Abtruennig
Bisher war das auch kein Thema unter den Vampiren gewesen, die ich kannte. Der einzige, der mir diesbezüglich einfiel war Peter, aber wir hatten nicht so im Detail darüber gesprochen. Wer wusste schon, was er mit seinen Eroberungen tatsächlich anstellte. „Offengestanden“, begann ich weiter, „weiß ich gar nicht, ob ich dazu fähig bin. Es ist immerhin schon eine Weile her und da war ich noch ein Mensch.“
Lesley sah mich auf eine merkwürdige Weise an. „Du hast nie, seitdem du…untot bist?“ Sie zögerte. „Ist das überhaupt das richtige Wort?“
Ich seufzte und griff dabei sachte nach ihrer Hand. Ich legte sie langsam an meine Brust. „Es ist das richtige Wort!“ Ich sah in ihrem Blick, dass sie verstand. Kein Pochen. Kein Klopfen. Nichts, nur die Stille meines erstarrten Herzens.
„ Oh Gott…“, flüsterte sie.
„ Und, nein, ich habe nie mit einem Menschen geschlafen, seitdem ich unsterblich geworden bin. Ich war auch noch nicht mit jemandem von meiner Art zusammen.“ Wortlos starrte Liz mich an und mich beschlich ein ungutes Gefühl. „Aber in Anbetracht der Lage wäre es ohnehin zu früh für uns beide, denkst du nicht?“
„ Nun, ich bin nicht unsterblich Nicholas. Ich habe nicht soviel Zeit wie du. Abgesehen davon leben wir nicht mehr im Mittelalter und ich bin keine Sechzehn mehr. Warum sollte ich unnötige Stunden verstreichen lassen, wenn ich sie mit dir verbringen kann?“
„ Weil ich nicht weiß, was passiert, wenn ich zu weit gehe!“ Vielleicht war das alles ein bisschen viel für diese Nacht. Zuviel für die letzten Tage. Zuviel für mich.
Ich wollte aufstehen, als sie mich eindringlich festhielt. „Wo willst du hin?“
„ Es ist spät. Ich sollte jetzt wohl langsam gehen.“ Bevor ich über dich herfalle und alle Bedenken zum Teufel jage!
„ Sei nicht albern“, sie legte ihren Kopf schief. „Bleib doch hier. Du kannst auch mit in meinem Bett schlafen.“ Ein kleines Grinsen erschien auf ihren sinnlichen Lippen. „Bitte…“
Ich seufzte. „Jeder halbwegs klar denkende, normale Mann, würde auf der Stelle deine Einladung annehmen.“
„ Nur du nicht, hm?“ Sie streichelte meine Hand. „Vermutlich würde ich niemandem sonst dieses Angebot machen.“ Sie sah mich an. „Ich denke, wenn du dich beherrschen kannst…“
„ Das ist es nicht“, log ich.
„ Okay, ich werde mich auch zusammen reißen.“ Sie schenkte mir wieder ihr hinreißendes Lächeln.
„ Es liegt vielmehr daran, dass ich nicht schlafe. Ich kann es nicht.“
„ Du schläfst nicht?“
„ Nein, es ist nicht nötig. Wir müssen uns nicht so regenerieren, wie Menschen. Dafür gibt es andere Mittel.“ Ich ließ die blutigen Details aus, aber sie schien es ohnehin zu verstehen.
„ Mhm.“ Sie griff nach der Decke. „Dann bleiben wir gemeinsam auf.“
„ Klar, dir fallen ja jetzt schon fast die Augen zu.“ Ich deckte sie zu und legte mich neben sie. „Ich bleibe aber gerne hier, wenn du möchtest…“
Sie nickte. „Gut. Du kannst mir dann vielleicht noch ein paar Fragen beantworten.“
„ Bist du einschläfst“, entschied ich.
Sie murmelte noch ein paar Fragen, die ich nur mit Mühe verstand, weil sie unentwegt gähnte. Nach ein paar Minuten gab ich auf. „Morgen mehr“, flüsterte ich sanft. „Träum süß, mein Engel…“
Die Müdigkeit übermannte Liz schneller als sie es vermutlich gedacht hatte. Ich drückte sie so eng an mich, wie es nur möglich war, ohne sie zu verletzen. Ihre leise und gleichmäßige Atmung wirkte unglaublich beruhigend auf mich und ich wünschte mir in diesem Moment plötzlich etwas, was ich vor wenigen Tagen niemals in Erwägung gezogen hätte.
Auch wenn ich gerne mein Gewissen zum Teufel gejagt hätte, die Stimme in meinem Kopf lag natürlich trotzdem wieder einmal richtig: ich war nicht mehr sterblich.
Es gab kein zurück mehr!
7. Menschliche Bedürfnisse
Der Morgen graute, als Liz ihre Augen öffnete.
„ Guten Morgen, mein Engel. Gut geschlafen?“
Sie hob den Kopf und sah mich lächelnd an. „Erstaunlich gut.“ Sie streckte sich gähnend in meinem Arm. Schlagartig verzog sie dann auf einmal ihr Gesicht.
„ Was ist?“
„ Ich habe einen entsetzlichen Geschmack im Mund“, sie zog die Decke bis zu ihrer Nase. „Das ist so peinlich.“
Ich musste unwillkürlich lachen. „Du liegst hier mit einem Vampir im Bett und machst dir Sorgen über Mundgeruch?“
„ Du hast es bemerkt? Oh Gott!“ Ihr gesamter Kopf verschwand unter
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