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Abtruennig

Abtruennig

Titel: Abtruennig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Dungs
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wen du triffst, nicht wahr?“
    „ Ich werde es dir sagen, wenn ich wieder komme. In Ordnung?“
    „ Okay.“ Es klang betrübt.
    „ Aber sonst geht es dir gut?“, bohrte ich nach.
    Sie stöhnte. „Ich habe dir doch versprochen, dass ich da bin, wenn du zurückkommst.“
    „ Du weißt, ich nehme Versprechen äußerst ernst“, warnte ich scherzhaft.
    „ Mhmm, gerade deshalb halte ich mich auch daran.“
    „ Darauf muss ich auch bestehen!“
    „ Hätte ich gewusst, wie besorgt du bist, dann hätte ich lieber nichts gesagt. Du bist schlimmer als meine Tante.“ Sie lachte und ich war froh darüber.
    „ Für diese Äußerung blüht dir eine gehörige Abreibung…“, scherzte ich.
    „ Noch ein Grund, warum ich mich umso mehr freue, wenn ich dich wieder sehe.“
    „ Ich kann es kaum erwarten.“ Die Sehnsucht sprach bereits aus mir.
    „… mir geht’s ebenso, Nicholas.“ Ich mochte es, wie sie meinen Namen sagte. „Dann schlaf jetzt wieder schnell ein und träum´ etwas Schönes.“
    „ Vielleicht von dir?“, fragte sie kichernd.
    „ Ich sagte etwas `Schönes´!“
    „ Deswegen ja.“
    „ Wenn es dich glücklich macht, dann eben von mir.“ Ich seufzte. „Ich rufe dich morgen wieder an, in Ordnung?“
    „ Mhmm….“ Es hörte sich an, als kuschelte sie sich in ihr Kissen. „Gute Nacht.“
    „ Gute Nacht…“, flüsterte ich und hoffte im selben Moment, dass der morgige Tag ebenfalls gut verlaufen würde.

12. Die Ältesten

    Der Morgen war trübe und dicke Nebelschwaden hingen über der langsam erwachenden Stadt. Vincent hatte also auch dieses Mal Recht behalten. Ich machte mich, wie verabredet, frühzeitig auf, um nach Seefeld zu fahren.
    An diesem Morgen saß eine andere Frau am Empfangstresen.
    „ Guten Morgen, Sir.“ Sie begrüßte mich ebenso freundlich, wie ihre Kollegin am Vortag. „Wie kann ich ihnen helfen?“
    Ich war überrascht, dass sie mich sofort auf Englisch ansprach.
    „ Ebenfalls einen guten Morgen. Mein Name ist Nicholas De Winter und ich habe einen Termin mit Vincent van Berg.“
    Sie tippte kurz etwas auf ihrer Computertatstatur ein und sah mich danach sofort wieder an. „Sie werden erwartet, Mr. De Winter.“ Sie war dabei sich zu erheben, aber ich kam ihr zuvor. „Bleiben Sie ruhig sitzen, danke. Ich kenne den Weg bereits.“ Lächelnd nickte sie mir zu und ich drehte mich auf dem Absatz um. Ich ging zum Fahrstuhl hinüber und stieg ein, sobald die Messingtüren sich geöffnet hatten. Ich drückte auf die Taste der zweiten Etage. Der Aufzug setzte sich in Bewegung und je näher ich meinem Vorhaben kam, desto unbehaglicher fühlte ich mich.
    Die Türen öffneten sich und Vincent war bereits da, um mich zu begrüßen. Er trug, wie am Vortag einen perfekt sitzenden dunklen Anzug. Mit seinen rund achthundertfünfzig Jahren zählte er zu den ältesten Vampiren unter uns. Er war Teil eines gut durchdachten Netzwerkes und seine Macht ging über die meinige weit hinaus. Seine Erfahrung und Weisheit hatten aus mir gemacht, was ich heute war und dafür stand ich bis in alle Ewigkeit in seiner Schuld.
    „ Ich hoffe, sie ist das ganze Theater wert?“ Die melodische Stimme meines Schöpfers riss mich aus meinen Gedanken.
    Ich nickte. „Mehr als das.“
    „ Es war natürlich klar, dass du so etwas sagen würdest. Selbst ohne meine Vorhersehung hätte ich das gewusst.“ Seufzend trat er zu mir in die Kabine und drückte den Knopf für das unterste Stockwerk. „Ich habe nicht vor, mir weiterhin den Mund fusselig zu reden. Lassen wir den Rat nicht warten.“
    Ich schwieg und bereitete mich innerlich auf das kommende Gespräch vor. Selbstverständlich war mir bewusst, dass nicht jeder Vampir die Chance bekam, vor den Ältesten zu sprechen, es war ein Privileg, das ich allein Vincent verdankte. Der Fahrstuhl brachte uns nach unten und öffnete erneut seine glänzenden Messingtüren. Es erwarteten uns allerdings keine vermoderten Kellergewölbe, wie man hätte vermuten können. Der Innenarchitekt hatte seinen stilvollen Einrichtungsgeschmack auch im Herzen der Villa fortgesetzt. Polierte Marmorböden, teure Kunstobjekte an den Wänden und gedämpftes Licht begleiteten unsere weiteren Schritte. Es gab hier unten nur eine einzige Tür am Ende des langen Ganges, die man kaum als solche erkennen konnte. Sie war beinahe mit der Wand verschmolzen und es gab keinen Türknauf. Vincent stellte sich davor und erst dann fiel mir eine kleine Vertiefung auf. Es hatte eine gewisse Ähnlichkeit

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