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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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werden.«
    Sire Dagon klappte den Pfeifendeckel herunter und steckte die Pfeife wieder ein. Nachdem er den Häuptling eine Weile schweigend gemustert hatte, sagte er: »Ich habe mich offenbar nicht verständlich genug ausgedrückt, Hanish. Die entsprechenden Befehle wurden bereits erteilt. Die Aktion wurde vermutlich gestern durchgeführt. Ich habe Euch nur anstandshalber davon in Kenntnis gesetzt, damit Ihr Euch nicht wundert, wenn Euch die Nachricht erreicht. Starrt mich so finster an, wie Ihr wollt, Hanish. Droht mir ruhig. Springt mir meinetwegen an die Kehle. Erschlagt mich mit dem Schwert an Eurer Hüfte. Ich bin Euch auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Aber Ihr solltet wissen, dass Ihr der Ameise gleicht, die in einen großen Zeh beißt. Eben beißt Ihr noch zu, im nächsten Moment werdet Ihr zerquetscht. Ihr seid vom Wohlwollen der Gilde abhängig. Habt Ihr das noch immer nicht begriffen? Übrigens hat der Aufstand, den Ihr fürchtet, längst begonnen. Unsere Aktion war als Auslöser gar nicht erforderlich. Schaut in die Provinzen, Hanish. Schaut nach Talay, legt das Ohr an den Boden und hört den Namen, den die Menschen immer eindringlicher flüstern. Dann werdet Ihr begreifen, dass Ihr auch so schon genug Probleme habt. Überlasst unsere Geschäfte uns. Und seid versichert, was immer auch für ein Aufstand heraufzieht, er ist nichts im Vergleich zu dem Risiko, Anderland zu erzürnen.«
    »Dann fürchtet Ihr also doch etwas«, stellte Hanish fest. »Ihr beleidigt mich, weist mich in die Schranken, aber vor den Lothan Aklun fürchtet Ihr Euch.«
    Sire Dagon hatte sich erhoben und wandte sich zum Gehen, doch irgendetwas an Hanishs Bemerkung hatte ihn milder gestimmt. Der Blick, mit dem er den Häuptling bedachte, wirkte beinahe freundlich. »Ihr wisst so wenig davon, was die Welt umtreibt. Nicht die Lothan Aklun fürchten wir. Abgesehen davon, dass sie viel reicher sind als wir, unterscheiden sie sich gar nicht so sehr von der Gilde. Diejenigen, die zu fürchten wir allen Grund haben, leben jenseits der Lothan Aklun. Mit ihnen treiben die Lothan Aklun Handel, so wie Ihr Handel mit uns treibt.«
    Die letzten Worte hatten zu viele Informationen enthalten, als dass Hanish sie sofort hätte erfassen können. Er wusste nicht, welche Frage er zuerst stellen sollte, und verspürte ein fast knabenhaftes Bedürfnis, seine Überraschung zu verbergen. Beiläufig, als interessiere ihn die Antwort kaum, fragte er: »Und wie nennt man diese Leute?«
    »Die Auldek«, antwortete Sire Dogan nach kurzem Zögern. »Ihr habt sie nie zu Gesicht bekommen, und das ist auch besser so. Wer über sie Bescheid weiß, dem raubt dieses Wissen nachts den Schlaf. Ja, das gilt auch für Euch, Häuptling. Glaubt mir, Hanish, an dem Tag, an dem sie zu dem Schluss kommen, dass es die Anstrengung wert sei, einen Blick auf uns zu werfen – sei es, um uns zu bestrafen, um sich die Ware selbst zu beschaffen oder aus simpler Neugier -, an diesem Tag wird die Welt, die Ihr liebt, für alle Zeiten enden. Nur die Gilde hält die Welt im Gleichgewicht.«
    Hanish hielt Sire Dagon zurück. »Wartet noch«, sagte er und schluckte seinen Stolz hinunter. »Ich... danke Euch dafür, dass Ihr mich über Luana in Kenntnis gesetzt hast. Ich habe Verständnis dafür, dass die Gilde in diesen unruhigen Zeiten entschlossen durchgreift. Ich mache Euch daraus keinen Vorwurf. Aber es wäre einfacher für mich, wenn Ihr Euch wieder setzen und mir mehr über die Dinge erzählen würdet, von denen ich nichts weiß. Es ist besser, Ihr weiht mich ein, als dass ich gegen Euch arbeite. Meint Ihr nicht auch?«
    Sire Dagon überlegte. Er sagte nichts, doch er nahm abermals Platz und klopfte seine Taschen ab, um seine Pfeife zu finden.

52

    Ein so schwarzes und aufgewühltes Meer wie das an der Südküste Talays hatten die Seeräuber von den Außeninseln noch nicht gesehen. Hier trafen die Strömungen von zwei Seiten des Kontinents aufeinander und mischten sich mit dem Wasser, das sich im Schatten der Erdkrümmung abgekühlt hatte. Fünf Tage hintereinander tanzte die Ballan in den Wogen. Das Schiff stieg aus den Wellentälern empor wie ein auffliegender Vogel und stürzte von der Wellenkrone wieder hinab. Seeleute, die noch nie in ihrem Leben seekrank gewesen waren, bekamen weiche Knie, wurden gelbgrün im Gesicht und ergaben sich ihrem Elend. Sie gaben alles von sich, was sie gegessen hatten. Anschließend würgten sie völlig Unbekanntes hervor, und wiederum später

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