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Abzocker

Abzocker

Titel: Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Block
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in New York.«
    Wir zogen uns beide eilig an. Dann gab ich ihr mit einer Handbewegung zu verstehen, sie soll beim Bett bleiben, ging zur Tür und öffnete sie einen Spalt. Ein Zimmermädchen kam gemächlich den Flur entlang. Ich wartete, bis es verschwunden war.
    Ehe ich Mona hinausschickte, packte ich sie und küsste sie sehr schnell. Es war ein seltsamer Kuss, leidenschaftslos und dennoch überraschend intensiv. Dann war sie draußen im Gang und schritt auf den Lift zu. Ich schloss die Tür und setzte mich auf das Bett.
    In der Flasche Jack Daniels waren noch zwei oder auch drei Drinks. Ich leerte sie und fühlte mich etwas besser.

4
    Ich bekam das Geld ein paar Minuten nach sechs. Es war ein sehr eigenartiges Gefühl. Ich lag auf dem Bett, hatte das Licht ausgeschaltet und gab mich der leicht alkoholisierten Benommenheit hin, in die mich der Bourbon versetzt hatte. Die Klimaanlage summte leise im Hintergrund. Dann öffnete sich die Tür ein paar Zentimeter, ein Umschlag fiel auf den Boden, und die Tür schloss sich wieder.
    Ich hatte nicht einmal ihre Hand gesehen. Und das machte die ganze Sache so erschreckend unpersönlich. Die Tür hatte sich von selbst geöffnet, der Umschlag war aus dem Nichts hereingeflattert, und die Tür hatte sich wieder geschlossen. Es waren keine lebenden Wesen an dem Vorgang beteiligt gewesen.
    Ich hob den Umschlag auf, schüttelte den Inhalt auf die eine Seite und riss ihn auf. Darin waren Zehner, Zwanziger und Fünfziger. Ich zählte das Geld zweimal und kam beide Male auf eine Summe von dreihundertundsiebzig Dollar.
    Ich verstaute die Scheine in der Brieftasche und warf den Umschlag in den Abfallkorb. Mit einem Mal wurde mir die Absurdität der Situation klar, und ich fiel auf das Bett und mühte mich, nicht laut loszulachen. Es war so komisch, aber gleichzeitig war es alles andere als komisch. Ich vergrub mein Gesicht im Kissen und brüllte hinein wie eine Hyäne.
    Wenn es nicht um Mona ginge, wäre alles ganz einfach. Ich würde ein glückliches Lächeln aufsetzen, aus dem Hotel gehen und mit dreihundertundsiebzig hart verdienten Dollars in der Tasche einen Zug nach Nowheresville besteigen. So betrachtet war es die einfachste und gleichzeitig raffinierteste Abzocke, die ich in meinem Leben durchgezogen hatte. Leicht und easy, ohne Probleme.
    Nur, dass das hier keine Abzocke war. Ich hatte das Geld auf einem silbernen Tablett überreicht bekommen, nun konnte ich die Hotelrechnung bezahlen und meine Karten richtig ausspielen. Ich würde nach New York fahren und dort auf sie warten. Ich weiß nicht, ob das wirklich witzig ist, jedenfalls kriegte ich mich fast nicht mehr ein vor Lachen.
    Als ich nicht mehr lachen konnte, duschte ich, rasierte mich und ging ins Hotel nebenan, um zu Abend zu essen. Niemand geht ins Hotel nebenan, um zu Abend zu essen. Entweder isst man in seinem eigenen Hotel oder man geht in ein Restaurant. Genau darauf spekulierte ich, denn ich wollte weder mit Mona noch mit Keith zusammentreffen. Dazu war ich noch nicht bereit.
    Das Dinner war wahrscheinlich ganz gut. Die Küche in großen Hotels ist verlässlich, wenn auch nicht gerade phantasievoll. Ein Steak verderben sie nie, und das hatte ich bestellt. Aber trotzdem schmeckte mir das Abendessen nicht. Ich dachte über die beiden nach, dass sie jetzt zusammen waren, und statt nach Fleisch war mir nach Mord zumute. Während des ganzen Essens brannte meine Zigarette, und ich achtete mehr auf sie als auf das Steak. Dann saß ich lange da und starrte in meinen Kaffee. Als ich ihn schließlich trinken wollte, war er lauwarm und schmeckte scheußlich. Ich ließ ihn stehen und ging ins Kino.
    Wenn der Film auf persisch und mit chinesischen Untertiteln versehen gewesen wäre, hätte ich auch nicht mehr davon mitbekommen. An die Story kann ich mich überhaupt nicht erinnern, nicht einmal an den Titel. Ich war im Kino, damit die Zeit schneller verging, das war alles. Ich blickte auf die Leinwand, doch ich sah nichts. Stattdessen überlegte ich, schmiedete Pläne. Nennen Sie es, wie Sie wollen.
    Am liebsten wäre ich sofort aus Atlantic City verschwunden. Mich noch hier aufzuhalten war ein Risiko, das mit jeder Minute, die ich in dieser scheußlichen Stadt verbrachte, größer wurde. Und da ich beschlossen hatte, meine Zimmerrechnung wirklich zu bezahlen, war jeder zusätzliche Tag ein Kostenfaktor, den ich mir eigentlich nicht leisten konnte. Monas Beitrag zu meinem Wohlbefinden, zusammen mit dem bisschen Geld, das mir

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