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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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nicht recht, wie er sich verhalten sollte, doch dann sah Aliver ihn an. Der Prinz streckte die Hand aus und zog den alten Kanzler in die Umarmung hinein. Dariel – inzwischen ein Mann, obgleich das Kind in der Form der Augen noch zu sehen war – begrüßte ihn mit einem traurigen Lächeln. Es gelang Thaddeus, eine Begrüßung für den jungen Prinzen zu flüstern, dann brach seine Stimme vor Rührung.
    In den darauffolgenden Tagen machten die Brüder sich wieder miteinander vertraut. Trotz der täglichen Routine verbrachten sie viel gemeinsame Zeit, berührten einander an den Ellenbogen, nahmen zusammen an Beratungen teil, fällten gemeinsam Entscheidungen, holten die durch die Trennung verlorenen Jahre im geschäftigen Alltag nach. Thaddeus hatte sich zuvor oft gefragt, ob es wohl Spannungen zwischen ihnen geben werde. Würden sie einander fremd sein? Würden sie sich gegenseitig taxieren, zwei junge Männer, von denen einer vielleicht schon bald König werden würde? Würde die jahrelange Trennung die Beziehung zwischen ihnen so beeinträchtigt haben, dass sie schwer wiederherzustellen wäre? Doch Thaddeus bemerkte nichts dergleichen. Obwohl sie vieles nachzuholen hatten, herrschte zwischen ihnen keinerlei Befangenheit. Vielleicht hatte Leodan sie in jenen frühen Jahren dazu angehalten, bessere Geschwister zu sein als die meisten anderen.
    Als Thaddeus eines Abends vor dem Eingang von Alivers Zelt stand, konnte er nicht umhin, ihre Unterhaltung mit anzuhören. Das war nicht seine Absicht gewesen, und gewiss hatte er nichts Böses im Sinn, doch als er Alivers leise Stimme vernahm, verharrte er unwillkürlich. Die Stimme des Prinzen klang irgendwie anders als sonst. Er sprach mit unverstellter Offenheit und größtem Ernst. Es war die Stimme eines Mannes, der sich mit seinem Bruder austauschte, mit einem der wenigen Menschen auf der Welt, vor denen er nichts zu verheimlichen brauchte.
    Aliver sprach davon, wie schwer es ihm gefallen sei, mit der talayischen Kultur zurechtzukommen. Das sei eine überwältigende Erfahrung gewesen. Zu Anfang habe er sich seiner hellen Hautfarbe, seines glatten Haars und seiner schmalen Lippen geschämt. Eine Zeitlang habe er sich den Kopf rasiert, zu lange in der Sonne gebraten und in Gegenwart junger Frauen die Lippen geschürzt, damit sie voller wirkten. Zum Glück sei das alles Jahre her. Mit der Zeit habe er sich in seiner Haut immer mehr zu Hause gefühlt. Jetzt wisse er, wer er sei, wisse, was er zu tun habe, und erkenne in Dariel seine eigene Familie wieder. Das sei ein wundervolles Geschenk. Lachend sagte er: »Und deshalb bin ich dir dankbar, dass du bis jetzt überlebt hast. Bitte mach weiter so.«
    Auch Dariel vertraute sich Aliver an und berichtete, wie sonderbar verloren er sich zunächst unter den Seeräubern gefühlt habe. Obwohl ständig Menschen um ihn herum gewesen seien und ein Abenteuer aufs andere folgte, sei er dennoch einsam gewesen. Er habe sie alle geliebt, besonders Val. Dieser Hüne von einem Mann sei wie ein Vater zu ihm gewesen. Er habe für Dariel sein Leben gegeben, in mehr als einer Hinsicht. So etwas könne niemals zurückgezahlt werden. »Ich habe keine Ahnung, was ich getan habe, um das zu verdienen. Wahrscheinlich geht das gar nicht.«
    »Val musste sein Leben leben, nicht wahr?«, erwiderte Aliver. »Vielleicht war das, was er getan hat, seine Art, ein ehrenvolles, sinnvolles Leben zu führen. Ich denke oft, die Menschen, die aus ihrem Leben am meisten machen, fürchten sich vor allem davor, das Vertrauen derer zu enttäuschen, die sie lieben. Das macht natürlich auch unsere Leben schwerer. Du und ich, wir müssen mehr zustande bringen, als wir sonst geschafft hätten. Wir sind Glieder einer Kette, nicht wahr?«
    Als er das hörte, war Thaddeus überzeugt, dass der Prinz bis zu einem gewissen Grad auch von ihm sprach. Das machte ihn verlegen, außerdem war ihm klar, dass er den Akaran-Kindern, ganz gleich, was er für sie tat, niemals so nahestehen würde wie sie einander. Er liebte sie von ganzem Herzen, und die Innigkeit dieser Liebe war mit den Jahren immer mehr gewachsen. Es war beinahe so, als wären Leodans Gefühle auf ihn übergegangen und hätten die große Leere ausgefüllt, die nach dem Tod seiner Frau und seines Sohnes zurückgeblieben war. Er war Vater und Onkel, Trauernder und Büßer alter Verbrechen, alles zugleich; und das war nur schwer zu ertragen. Eine gerechte Strafe, wie er fand.
    Da der jüngere Akaran-Erbe auf den neuesten

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