Abtruennig
miteinbezogen waren, also verzichtete ich auf übernatürliche Bewegungen. Die glänzenden Messingtüren des Fahrstuhls öffneten sich, sobald ich davor stand. Ich war überrascht einen Aufzug vorzufinden, denn das Gebäude wirkte nicht so, als wenn es viele Stockwerke gab. Ich trat ein und schaute auf die Leiste mit den Knöpfen für die verschiedenen Etagen. Es gab Ziffern von minus Zwei bis Drei. Achselzuckend drückte ich den Knopf, der mit einer römischen Zwei versehen war. Die Türen glitten fast geräuschlos zu und die Fahrt nach oben war schon wieder vorbei, ehe sie begonnen hatte.
Die Empfangsdame hatte Recht behalten. Die Türen waren noch nicht vollständig geöffnet, da begrüßte mich bereits eine weitere junge Frau in einem maßgeschneiderten grauen Hosenanzug.
„ Guten Abend Mr. De Winter. Mein Name ist Rebecca Martin. Bitte folgen sie mir. Vincent ist noch in einem Gespräch, aber er sagte mir, dass sie in seinem Büro warten sollen.“ Ihr Akzent war kaum zu hören, als sie mich, wie ihre Kollegin, auf Englisch ansprach. Ich nickte nur und folgte der schlanken, rothaarigen Frau auf dem Fuß. Ihre Bewegungen waren geschmeidig und fließend, aber sie war kein Vampir. Wir gingen durch einen breiten Flur mit mehreren Türen. An den Wänden hingen Gemälde, und teure Kunstobjekte standen in beleuchteten Glaskästen aus. Der Boden war aus feinstem Marmor und ähnlich wie der Bereich im unteren Stockwerk auf Hochglanz poliert. Sie führte mich bis zum Ende des Ganges und hielt mir eine Tür auf, die aus gefrostetem Milchglas bestand. Wir durchquerten einen Vorraum, der mit einem hochwertigen Teppichboden ausgelegt war. Es gab einen Schreibtisch, der am Fenster stand und eine kleine lederne Sitzgruppe war davor platziert worden. Schließlich öffnete sie mir noch eine weitere Tür, die allerdings aus massivem Holz gefertigt war.
Sie bedeutete mir einzutreten. „Kann ich ihnen etwas anbieten solange sie warten?“
„ Nein, vielen Dank.“ Ich betrat das großzügige Büro.
„ Er wird in ein paar Minuten hier sein, Mr. De Winter. Falls sie doch noch etwas benötigen, drücken sie einfach diesen Knopf.“ Sie war zum Schreibtisch gegangen und zeigte auf eine Sprechanlage. „Ich sitze im Nebenraum.“
Ich nickte. „Danke.“
Lächelnd und leichtfüßig verschwand sie auch schon wieder aus dem Zimmer. Ich drehte mich um und betrachtete den großen Raum genauer. Man erkannte sofort Vincents erlesenen Geschmack. Ein dunkler und massiv aussehender Schreibtisch war das Herzstück dieses Zimmers. Er stand vor der hohen Fensterfront, die mit schweren Samtstores behangen war. Meiner Meinung nach etwas zu altmodisch, aber es passte zu ihm. Eine große Bücherwand zierte die gegenüberliegende Seite. Zwei bequem aussehende Ledersofas und ein wuchtiger Beistelltisch, der scheinbar aus dem gleichen Holz gefertigt war wie der Schreibtisch, standen davor. Ebenso sorgfältig ausgewählte Designerstücke, wie schon auf dem Flur zuvor, waren in Glasvitrinen ausgestellt. Ich wusste, dass alle Objekte und Bilder Originale sein mussten. Ihren Wert wollte ich mir lieber erst gar nicht vorstellen. Geld war natürlich ein wichtiger Bestandteil unserer Existenz. Wir konnten uns damit eine gewisse Normalität zulegen. Das war nötig um kein Aufsehen zu erregen, oder wenigstens kein Misstrauen.
Ich schlenderte zu den Fenstern hinüber und starrte hinaus in die Dunkelheit. Es war mitten in der Woche, aber die Straßen waren gut gefüllt. Sterbliche strömten aus den umliegenden Büros in die hell erleuchteten Restaurants und Bars. Als ich das pulsierende Leben dort unten sah, wurde mir erst einmal bewusst, wie durstig ich eigentlich war. Meine letzte wirkliche Nahrungsaufnahme war schon wieder einige Zeit her gewesen und ich hatte mich inzwischen fast jeden Tag mit einem Menschen getroffen, was sonst in der Regel nur zu diesem einen Zweck diente, nämlich der Nahrungsaufnahme. Es war eine neue und andere Erfahrung für meinen Körper, so nah bei einer sterblichen Frau zu sein, ohne sie auf diese Art und Weise zu berühren. Bisher hatte ich kaum einen Gedanken daran verschwendet, aber jetzt meldete sich der Durst pochend in meinen Adern. Glücklicherweise kam Vincent in diesem Moment den Gang entlang gelaufen. Ich spürte seine Präsenz überdeutlich und mein Hunger trat wieder in den Hintergrund.
Seine Assistentin – oder was immer sie auch für ihn war – öffnete langsam die Tür, um ihn hereinzulassen. Ohne ein Wort
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