Abtruennig
überrascht an. Dann trat Vincent einen Schritt beiseite und Liz kam auf mich zu. „Nicholas…“ wieder klang es so, als würde ihre Stimme jeden Moment brechen. Tränen hatten ihre Augen gefüllt, bereit sie in der nächsten Sekunde frei zugeben.
Ich wollte nicht, dass sie leiden musste, schon gar nicht wegen mir. Meine Arme wollte Liz halten, aber sie bewegten sich nicht. Schlaff und regungslos lagen sie neben meinem zitternden Oberkörper und ich begriff langsam, was mit mir geschah. Ich verstand nicht, warum es passierte, aber das war in diesem Augenblick auch nicht wichtig. Peters Fähigkeit war dabei mein Innerstes zu übernehmen. Sein Blut floss nun auch durch meine Adern und setzte anscheinend alles daran, Besitz von meinem Körper zu ergreifen. Ohne, dass ich es hätte verhindern können, schnellte meine rechte Hand auf einmal hervor. Sie bekam Lesleys Unterarm zu fassen und sie schrie auf, wohl mehr aus Schreck, aber Vincent tat sogleich wieder einen Schritt auf mich zu.
Sein Griff glich dem eines Schraubstocks und ich gab Liz wieder frei. Dieses Mal ließ ich mich jedoch nicht vollends von ihm außer Gefecht setzen. Es war wie eine Art Reflex. Ich richtete mich auf und im gleichen Moment stemmte ich mich mit aller Kraft gegen Vincent, um ihn von mir zu stoßen. Der Druck seiner Umklammerung gab tatsächlich nach, vielmehr noch, Vincents muskulöser Körper taumelte nach hinten. Ich hatte nicht bemerkt, wie viel Kraft von mir ausgegangen war, bis ich hörte, wie die gegenüberliegende Wand des Zimmers seinen ungewollten Rückzug stoppte. Er knallte dagegen und fluchte. Liz blieb entsetzt stehen und ihr Blick schweifte unruhig zwischen ihm und mir hin und her.
„ Wir hätten ihn im Verließ lassen sollen“, zischte Vincent wütend. „Trotz seiner Wunden wird er noch kräftiger.“
Ich sprang in den Stand, aber der Untergrund war recht wackelig. Ich sah an mir herunter und wie vermutet, hockte ich auf einem großen Bett. Meine Kleidung war überall blutverschmiert, selbst das einstige weiße Laken war beschmutzt.
„ Nicholas.“ Lesley wandte sich mir vorsichtig zu. „Bitte, sieh mich an.“
Das tat ich und ich konnte hören, wie sie schluckte. Ich musste einen entsetzlichen Anblick bieten.
„ Lass nicht zu, dass er gewinnt“, begann sie leise. „Du bist stärker! Bleib bei mir. Bitte, lass mich nicht allein.“ Tränen kullerten ihre blassen Wangen hinunter und es zerriss mein Innerstes. Kein Schmerz konnte mir so viel anhaben, wie das Leid, das sie in dieser Sekunde empfand.
In nur einem Satz war ich bei ihr. Meine Bewegungen waren noch immer so schnell, wie ich es von mir kannte. Vincent hätte dieses Mal nicht vor mir reagieren können, aber er machte auch nicht den Versuch.
Ich presste Lesleys zarten Körper eng an meinen und ich spürte ihr Herz, wie es donnernd gegen ihren Brustkorb schlug. Die Worte kamen langsam und flüsternd über meine Lippen, aber es waren meine. „Ich bin hier… bei dir, mein Engel…“
Sie hielt abrupt ihren Atem an, aber nur um ihn dann sogleich wieder lautstark aus ihren Lungen zu entlassen. Sie weinte und ihre Glieder bebten unter meiner Berührung. „Ich dachte, ich hätte dich verloren…“, schluchzte sie plötzlich und ich hatte Mühe, sie überhaupt zu verstehen.
Alles an mir konzentrierte sich auf Liz, selbst die Stimme in meinem Kopf wollte, dass ich sie fester umarmte. „Du wirst mich niemals verlieren!“ Meine Stimme wurde klarer, bedächtig, doch sie manifestierte sich wieder zu meinem Tonfall. Es klang nicht mehr so fremd wie zuvor.
„ Danach sah es fast nicht mehr aus.“ Vincent trat langsam an uns heran. „Du hast es vielleicht noch nicht überstanden.“
Ich vergrub mein Gesicht in Lesleys weichen Locken und sog ihren unwiderstehlichen Duft ein. Er war nicht so kräftig wie sonst, aber es wirkte. Die Bilder wurden schwächer und der Schmerz wurde erträglich. „Was passiert mit mir?“ Die Frage war an Vincent gerichtet, aber ich schaute ihn nicht an.
„ Du hast Peters Blut aufgenommen und dadurch auch seine Fähigkeit übernommen.“ Die Antwort klang aus seinem Mund vollkommen logisch, aber das war sie für mich überhaupt nicht.
„ Ich verstehe nicht, was du sagst. Wie kann ich durch sein Blut auch seine Gabe aufnehmen?“ Ich hob meinen Kopf, um ihn anzusehen.
Seine Augen verdunkelten sich um ein Vielfaches. „Es scheint so, als wenn du dich geirrt hast…“, er seufzte. „Ich selbst habe mich geirrt. Du besitzt
Weitere Kostenlose Bücher