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Abtruennig

Abtruennig

Titel: Abtruennig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Dungs
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alles beispielhaft durch. Scheinbar war er Anwalt, der in dieser Gegend arbeitete und auch zu Mittag aß. Der Mann steuerte auf eine Kanzlei zu, die an der nächsten Ecke eines Häuserblocks lag. Ich musste schnell zuschlagen, um kein Aufsehen zu erregen.
    „ Hallo? Entschuldigen sie, bitte“, schrie ich dem Typen nach.
    Er drehte sich mit einem hochroten Kopf zu mir um. „Meinen sie mich?“, blaffte er zurück.
    Ich nickte und sprintete auf ihn zu. „Ja, sie haben etwas verloren.“ Meine Hand zog das Handy aus der Hosentasche und ich schwenkte es in der Luft hin und her.
    Er blieb stehen. „Habe ich in diesem Drecksladen auch noch etwas verloren?“ Überrascht griff er in seine Jackentasche.
    Blitzschnell war ich bei ihm und ich nutzte die Gunst des Augenblicks aus. Um diese Uhrzeit waren nicht ganz so viele Leute auf den Straßen unterwegs, die meisten Menschen waren irgendwo im Schnee oder arbeiteten in ihren Büros. Der Rest beachtete uns sowieso nicht. Trotzdem wollte ich keine unnötigen Zeugen heraufbeschwören, schließlich waren hier nicht alle Menschen blind. Ich musste mir also schleunigst ein intimeres Plätzchen suchen. Ruckartig packte ich ihn an seinem Arm, drehte ihn herum und wies ihn mit harter Stimme an den Mund zu halten und mir genau zuzuhören. „Wenn sie nicht das tun, was ich von ihnen verlange, werde ich sie auf der Stelle töten! Verstanden?“ Mein Tonfall war scharf und ich wollte nicht wissen, wie meine Augen aussahen – trotz Kontaktlinsen, wirkten sie vermutlich nicht sonderlich menschlich.
    Panik spiegelte sich in seinen erweiterten Pupillen wieder, ich sah darin das Leuchten meiner Iris. Seine Glieder versteiften sich unter meinem festen Griff und er brachte ein mühsames Kopfnicken zustande.
    Ich hörte nur noch sein Blut rauschen. „Ausgezeichnet.“ Ich schob ihn weiter den Gehweg entlang, zu einem kleinen Café am Ende der Straße. Seinen Körper presste ich dabei dicht an meinen und wahrscheinlich wirkten wir wie ein schwules Paar, aber das war eher praktisch, als hinderlich. Wir stolperten ins kleine Lokal hinein. „Entschuldigen sie. Verraten sie mir bitte wo hier die Toiletten sind? Meinem Freund geht es nicht so gut.“ Ich lächelte die Bedienung an, die hinter ihrem Tresen stand und ein Stück Kuchen portionierte.
    „ Oje!“ Sie sah den Mann in meinem Arm an. Er war tatsächlich kreidebleich geworden. Hastig deutete sie nach rechts. „Einfach geradeaus. Am Ende des Flurs finden sie auf der linken Seite die Gästetoiletten.“
    „ Haben sie vielen Dank.“ Ich schleppte mein Opfer den Gang entlang und wir verschwanden hinter der ersten Tür. Ich dachte nicht darüber nach, wie es danach weiter gehen sollte. Es hatte schon Zeugen in diesem Lokal gegeben, aber ich war so betäubt vom Durst, dass ich ihn einfach nur stillen wollte. Unsanft drückte ich den ängstlichen Mann gegen die Wand neben dem WC. Ich war bereit die Sache schnell zu Ende zu bringen. Er wimmerte und stammelte unentwegt vor sich hin. „Bitte…lassen sie mich gehen…tun sie mir nicht weh…ich habe Geld...“ Ich ignorierte sein Flehen, stattdessen riss ich die Jacke von seinem zitternden Körper. Sein Herz raste und der Puls hallte in meinen Ohren wieder. Die unsagbare Gier war dabei die Überhand zu gewinnen, so etwas hatte ich noch nie erlebt. Ich verlor tatsächlich die Kontrolle, so musste es einem abtrünnigen Vampir im Blutrausch ergehen. Ich sah wirklich nur noch die Adern und Venen unter seiner dünnen Haut, wie sie mich verführerisch anlächelten. Sie riefen nach mir. Pulsierend, kräftig und so reichhaltig. Hastig schob ich den Ärmel seines teuren Hemdes nach oben, um sein Handgelenk frei zu legen. Mein Kiefer begann zu schmerzen und meine Eckzähne waren kurz davor sich zu verformen, da vibrierte auf einmal mein Handy in der Jeans. Ich stieß einen leisen Fluch aus und rammte dem Mann meine Faust in den Magen. Keuchend ging er zu Boden und blieb benommen liegen. Das Telefon leuchtete mir hoffnungsvoll entgegen, als ich es aus meiner Tasche zog. Vincents Nummer blinkte auf dem Display. Verflucht!
    „ Heute ist dein Glückstag mein Freund! In fünf Minuten verschwindest du aus diesem Laden und vergiss´ unser kleines Zusammentreffen… andernfalls, komme ich wieder und dann beenden wir, was ich angefangen habe.“ Mein Tonfall klang nicht menschlich, das wusste ich, aber in diesem Moment konnte ich es nicht ändern. Das Funkeln in meinen Augen signalisierte ihm, dass ich es

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