Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
Vom Netzwerk:
Gehen liebkosend mit den Fingern. In der Hütte würde es nur ein paar Minuten dauern, alles vorzubereiten, und dann würde er die Droge wieder und wieder einatmen …
    Jäh blieb Leeka regungslos stehen. Er spürte etwas, ein anderes atmendes Lebewesens, ganz in der Nähe, aber versteckt. Er dachte an die Raubtiere, die hier nachts umherstreiften, und wusste, dass er wahrscheinlich ein toter Mann war, wenn dies eines davon war.
    »Vergebt mir«, sagte eine Stimme. »Ich wollte Euch nicht erschrecken.« Eine Kapuzengestalt löste sich aus der Dunkelheit neben der Hütte und trat in den Mondschein, die Arme in einer Geste der Unschuld erhoben. »Tatsächlich habt Ihr mich erschreckt, so leise, wie Ihr herangekommen seid.«
    Der Tonfall des Mannes war freundlich, doch Leeka hatte eine Abneigung dagegen, mit Menschen zu reden, die Kapuzen trugen, zumal wenn sie ihm nachts bei seiner Hütte auflauerten und ihm den Weg verstellten. Er bemühte sich, genau das mit einem finsteren Blick zum Ausdruck zu bringen.
    »Seid Ihr Leeka Alain?«, fragte der vermummte Mann.
    Die Frage verblüffte ihn. Sein erster Gedanke war, dass der Mann gehört haben musste, wie er seinen Namen vor sich hingemurmelt hatte, doch das war unwahrscheinlich. Er steckte die Nebelfäden wieder in die Tasche.
    »Seid Ihr Leeka Alain, der Leodans Armee im Mein befehligt hat? Leeka Alain, den einige den Reiter der Bestie nennen?«
    Der Mann sprach fließend Acacisch, wie jemand, der auf der Insel selbst gelebt hatte. Es war schon eine ganze Weile her, dass Leeka jemanden so vollendet hatte Acacisch sprechen hören. Wer würde so etwas in dieser Sprache fragen? Wahrscheinlich nur ein Mann, der lediglich eine Bestätigung hören und ihn anschließend töten wollte.
    »Seid Ihr der, der behauptet, als Erster einen Numrek getötet zu haben?«
    »Nein«, sagte Leeka im Dialekt der Bergbewohner. »Der bin ich nicht.«
    Die Kapuzengestalt rührte sich nicht. Der Mann stand so reglos da wie eine Statue, von der Dunkelheit kaum zu unterscheiden. Einen Moment lang fragte sich Leeka, ob er halluziniere. Vielleicht hatte die Statue schon immer hier gestanden, und er hatte es nur vergessen. Oder aber es war gar keine Statue, und sein nebelhungriger Verstand spielte ihm einen Streich.
    Wieder ergriff der Fremde das Wort. »Es schmerzt mich, das zu hören. Ich hätte die Dienste General Leekas gebraucht. Wohl wahr, Ihr seht ihm nicht gerade ähnlich. Vielleicht habe ich mich ja geirrt. Bitte entschuldigt die Störung. Hier, nehmt das als Entschädigung …«
    Die Hand des Mannes hob sich, und von ihr ging der funkelnde, wirbelnde Flug einer Münze aus, die jedes Mal aufblitzte, wenn das Mondlicht sie traf. Leeka konnte nicht anders, als ihr mit den Augen zu folgen. Ein Diebestrick, und er fiel darauf herein. Deshalb konnte er später nicht sagen, dass er die Bewegung des Mannes wirklich wahrgenommen hatte. Allerdings fühlte er den Stoß, mit dem ihm etwas in den Bauch gerammt wurde, mit genug Wucht, um ihn zu durchbohren. Ein Nadelstich am Hals löste einen Schmerz aus, der ihn von innen her versengte wie ausgedörrtes Strauchwerk; er loderte auf und erlosch gleich wieder. Mit dem Schmerz verging auch sein Bewusstsein.
     
    Als er die Augen wieder aufschlug, wusste er, dass einige Zeit verstrichen war und dass er sich an einem anderen Ort befand als zuvor. Er erinnerte sich an die Gestalt im Schatten, an die Stimme des Fremden, die fliegende Münze, den Schmerz. An dies alles erinnerte er sich, während er einen Moment dalag und sein Blick allmählich klar wurde und sich auf rohe Deckenbalken heftete. Sie wurden von flackerndem Feuerschein erhellt. Er kannte diese Decke gut, jede Unregelmäßigkeit darin, den Astknoten, der den einen Balken entstellte, das Spitzengewebe uralter Spinnweben, die von einem anderen herabhingen. Er lag auf seiner Pritsche in seiner Hütte und schaute an die Decke. Wie merkwürdig …
    Ein Mann beugte sich über ihn. »Ihr habt mich angelogen, Leeka Alain. Ich kann nicht behaupten, dass mich das wundern würde. In diesen schweren Zeiten spricht man nicht leichtfertig mit Fremden, aber ich hätte erwartet, dass Ihr es geschickter anstellen würdet.«
    Der Unbekannte hielt sich eine Kerze dicht vors Gesicht. Leeka starrte ihn völlig verwirrt an. Er sah einen alten Mann, die Haut runzlig wie Baumrinde, der schüttere Bart nach senivalischem Brauch zu Zöpfen geflochten. Wenn der Körper dem Gesicht entsprach, war er ein dürres Klappergestell

Weitere Kostenlose Bücher