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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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gefangenen Bauern dienten denselben Zwecken, für die sie auch die Quotensklaven verwendet hätten. Warum also noch mehr von Hanish verlangen, der sich ihnen gegenüber nach Rialus’ Auffassung bereits recht großzügig gezeigt hatte?
    Doch mit Calrach konnte man nicht vernünftig reden. Er hatte sich die Idee in den Kopf gesetzt, und keiner von Rialus’ vorsichtigen Versuchen, ihn davon abzubringen, hatte etwas genützt. Doch anstatt erleichtert darüber zu sein, dass er nun keine Gelegenheit hatte, das Thema Hanish gegenüber zur Sprache zu bringen, empfand er Furcht. Er würde mit leeren Händen zu Calrach zurückkehren. Vielleicht könnte er ja behaupten, er habe mit Hanish gesprochen. Er könnte sagen, der König würde über seine Forderung nachdenken. Er würde ihm seine Entscheidung beim nächsten Treffen mitteilen, etwas in der Art. Doch das wäre nicht ungefährlich. Soviel er wusste, würde Hanish Calrach persönlich zu sich zitieren und sich den Umweg über Rialus sparen. Das wäre nicht das erste Mal. Der Numrek-Häuptling würde binnen Sekunden wissen, dass Rialus ihn angelogen hatte. Wenn das geschah, würde dieser nicht mehr viel für seine eigene Haut geben. Wieso hatte es den Anschein, als ob er sich in jeder Lebenslage mehreren Zwickmühlen gegenübersah? So war es immer schon gewesen, dachte er, und so würde es womöglich ewig weitergehen.
    Während er darüber nachdachte, wann es vielleicht einmal anders gewesen war, merkte er, dass er beobachtet wurde. Eine der Schattengestalten im Gang war gar keine Statue, sondern eine Frau. Als sie sich von der Wand löste und ihn zu sich winkte, erkannte er sie.
    »Prinzessin Corinn?«, sagte er, als er näher trat.
    Sie gab keine Antwort, sondern drehte sich um und schritt vor ihm den Gang entlang, dann bog sie in einen Seitengang ab und trat durch eine kleine Tür. Dies alles geschah schnell, und Rialus brauchte einen Moment, um den großen, verwinkelten Raum wiederzuerkennen, den sie betreten hatten. Es war die Bibliothek, in der es nach Büchern roch und die von wandhohen Fenstern erhellt wurde. Nach der Stille und der reglosen Luft zu urteilen, war der Raum leer.
    Corinn geleitete ihn zu einer der Fensternischen. Dort angelangt, wandte sie sich zu ihm um. »Um diese Zeit kommt niemand her. Die anderen Türen sind verschlossen, deshalb sind wir hier sicher. Sollte jemand eintreten, werden wir ihn rechtzeitig hören und können uns unbemerkt entfernen.« Dies alles sagte sie mit kühler Gewissheit, doch als er eine Frage stellen wollte, trat sie auf ihn zu. »Rialus«, sagte sie, ihr Körper dicht vor dem seinen, »werdet Ihr aufrichtig zu mir sein?«
    Rialus atmete den Zitrusduft ihres Atems ein. Eigentlich hatte er bislang nicht viel Zeit in ihrer Gegenwart verbracht. Er hätte nicht einmal mit Sicherheit zu sagen gewusst, ob sie seinen Namen kannte. Dass sie ihn kannte, verblüffte ihn ebenso sehr wie die Vollkommenheit ihrer Gesichtszüge. Die Proportionen und Schattierungen waren makellos, genau wie es sein sollte. Stammelnd versicherte er ihr, dass er selbstverständlich aufrichtig sein werde.
    »Dann sagt mir«, fuhr Corinn fort, »blickt Ihr manchmal mit Sehnsucht zurück?«
    »Mit Sehnsucht, Prinzessin?«
    Sie musterte ihn schweigend. Er hatte das Gefühl, sie prüfe ihn, wäge ab, ob sie sagen konnte, was sie sagen wollte. Unwillkürlich hoffte er, die Musterung würde zu ihrer Zufriedenheit ausfallen. »Ich meine«, sagte sie, »bedauert Ihr den Fall des acacischen Reiches? Ihr habt Euch gegen Euer eigenes Volk gewandt, Rialus.«
    »Dafür hatte ich Gründe«, verteidigte er sich. »Ihr könnt Euch nicht vorstellen, was...«
    Corinn brachte ihn zum Schweigen, indem sie mit den Fingerspitzen über seine Lippen streifte. »Seid nicht zu streng in Eurem Urteil. Ich weiß, Rialus, dass Ihr Euch zurückgesetzt gefühlt habt. Ich weiß, dass Ihr Euch mehr erträumt hattet, als im Ödland des Mein zu leben. Aber glaubt mir, Ihr tut meinem Vater unrecht. Wisst Ihr, dass er in meiner Gegenwart einmal von Euch gesprochen hat? Einer Eurer Briefe hatte ihn betrübt. Er sagte, Rialus Neptos sei ein guter Mann. Der Rat hat Euch nach Cathgergen verbannt, nicht mein Vater. Er meinte, er müsse den Rat dazu bewegen, Euch von Eurem Posten zu entbinden und Euch eine würdige Stellung in Alecia zu verschaffen. Das hätte er auch getan, Botschafter, doch Ihr habt ihm nicht genug Zeit gelassen.«
    Rialus wusste nicht, was er sagen sollte, doch es gelang ihm, den

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