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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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Obwohl sie sich davor fürchtete, entdeckt zu werden, schritt sie voller Selbstvertrauen dahin. Wenn sie wollte, konnte sie sich lautlos fortbewegen. Vor Jahren, als sie noch ein Kind gewesen war, hatte sie sich an den Marah-Wachposten vorbeigeschlichen und das Grauen des Bergwerks von Kidnaban erblickt. Wenn sie das geschafft hatte, würde auch kein Bewohner von Ruinat und kein Priester aus seinem Schlummer erwachen und sie zur Rede stellen. Natürlich waren es die Fremden, die dies ausgelöst hatten, es dringlich machten. Melio hatte enttäuscht gemeint, es seien Mein. Es sei nur noch eine Frage von wenigen Tagen, bis sie Galat verließen und hierherkommen würden, um sie zu holen. Sie müssten etwas unternehmen, hatte er gesagt. Also unternahm sie etwas. Es war nicht das, was Melio vorgeschlagen hatte, doch es war immerhin etwas.
    Sie wählte eines der am Strand liegenden Boote aus, warf ihren Sack hinein und schob es ins Wasser. Eine Stunde später bog sie um die Landspitze von Vumair und erblickte Uvumal. Zerklüftet und grün ragte die Insel aus dem Meer, wie senkrecht stehende Glasscherben, notdürftig versteckt unter einer Pflanzendecke. Die Entfernung war nicht groß, dennoch war sie noch nie dort gewesen. Niemand fuhr dorthin. Die Insel galt als der Göttin geweiht. Dies war ihr Zuhause und ihr Heiligtum. Seitdem der Maeben-Kult aufgekommen war, hatte man die Insel sich selbst überlassen. Dort wurde kein Holz geschlagen und nicht gejagt, keine Hügelflanken wurden gerodet, um den Boden zu pflügen. Die Insel war eine brodelnde, undurchdringliche Wildnis. Das Unterholz war ein Gewirr lebender Pflanzen. Hier und da ragten gewaltige Bäume aus dem Laubdach hervor. Es waren schiefe Riesen mit langen Stämmen, aus denen ein Knotenwerk aus Ästen hervorbrach. Sie waren knorrig vom Alter, vom Wetter zerzaust, jeder ein Totem von wilder Urtümlichkeit. Dorthin wollte Mena.
    Den knochenweißen Strand, auf den sie das Boot hinaufzog, hatte keines Menschen Fuß betreten. Palmen, die ihm höher gelegenen Sand wurzelten, neigten sich dem Wasser entgegen. Treibholz und Kokosnüsse lagen im Sand. Krabben huschten seitwärts zwischen herabgefallenen Palmwedeln umher, und …
    Plötzlich fiel ihr ein ungewöhnlicher Gegenstand ins Auge. Aus dem Sand ragten der verwitterte Kopf, der erhobene Arm und der Oberkörper einer Puppe. Es war eine unheimliche, augenlose Gestalt, die wie zur Begrüßung zu winken schien.
    Und es war auch nicht der einzige von Menschenhand gemachte Gegenstand. Nicht weit davon entfernt machte sie ein Stück Seil und eine Fischboje aus. Noch etwas weiter weg ein Stück Stoff, das wie ein zum Trocknen ausgelegtes Wäschestück über einen Stein drapiert war. Menas Blick huschte ein paar bange Sekunden umher, bis sie sich vergewissert hatte, dass sie tatsächlich allein war. Wie seltsam. Menschen kamen nicht hierher, ihr Unrat hingegen schon. Sie ging ein paar Schritte auf die Sachen zu, besorgt, die Göttin könnte dieser Kränkungen ansichtig werden, ehe sie sie entfernen konnte. Wenn die Priester davon wüssten, würden sie es untersagen, den Abfall am Südende des Hafens einfach ins Meer zu werfen. Unwillkürlich überlegte sie, wie sie das Thema Vaminee gegenüber ansprechen sollte. Es gibt zahllose Möglichkeiten, die Göttin zu kränken, könnte sie sagen. Man muss auch bedenken, dass etwas, das man an einer Stelle ins Meer wirft, an einer anderen wieder auftaucht …
    Sie hielt inne und fluchte leise vor sich hin. Wie leicht es doch war, in ihre alte Rolle zurückzufallen. Sie war nicht als Dienerin der Göttin hergekommen! Sie lieh ihr weder Augen noch Mund. Sie hatte nicht die Absicht, den Priestern irgendwelche Botschaften zu überbringen.
    Den Rest des Vormittags verbrachte sie damit, in den Wald vorzudringen. Sie hatte geglaubt, im Inselinneren würde tiefe, beklemmende Stille herrschen, ein Ort, durch den sie sich würde hindurchschleichen und jeden Zweig unter ihren Füßen würde fürchten müssen. Stattdessen war die laubdichte Luft von Vogellärm erfüllt. Affengeschrei hallte durch die Baumkronen. Insekten schnarrten, zirpten und summten. Sie trat auf dicht verwobene Mangrovenwurzeln und stapfte mit glucksenden Schritten durch Schlamm, der nach verdorbenen Eiern stank. Immer wieder blieb das Schwert, das sie auf dem Rücken trug, irgendwo hängen. Sie musste sich dermaßen durch das Unterholz kämpfen, dass sie hin und wieder einfach stehen blieb, zwischen den Ästen hing und sich

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