Abtruennig
hier Personal für so etwas.“ Er trat beiseite und bedeutete mir einzutreten. „Komm wieder rein, wir müssen einiges besprechen.
Ich schluckte den Rest meiner Wut hinunter, die sich aber ohnehin langsam verflüchtigte. Ich folgte Vincent ins Haus und wir gingen gemeinsam ins Wohnzimmer. Liz lag auf der Couch.
„ Sie schläft“, erklärte Vincent leise. „Sie war ja vollkommen fertig, da hat auch der Kaffee nichts mehr gebracht. Für einen Menschen sind rund dreißig Stunden schon recht beachtlich, vor allem in ihrem Zustand.“
Ich seufzte. „Sie ist wegen mir aufgeblieben?“ Ich schlich zum Sofa und hockte mich daneben auf meine Knie. „Ich danke dir. Danke das du sie beschützt hast.“
Vincent lehnte sich über die hohe Lehne der Couch. „Sie ist wirklich nett.“ Es klang ehrlich, ohne ironischen Unterton.
Ich streichelte sanft über Lesleys warme Wange. „Der Krebs wird stärker. Ich kann fühlen, wie ihr Körper dagegen ankämpft, aber er hat keine Chance. Ich glaube nicht, dass sie noch lange so weitermachen kann. Sie muss in ein Krankenhaus.“
„ Deine Sinne sind wahrhaftig auf jede Bewegung ihres Körpers eingestellt. Sie bedeutet dir mehr als dein eigenes Leben, nicht wahr?“
Ich sah ihn an. „Sie ist mein Gegenstück in jeder Hinsicht.“
„ Nun, dann sollten wir uns eine Lösung überlegen, denn wir können uns nicht ewig hier verstecken.“
„ Nein, das können wir nicht. Doch welche Möglichkeiten bleiben noch?“
„ Eigentlich keine…und uneigentlich…“ Vincent ging langsam durch den Raum. „Der Rat wird sich nur auf einen Pakt einlassen, wenn es für unser gesamtes Volk von Nutzen ist.“
„ Wenn Liz keine besondere Gabe besitzt, die sie für alle einsetzen kann, fällt mir spontan nichts ein.“
„ Nun, es gibt etwas…“ Seine Lippen kräuselten sich nachdenklich.
Ich stand sofort auf und huschte lautlos zu ihm rüber. „Was?“
„ Wir müssen denjenigen finden, der nach der alleinigen Macht strebt und seine Neuankömmlinge in ganz England verteilt. Wenn wir diesen Abtrünnigen ausfindig machen und zum Rat bringen, erweisen sie uns oder vielmehr dir einen Dienst.“
„ Du glaubst, wenn wir den Verräter zur Strecke bringen, werden sie Lesley verwandeln?“
„ Glauben ja, wissen nein. Wir haben jedoch nicht besonders viele Alternativen.“
„ Wir?“
„ Nun, ich sagte doch sie ist nett und sie empfindet für dich ebenso, wie du für sie. Außerdem…was wäre ich für ein Vater, wenn ich meinem Sohn solch eine günstige und tiefe Verbindung verbieten würde?“ Er lächelte amüsiert.
Ich legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Ich danke dir.“
„ Schon wieder!“ Das Grinsen wurde breiter. „Da bekommt die Redewendung, `für immer und ewig in deiner Schuld stehen´ eine ganz neue Bedeutung.“
Ich nickte. „Und darüber hinaus, wenn du mir sagst, wen ich jagen soll.“
Vincents Mundwinkel senkten sich augenblicklich. „Das weiß ich nicht. Das Problem ist, ich kann ihn oder sie nicht sehen.“ Es klang frustriert.
„ Du hast keine Vorhersehungen oder Eingebungen zu diesem ganzen Szenario?“
Er schüttelte den Kopf. „Nichts. Es ist verwirrend. Meine Gabe funktioniert nicht immer so, wie ich es gerne hätte, das ist mir zwar bewusst, aber zumindest habe ich mir einen Anhaltspunkt oder dergleichen erhofft. Ein Wink aus der Zukunft oder einen Bilderfetzen aus dem Jetzt. Ich habe zu dieser ganzen Geschichte nicht einen einzigen wirklichen Hinweis erhalten. Ich schätze das liegt daran, dass der Verantwortliche entweder soviel Macht besitzt, um meine Wahrnehmungen zu stören oder er steht in keinerlei Verbindung zu uns.“
„ Ich hatte daran gedacht, dass es einer der Ältesten ist. Aber dann würdest du das doch irgendwie spüren können, oder?“
„ Nun, wenn er wirklich genug Einfluss auf meine Fähigkeit hätte, um sie von sich selbst fernhalten zu können, wohl nicht. Das würde dann allerdings bedeuten, dass er in meinem direkten Umfeld leben muss. Aus der Ferne wäre das kaum möglich. Also entweder ein völlig Fremder, mit ungeahnten Möglichkeiten oder du, Peter oder einer der Ratsmitglieder. Du weißt, dass sich meine besondere seherische Eigenschaft lediglich auf spezielle Personen bezieht. Immer jene, die auf irgendeine Weise mit mir in Verbindung stehen oder von meinem Blut sind.“
„ Wenn es einer von uns ist, wer würde dann ernsthaft in Frage kommen?“
Vincent zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Es
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