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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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endlich zu besiegen. Doch er hatte Hanishs Beweggründe nicht weit genug ergründet. Bis jetzt war ihm nicht klar gewesen, dass dieser Krieg nicht allein um irdische Güter geführt wurde. Die Bekannte Welt war das Schlachtfeld, doch das Anliegen, für das Hanish kämpfte, reichte darüber hinaus, auf andere Ebenen des Seins. Er glaubte tatsächlich, seine Ahnen seien in einem ewigen Purgatorium gefangen. Er wollte den Fluch brechen, der ihnen nach den Vergeltungskriegen auferlegt worden war, und die Tunishni befreien. Und dies, so besagte die Legende, konnte nur auf eine einzige Weise bewerkstelligt werden. Jetzt, da er sich daran erinnerte, dachte Thaddeus bei sich, dass Hanish entweder wahnsinnig oder die Welt ein Ort größerer Mysterien war, als er angenommen hatte.
    Diese Gedanken gingen dem Kanzler blitzschnell durch den Kopf, und Hanish schien die Veränderung, die mit ihm vorging, nicht zu bemerken.
    »Haltet sie zusammen«, sagte er. »Bewahrt sie für mich. Sollte ihnen etwas zustoßen, sorge ich dafür, dass Euer Leiden kein Ende nimmt. Auch dies ist ein Geschenk, das ich Euch machen kann. Zweifelt weder an meiner Großzügigkeit noch an meinem Zorn.«
    »Weder an dem einem noch an dem anderen«, erwiderte Thaddeus. »Seid versichert, dass ich Euch hier erwarte, mit den Kindern.«
    Das Licht in den Augen des Prinzen erlosch langsam. Seine Gestalt verschwamm und zerstob wie eine Dampfwolke im Wind. Thaddeus fühlte, wie er in seinen Körper zurückfiel. Er kam wieder in seiner Hülle zu liegen, glitt in seine Haut und fühlte sie von neuem um sich herum. Er hatte nicht beschlossen zu gehorchen, sagte er sich. Er war kein Diener. Es stand ihm frei, so zu handeln, wie er es wünschte …
    Das sagte er sich immer wieder, während er fühlte, wie der irdische Schlaf Gewalt über ihn gewann. Er hatte Angst, er würde sich nur an einen Teil der Nacht erinnern und nicht an einen anderen, fürchtete sich davor, zu erwachen und in seinem Handeln fehlzugehen. Thaddeus verlangte von sich, aufzuwachen und seine Erkenntnis im Gedächtnis zu bewahren, denn sie veränderte alles: Hanish glaubte, er könne den Fluch von den Tunishni nehmen, indem er einen Erben der Akaran-Dynastie tötete. Nur Tropfen reinsten Akaran-Bluts könnten das Leben in seinen verfluchten Ahnen wieder wecken. Wenn Hanish seinen Willen bekam, würde man die Kinder, die Thaddeus geliebt hatte – jene vier, nach denen es ihn ein Leben lang verlangt, von denen er sich gewünscht hatte, es wären die seinen, und die er mit der Zuneigung überschüttet hatte, die er für seinen eigenen Nachwuchs empfunden hätte -, ausgestreckt auf einem Opferaltar festbinden, sie aufschlitzen und langsam ausbluten lassen. Wenn sich herausstellte, dass Tinhadins Fluch echt war, kein Mythos, und dass man ihn rückgängig machen konnte, würden zweiundzwanzig Generationen von Mein-Kriegern dem Tod entrissen werden. Sie würden von neuem auf Erden wandeln, und ihre Rache würde die ganze Welt auf den Kopf stellen.
    Diese Erkenntnis brachte Thaddeus zu einem Entschluss. Er konnte nicht die Macht ergreifen, wie das Ungeheuer in seinem Inneren es sich ausmalte. Und er durfte auch nicht zulassen, dass Hanish eine neuerliche Hölle auf Erden losließ. Einen aber gab es, dessen Bitte er nachkommen würde. Das hätte er von vornherein tun sollen. So viel wusste er mit einer Gewissheit, die jeden anderen Glauben innerhalb seiner widersprüchlichen, verwickelten Allianzen überstieg. Er hatte bereits beschlossen, dass man die Kinder fortschicken musste. Jetzt würde er jenen Plan in die Tat umsetzen, den Leodan Akaran für den Fall ersonnen hatte, dass ihm etwas zustoßen sollte, bevor seine Kinder erwachsen wären. Thaddeus kannte den Plan und hatte die Macht, ihn auszuführen. Er allein war dazu imstande. Nicht einmal die Kinder ahnten etwas davon. Und ebenso wenig konnte man ihnen die Wahrheit sagen, um sie darauf vorzubereiten. Aliver würde ihn dafür hassen. Wahrscheinlich würde er dies als das denkbar schwerste Schicksal betrachten und ihn für einen Verräter halten.
    Wie passend, dachte Thaddeus. Grauenhaft und zutreffend, eine Wahrheit und eine Lüge.

26

    Als Hanish aus seinem Traumgespräch mit dem Kanzler erwachte, hatte er den Kopf voller Pläne. Seine Flotte ritt den Ask, bis der Fluss sie ins Innenmeer ausspie. Obwohl es ihn danach verlangte, sich nach Acacia zu wenden, wusste er doch, dass er sich gedulden, es erst zum angemessenen Zeitpunkt einnehmen musste. Er

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