Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abtruennig

Abtruennig

Titel: Abtruennig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Dungs
Vom Netzwerk:
meinem Oberarm, aber ich hielt nicht inne. Ich winkelte vorsichtig meine Arme weiter an und in Anbetracht dieser unwirklichen Lage versuchte ich die Schmerzen auszublenden.
    Nicholas!
    Es klang wie ein Flüstern. Wer war das? Wo kam es her?
    Ich stoppte meine Bewegungen. In meinem Schädel hämmerte es unentwegt und das Blut klebte in meinen Augen. Das hieß wenigstens, dass ich noch welche besaß, auch wenn ich vielleicht blind war.
    Nicholas!
    Da war es wieder. Immer noch wie ein Flüstern. Melodisch, wunderbar, verführerisch. Es war die Stimme eines Menschen.
    Liz! In meinem Kopf schrie ich ihren Namen, aber kein Geräusch kam über meine Lippen. Für einen Moment glaubte ich den Verstand zu verlieren, doch dann sah ich endlich etwas. Ich konnte es tatsächlich erkennen. Ein winziges Leuchten. Es schien unendlich weit entfernt zu sein. Aber es bewegte sich. Eine Fackel?
    Nicholas!
    Das Flüstern eilte mir entgegen, kam unsagbar rasch näher. Doch ich hörte keine Schritte. Ich starrte nur auf das flackernde Licht. Es schien zu fliegen. Immer schneller schwebte es in meine Richtung.
    Mir wurde auf einmal schwindelig. Ich konnte nicht sagen, wann ich das letzte Mal so etwas empfunden hatte. Es war menschlich, aber das war ich schon seit so vielen Jahrzehnten nicht mehr. Was war nur mit mir passiert?
    Das zuckende Schimmern verschwamm vor meinen trüben Augen und ich war dabei, mein Bewusstsein zu verlieren. Mit allerletzter Kraft drehte ich meinen Kopf, um mehr erkennen zu können. Und ich erblickte eine Gestalt. Sie hielt das Licht in der Hand, es war wirklich eine Fackel. Der Schein des Feuers warf zuckende Schatten auf das Gesicht, welches nun direkt über mir stand. Ich erkannte sofort wer es war.
    Mein Engel.
    Dann wurde es schwarz und ich trieb in die Finsternis.

    Ich wusste nicht, wie lange ich bewusstlos gewesen war. Dieses menschliche Gefühl hatte ich seit meiner neuen Existenz nicht mehr durchmachen müssen. Meine Augen waren noch immer geschlossen – nun, das hoffte ich, denn totale Finsternis hatte sich wieder um mich herum ausgebreitet. Ich fürchtete mich ein wenig davor, zu versuchen meine Lider zu öffnen. Was, wenn ich nun wirklich blind war? Ich lauschte auf ein Geräusch in meiner Nähe, aber ich war von vollkommener Stille umgeben. Der modrige Geruch war allerdings verschwunden und ich lag anscheinend auf etwas Komfortableren, verglichen mit dem harten Untergrund zuvor. Es fühlte sich fast an, wie ein Bett oder eine Couch.
    Schlagartig versteiften sich alle meine Glieder. Ein unverkennbarer Duft stieg mir in die Nase und dann hörte ich auch eine vertraute Stimme.
    „ Ich glaube, er wacht auf?“ Lesleys sanfte Worte ließen mich zusammenzucken. Es ging ihr also gut.
    „ Er ist bereits bei Bewusstsein.“ Eine Bewegung. Ich spürte den Luftzug ganz in meiner Nähe. „Warte! Wir wissen nicht, wie er reagiert.“ Vincents warnender Unterton verwirrte mich. Sprachen sie über mich? Glaubten sie tatsächlich ich wäre eine Gefahr? Mir kam plötzlich wieder in den Sinn, was Peter gesagt hatte. Vincent war derjenige, der mir oder vielmehr Liz Schaden zufügen wollte. Doch sie lebte!
    „ Aber, seine Verletzungen…“ Lesleys Worte lenkten mich von meinem Gedankengang ab.
    „ Sie werden schnell heilen, keine Sorge.“ Vincent klang freundlich. Was wurde hier gespielt? Ohne zu zögern, öffnete ich meine Augen. Helle Umrisse blendeten mich, aber ich war zu dankbar, um meine Lider wieder schließen zu können. Ich konnte also noch sehen, obwohl es unnatürlich lange dauerte, bis meine Pupillen sich scharf gestellt hatten. Ein riesiges kunstvoll gestaltetes Portrait war direkt über mir; kleine Engel, die in flauschigen Wolken saßen und von der Zimmerdecke auf mich hinunter blickten.
    „ Nicholas?“ Eine warme Berührung ließ mich unwillkürlich erschauern.
    Mein Kopf fuhr blitzschnell zur Seite und ich starrte in tiefblaue Augen. Lesley stand neben mir und ihr hinreißendes Lächeln ließ mein Innerstes schmerzen. In der nächsten Sekunde geschah etwas, was ich nicht verstand. Ich sah, wie meine linke Hand auf einmal auf Lizs Gesicht zuschoss. Es ging zu schnell für sie, aber Vincent ging sofort dazwischen. Er sprang in mein Blickfeld und griff abrupt nach meinen Arm. Stählerne Fesseln, die meine Bewegung stoppten, bevor ich meinen Engel erreichen konnte. Der Schmerz durchzog meinen gesamten Arm, aber ich unterdrückte einen Schrei, der über meine Lippen kriechen wollte.
    „ Zurück,

Weitere Kostenlose Bücher