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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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Wetter war so warm, wie man es in Tahalia bestenfalls im Hochsommer antraf. Mehrere Männer tanzten sogar den Maseret. Sie labten sich an Wein, Bier und Schnaps aus den umliegenden Dörfern. Obwohl sie sich manchmal bis zur Besinnungslosigkeit betranken, erwachten sie am nächsten Tag stets mit klarerem Kopf als die Nebelsüchtigen.
    Dies alles war der Kampfmoral ausgesprochen förderlich, und als sie sich schließlich in Marsch setzten, trieben Kriegsgesänge sie voran. Hanish, der auf einem schweren Streitross neben seinem Onkel ritt, hatte das Gefühl, sich noch sie so sehr im Mittelpunkt des Weltgetriebes befunden zu haben. Hinter ihm wogte ein Menschenmeer, die alten Legenden auf den Lippen, jeder Einzelne von ihnen strohblond, die meisten groß gewachsen und von makellosem Körperbau, Leib und Beine fest mit schützenden Lederbändern umwickelt. So viele Helme und Speerspitzen funkelten in der Sonne, so viele blaugraue Augenpaare. Die Soldaten trugen noch immer die Schellen und Glöckchen, die die Tunishni verlangt hatten, und der Klang allein war eine großartige Musik. Hanish konnte kaum hinter sich blicken, ohne dass ihm das Herz überging. Und sein Hochgefühl war nicht im Mindesten geringer, als er zum ersten Mal seinen Gegner erblickte.
    Was für eine Streitmacht hatten die Acacier versammelt! Vierzig-, fünfzigtausend standen auf dem zertrampelten Feld wie fremdartiges, frisch gesprossenes Getreide. Sie waren seiner eigenen Armee zahlenmäßig um das Dreifache überlegen. Viele verschiedene Hautfarben waren vertreten, Männer und Frauen, Angehörige sämtlicher Völker Acacias. Hanishs Blick schweifte über sie hinweg zu der großen Steinmauer, die sich von Norden nach Süden erstreckte, von einem Rand der Welt zum anderen. Alecia war noch etliche Meilen entfernt, doch unmittelbar hinter der acacischen Armee lag die erste Barriere, die schon vor Jahren gegen Feinde wie ihn errichtet worden war. Der aus unterschiedlich großen und verschieden gefärbten Blöcken erbauten Mauer war eine eigentümliche Schönheit eigen. Man meinte, ein grobes Mosaik ohne jegliche Ordnung vor sich zu sehen, und doch war etwas an der Vielfalt aus Farben und unterschiedlichem Gestein, das den Blick unwillkürlich von einer Stelle zur nächsten lenkte.
    Hanish kannte die Geschichte vom Bau der Mauer. Edifus hatte sie errichten lassen, obwohl es in dieser Gegend an geeigneten Steinen mangelte. Daraufhin hatten die vielen Völker, die ihm plötzlich dienstbar waren, eines nach dem anderen Gesandte zu ihm geschickt, mit Steinen aus ihren Steinbrüchen und Steinmetzen, die diese bearbeiten sollten. Die Kunde davon verbreitete sich bis in die entlegensten Winkel des Reiches, und bald schickten selbst die kleinsten Stämme einen Tribut an Steinen und Arbeitern, um die Mauer zu bauen. Somit stand der Anblick, der sich ihm bot, für die Anerkennung der Weltordnung, die Hanish jetzt zu zerstören trachtete.
    In diesem Moment hätte er nicht sagen können, ob die Mauer seinen Erwartungen gerecht wurde oder nicht. Beides schien zuzutreffen. Er wusste, dass an einer Stelle ein schwarzer Stein darin vermauert war, ein riesiger Basaltblock, der aus dem Fuß der Berge nahe Scatevith geschnitten worden war. Wenn er ihn vor sich sah, würde er ihn erkennen. Hauchmeins Name war in einer Ecke eingemeißelt. Er würde ihn suchen und von Steinmetzen herauslösen lassen. Dieses Geschenk hatten die Mein nicht freiwillig gemacht, und er würde sich den Stein mit Freuden wieder zurückholen.
    Es war stets Brauch gewesen, dass die Anführer gegnerischer Streitkräfte vor der Schlacht zu einer Unterredung zusammentrafen, für den Fall, dass sich ihre Meinungsverschiedenheiten selbst jetzt noch beilegen lassen könnten. Vielleicht beruhte der Zwist nur auf einem Missverständnis. Vielleicht hegte eine Seite plötzlich Bedauern oder Zweifel. Als die Acacier eine Unterredung verlangten, verweigerte Hanish ihnen diese Zeremonie nicht.
    Haleeven fand ihn auf einem Schemel in einem zeltartigen Raum aus vier Stoffbahnen, die man an in den Boden gerammten Speeren befestigt hatte. Dem Häuptling diente er als Privatgemach, wo er betete und Zwiesprache mit den Tunishni hielt, obwohl sich Hanish seinen Ahnen in Wahrheit seit der Fahrt über den Ask sehr fern fühlte. Er spürte sie, wie ein Hungriger vom Wind herangewehten Essensduft wahrnimmt, doch dies war nichts, verglichen mit ihrer starken Präsenz, wie er sie in Tahalia empfand. Ihm fehlte die greifbare

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