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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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schadlos halten. Und weil ihnen das ebenfalls klar ist, werden sie sich niemals darauf einlassen. Du hättest somit nichts zu gewinnen, sondern wärst geschlagen, bevor dein Feldzug überhaupt begonnen hat.«
    »Wenn ich König von Acacia bin, wirst du nicht mehr so mit mir reden«, erwiderte Aliver. »Dann wirst du dich erinnern, was Respekt bedeutet.«
    »Wenn du König von Acacia wärst, Prinz, würde ich mich vor dir verneigen und an deinem großen Zeh lutschen.« Oubadal schaute sich unter seinen Gefährten um, die daraufhin schallend loslachten, besonders die Greise. »Aber ihm Augenblick bist du König von überhaupt nichts. Ist es nicht so?«
    Es gelang Aliver kaum, die förmlichen Abschiedsfloskeln auszusprechen. Am liebsten wäre er ins Freie gestürzt, weg von dem Sandelholzduft und Oubadals trägen, hinterhältigen Augen.
    In einiger Entfernung vom Dorf fasste Kelis Aliver beim Ellbogen und zwang ihn, stehen zu bleiben. »Oubadal kann uns zehntausend Krieger zur Verfügung stellen. Du kannst nicht einfach so weggehen.«
    »Ich werde kein schuldloses Volk niedermetzeln«, sagte Aliver. »Das hatte mein Vater nicht im Sinn.«
    »So geht es schon seit Anbeginn der Schöpfung, und das gilt für alle Völker«, erwiderte Kelis. »Willst du dein Ziel erreichen, ja oder nein? Ich weiß, was du denkst. Du hast hehre Absichten, aber gute Menschen prägen nur selten die Geschichte. Sie reden darüber, während Männer wie Oubadal handeln. Geh nicht von hier fort, ohne diesen Augenblick zu dem deinen gemacht zu haben, Aliver. Noch ist es nicht deiner. Also geh nicht fort.«
    Aliver setzte sich auf den pergamentgrauen Boden und legte den Kopf in die Hände. Thaddeus hatte gesagt, die Welt sei von Grund auf verdorben. Hier war sein erster Beweis. Er bemühte sich, seinen Verstand zur Ruhe zu bringen und auch etwas Gutes darin zu erkennen, doch es gelang ihm nicht. Wenn er sich seine Menschlichkeit erhalten wollte, durfte er diesen Krieg nicht auf einer solch schändlichen Grundlage beginnen. Er überlegte, welche anderen Bedingungen der Häuptling vielleicht akzeptieren würde, doch die Stammesbeziehungen waren so verworren, dass er hilflos auf den Boden stampfte. Es war dumm! Es war engstirnig! Zu grob und kleinlich. Es war ein Beispiel all dessen, dem er ein Ende machen wollte. Auf einmal kam ihm eine Idee.
    »Wie wäre es, wenn ich Oubadal sage, dass ich seine Hilfe verlange, nicht darum bitte? Was ist, wenn ich sage, jetzt sei ich Prinz Aliver Akaran, doch im Herbst werde ich König Aliver Akaran sein? Wenn ich ihn daran erinnere, dass ich ein Löwe bin, und sage, dass ich mich mit den Streitigkeiten der Jungen zu meinen Füßen nicht abgebe. Was ist, wenn ich ihm sage, dass jetzt die Santothzauberer auf meinen Befehl hören und dass ich mit ihrer Hilfe meine Gegner vom Antlitz der Erde auslöschen werde. Entweder er stellt sich auf meine Seite und unterstützt mich – zu meinen Bedingungen -, oder er wird den Zorn von Mächten zu spüren bekommen, die er sich nicht einmal vorstellen kann.«
    »Das könntest du versuchen«, sagte Kelis. »Du musst ihm dabei in die Augen sehen, damit er dir nicht an die Gurgel geht.
    Wenn du ihn mit einem Löwenjungen vergleichst, beleidigst du ihn... Es sei denn natürlich, du bist tatsächlich ein Löwe. Die Wahrheit vermag nicht zu kränken.«
    Aliver richtete sich auf und sah seinem Freund in die Augen. »Ich zaudere noch immer, nicht wahr? Du glaubst, ich sollte das lieber nicht tun.«
    »Ich glaube, wenn du jedes Mal, wenn du den Mund aufmachst, aus deinem Herzen sprichst, kannst du nichts falsch machen.«
    Aliver drehte sich um und betrachtete die Festung. Aus dieser Entfernung wirkten die an der Mauer befestigten Felle winzig. Wie die Felle von Straßenkatzen. Er setzte sich in Bewegung. Als er die Schritte seines Freundes neben sich vernahm, sagte er: »Beantworte mir eine Frage, Kelis. All die Menschen, die behaupten, sie würden von Löwen abstammen – womit beweisen sie das eigentlich?«
    Kelis lächelte. »Es gibt keinen Beweis. Sie behaupten es einfach und bemühen sich, möglichst überzeugend zu klingen.«

50

    Mena erzählte niemandem von ihrem Vorhaben, auch nicht Melio, der ihr, ohne es zu wissen, geholfen hatte, ihren Plan zu schmieden. Sie nahm nur das Marah-Schwert und die paar Habseligkeiten mit, die in einen Schultersack passten. Dann stahl sie sich vom Tempelgelände und ging durch die menschenleeren Gassen, die in der Morgendämmerung grau aussahen.

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