Verzeih Liebes, du weißt hoffentlich, wie ich das meine.“
Lesley drehte ihren Kopf, um Vincent anzusehen. „Ich verstehe. Es ist schließlich so. Wir sind schwach.“
Er wirkte tatsächlich erleichtert über ihre Antwort. Sie schienen sich wirklich gut zu verstehen. Meine Güte, wie lange war ich bewusstlos gewesen? „Wie lange war ich in diesem `Gefängnis´?“
Vincent starrte mich abfällig an. „Du nennst mein Haus ein Gefängnis?“ Er schien kurz zu überlegen. „Nun ja, mein Keller kommt dem schon relativ nah, da hast du wohl Recht.“
Wir waren also nicht mehr in Norwegen.
„ Drei Tage warst du nicht mehr bei Bewusstsein. Ich hätte dich im Übrigen noch länger weggesperrt, aber deine kleine Freundin wollte das nicht.“ Es
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