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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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sie zu loben und ihnen Aufmerksamkeit zu schenken, doch schon die Vorstellung war ihm lästig. Niemand weckte sein Interesse so wie Corinn. Niemand vermittelte ihm ein solches Gefühl von Wohlbehagen wie sie. Niemand hörte ihm zu wie sie. Mit niemand anderem bereiteten ihm solch schlichte Zerstreuungen wie das Bogenschießen so viel Vergnügen wie mit ihr. Dabei war sie eine viel bessere Schützin als er. Aus irgendeinem Grund erheiterte ihn diese Tatsache wie ein Scherz, den er selbst ersonnen hatte.
    Was hatte er sich gedacht, als er das angefangen hatte? Er hatte gesagt, er wolle die Prinzessin in seiner Nähe behalten, auf sie aufpassen und dafür sorgen, dass sie zur Verfügung stünde, wenn die Tunishni sie brauchten. Wann also war daraus diese Gefühlsverwirrung geworden? Es war gefährlich, das wusste er. Sein Denken war nicht mehr so klar und konzentriert wie früher. Erst am Vortag hatte er eine Frage vollständig überhört. Ein Kreis aus Gesichtern hatte ihn angeblickt, besorgt und verwundert. Er war nicht mehr er selbst. Es war unglaublich, dass er sich von dem, was ihn schwächte, nicht lossagen konnte und wollte. Dabei hätte er sie auf den Platz zurückverweisen sollen, der ihr zustand. Er hätte jegliche Zuneigung zwischen ihnen mit der Schärfe öffentlicher Bemerkungen durchschneiden sollen. Schließlich war es nicht schwer, Corinn zu kränken. Sie war ausgesprochen reizbar. Ein paar spöttische Sticheleien würden sie in flammende Wut versetzen, was der jetzigen Situation vorzuziehen gewesen wäre.
    Doch er brachte es einfach nicht fertig. Weshalb sollte er es tun müssen? In Anbetracht all dessen, was er in seinem Leben zustande gebracht hatte. In Anbetracht all dessen, was er für sein Volk erreicht hatte. Schließlich hatte er die ganze Bekannte Welt erobert! Just in diesem Moment wanderten die Tunishni den Methalischen Rand hinunter, nur noch ein paar Wochen von ihrem neuen Bestimmungsort entfernt. Seine Erfolge hatten es Maeander ermöglicht, seine Suche nach dem anderen Akaran-Mädchen bis nach Vumu auszudehnen. Wenn sie sie fanden, könnten sie die Tunishni mit ihrem Blut zufrieden stellen. Dann bräuchte Corinn nicht zu bluten und nicht zu sterben. Weshalb sollte er unter diesen Umständen der Liebe entsagen?
    Oh. Da war das Wort! Dass er im Kopf einen solchen Satz geformt hatte, veranlasste ihn, sich zu erheben. Er löste sich von der Prinzessin, denn jetzt wollte er sie wirklich nicht wecken, wollte nicht sprechen müssen. Es dauerte eine kleine Ewigkeit, bis er seinen Arm, der feucht war von ihrer beider Schweiß, unter ihrem Nacken hervorgezogen hatte.
    Ein wenig später, angekleidet, den Rücken kerzengerade in seiner Thalba und in vollendeter Haltung, las Hanish die Briefe, die seine Sekretäre ihm in sein Arbeitszimmer brachten. Der erste war von Haleeven. Peinlich genau hatte sein Onkel mit großer Aufrichtigkeit alle Ereignisse vermerkt. Da seine Briefe zweimal wöchentlich eintrafen, war Hanish über jeden Schritt des Transports der Tunishni genauestens informiert. Keiner dieser Schritte hatte sich als einfach erwiesen. Es war schon äußerst mühevoll gewesen, sie aus der Begräbniskammer zu holen. Der Raum hatte ihre ewige Ruhestätte sein sollen. Seine Erbauer hatten nicht damit gerechnet, dass ihre Ahnen einmal verlegt werden könnten. Deshalb hatte man sie in bienenwabenartigen Alkoven dicht beieinander untergebracht gehabt.
    Haleeven hatte Rampen errichten und Flaschenzüge installieren lassen. In der Enge war das ein schwieriges Unterfangen gewesen. Nicht einmal unter günstigsten Umständen wäre es einfach gewesen, die Arbeiter zu der nötigen Sorgfalt und Genauigkeit anzuhalten. Jetzt kam hinzu, dass die körperlosen Wesenheiten sie nervös machten. Eines Nachts flohen fast fünfzig Arbeiter aus dem Lager vor den Toren Tahalias. Man musste sie einzeln wieder einfangen. Anschließend wurden sie auf eine Weise bestraft, die alle Fluchtwilligen nachhaltig abschreckte.
    Die Arbeiter bei der Stange zu halten, die Ahnen für die Reise zu preparieren und zu transportieren, den Priestern zu schmeicheln, die vom Tauwetter morastigen Straßen instand zu halten, sich der Mückenschwärme zu erwehren und den steilen Abstieg vom Rand zum eilavanischen Wald zu bewältigen; dies alles stellte Haleeven vor zahllose Bewährungsproben. Jetzt endlich zogen sie durch das Gehölz und das Ackerland zur Küste. Das Schlimmste lag hinter ihnen, wenngleich Haleeven in seiner Nachricht darauf

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