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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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bedeutete in der senivalischen Sprache »Nest des Gebirgskondors«. In dem dicht bewaldeten Gebiet gab es viel Wild, um das sich eine kleine Gruppe von Bediensteten kümmerte, die auch das Jagdhaus instand hielt und im Laubwald nach Wilderern Ausschau hielt. Corinn war seit ihrer Kindheit nicht mehr hier gewesen, doch sie erinnerte sich noch gut daran.
    Es hatte mehrere Jahre gedauert, bis die Mein das Reich so weit im Griff gehabt hatten, dass sie sich der Zerstreuung widmen konnten. Für ein Volk, das vom Erlegen wilder Tiere gelebt hatte, war die Vorstellung eigenartig, dass es auch dem reinen Vergnügen dienen könne. Mit der Zeit hatten sie jedoch Gefallen daran gefunden. Als Corinn erfuhr, dass Hanish ihre Anwesenheit in dem Haus verlangte, blieb ihr nicht viel anderes übrig, als einzuwilligen. Nicht dass sie sich geweigert hätte, wenn es ihr möglich gewesen wäre. Obwohl sie sorgfältig darauf achtete, ihrer Verachtung durch ihre Haltung und ihre Worte Ausdruck zu verleihen, fühlte sie sich niemals sonst so atemlos lebendig wie in seiner Gesellschaft.
    Als sie das Gebäude erreichten, ritt sie zusammen mit mehreren Mein-Edelfrauen ein Stück hinter Hanish. Das Jagdhaus war aus grauen Granitblöcken errichtet, eine schlichte Bauweise, die auf eine kargere Vergangenheit anspielen sollte. Die Dienstboten erwarteten sie auf der Treppe. Corinn erkannte einen von ihnen, den Hausvorsteher Peter. Als kleines Mädchen hatte sie ihn stattlich gefunden, und sie sah mit Bestürzung, wie alt er geworden war. Er war das Erste an diesem Ort, das ihr wahrhaft deutlich machte, wie viel Zeit verstrichen war.
    Peter begrüßte die Ankömmlinge voller Ehrerbietung. In halb gebeugter Haltung trat er auf Hanish zu und zitterte am ganzen Leib wie ein alter Jagdhund, der sich bemüht, mit seinem alterssteifen Schwanz zu wedeln. »Wir sind hoch erfreut über Euren Besuch, Herr. Hoch erfreut …« Er gab Hanish kaum Gelegenheit zu einer Erwiderung, sondern erklärte sogleich, wie lange sie bereits darauf gewartet hätten, ihn willkommen zu heißen, wie sorgfältig alles für seinen Besuch vorbereitet wäre, wie üppig der Wald sei und dass die Jagd seine Erwartungen gewiss übertreffen werde. »Hier gibt es Wild in Hülle und Fülle. Es wird Euch keine Mühe bereiten …«
    Der Diener verstummte mitten im Satz. Er hatte den Blick über die ganze Gesellschaft schweifen lassen und Corinn entdeckt. Mit großen Augen starrte er sie an und vergaß für eine Weile zu zwinkern. Schließlich neigte er den Kopf und begrüßte sie stammelnd mit ihrem Namen. Dann wandte er sich wieder Hanish zu.
    Sein Blick brachte Corinn aus der Fassung. Weshalb wirkte er so verängstigt? Er fürchtete sich vor Hanish, das war offensichtlich, doch sein kurzer Blick hatte noch eine andere Art von Erschrecken ausgedrückt. Obwohl der Rundgang durch die Räumlichkeiten ihre Aufmerksamkeit nahezu vollständig in Anspruch nahm, konnte sie die Miene des alten Hausvorstehers nicht ganz aus ihrem Kopf verdrängen. Es war ein eigenartiges Gefühl zuzuhören, wie Peter die Gäste durch das Haus führte, das sie so gut kannte. Er hörte sich an, als sei dies alles allein zu Hanishs Vergnügen erbaut worden und die Erinnerung an seine vormaligen Besitzer in weite Ferne gerückt.
    Die Innenräume waren beengt und etwas düster, erhellt von Wandlampen und den Kaminfeuern. Einiges von dem alten Zierrat war noch vorhanden: ein Wandbehang mit Jagdszenen im Speisezimmer, ein Armleuchter, dessen Silberverzierungen die Geschichte Elenets darstellten, die Glasgefäße mit den eingeschlossenen Blasen, gefüllt mit wohlriechenden Kräutern und Gewürzen. Wie sehr sie diesen Duft geliebt hatte! Als sie ihn einatmete, drohten die Gefühle sie zu überwältigen. Sie bemühte sich, flach zu atmen und auf das zu achten, was man hinzugefügt oder verändert hatte. Fellteppiche und Möbelbezüge im Mein-Stil, ein paar niedrige Tische mit dicken Beinen, auf die Steinplatten vor dem Kamin im Speisezimmer war das Mein-Wappen aufgemalt: Es gab zahlreiche Veränderungen, wenn sie auch zumeist nur oberflächlich waren.
    Larken, der acacische Marah, der sie vor Jahren verraten hatte, schritt mit stolz geschwellter Brust neben Hanish her und redete fast ebenso viel wie Peter. Jetzt, da Maeander fort war, wich Larken dem Häuptling kaum mehr von der Seite. Corinn hasste ihn noch immer, bemühte sich jedoch, es nicht zu zeigen.
    Sie hörte, wie die anderen Frauen Bemerkungen über die Einrichtung

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