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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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Überwindung ab, dem Mann ins Gesicht zu blicken, der für die vielen Toten verantwortlich war. Interessiert beugte er sich leicht vor und hieß die Soldaten mit erhobener Hand schweigen. »Und wenn ich sterbe?«
    »Das wäre mir natürlich sehr recht«, sagte Maeander. »Euer Tod würde eine ganz ähnliche Wirkung haben. Zorn! Wut! Ihr würdet als Held dastehen, der sich für sein Land geopfert hat. Bisweilen weckt ein Märtyrer eigentümliche Formen der Verehrung...«
    »Ihr wisst Eure Worte geschickt zu wählen«, meinte Aliver, »doch das Gleiche könnte man auch von Euch sagen. Im Falle eines Sieges würdet Ihr als Held dastehen. Also wäre der Zweikampf nicht ganz folgenlos?«
    »Nein, keineswegs. Ich werde gefürchtet, aber nicht geliebt. Ich bin mächtig, aber nicht der oberste Häuptling, wie Euer Bruder ganz richtig gesagt hat. Nein, Ihr hättet durch meinen Tod mehr zu gewinnen als ich durch den Euren.«
    »Weshalb macht Ihr dann diesen Vorschlag?«
    »Weil er ein Narr ist«, sagte Dariel.
    Maeanders Lächeln verflog und machte einer ernsten Miene Platz. »Er hat recht. Haltet mich ruhig für einen Narren, Aliver. Aber kämpft gegen mich. Ich fordere Euch nach altem Brauch, wie er noch vor Tinhadins Zeiten Gültigkeit hatte, zum Zweikampf. Als Ehrenmann bleibt Euch keine andere Wahl, als darauf einzugehen. Anders als Euer Bruder wisst Ihr das auch.«
    Bei der darauf folgenden Beratung versuchte Dariel, Aliver zur Vernunft zu bringen. Er wiederholte, dass es seiner Ansicht nach Wahnsinn sei, sich auf einen Zweikampf einzulassen. Das sei ein Trick, eine allerletzte List. Daraus könne nichts Gutes entstehen. Aliver solle Maeanders Angebot ablehnen, ihn festnehmen oder auf der Stelle töten. Dieser Mann habe die Immunität des Unterhändlers nicht verdient. Dariel wiederholte diese Argumente mehrmals, und es ärgerte ihn immer mehr, dass Aliver ihn gleichmütig anhörte, ohne sich umstimmen zu lassen. Von dem Moment an, da sie sich im Zelt versammelt hatten, war klar gewesen, dass er seine Entscheidung bereits getroffen hatte. Im Gegensatz zu den anderen, die an der Beratung teilnahmen, war er stehen geblieben. Er streckte die Glieder, ging umher, hielt seinen Körper geschmeidig.
    Mit ruhiger, gemessener Stimme und leichtem Talay-Akzent fragte Kelis: »Von welchem alten Brauch hat Maeander da eigentlich gesprochen?«
    Aliver erklärte ihm, es handele sich um den ungeschriebenen Verhaltenskodex einer fernen Vergangenheit, als die Bekannte Welt noch in selbstständige Stämme unterteilt gewesen sei. Jeder einzelne Stamm habe seine eigenen Gebräuche gehabt, die sich noch stärker unterschieden hätten als heute. Im Umgang miteinander aber hätten sie Verhaltensregeln befolgt, die für alle verständlich gewesen seien. Er zählte mehrere dieser Regeln auf und hätte damit fortgefahren, wenn Leeka Alain ihn nicht unterbrochen hätte.
    »Einige der alten Gebräuche sind zu recht in Vergessenheit geraten«, sagte der General, »aber Maeander, dieser Dreckskerl, hat sich auf ein bekanntes Beispiel berufen. Damals haben sich die Könige auf dem Schlachtfeld getroffen und versucht, die Streitigkeiten beizulegen, ehe sie ihre Armeen aufs Spiel gesetzt haben. Bisweilen haben sie auch bis zum Tod miteinander gekämpft. Die Erste Figur – Edifus zu Carni – geht auf einen solchen Zweikampf zurück.«
    »Und Tinhadin hat diese Regeln abgeschafft, nicht wahr?«
    Leeka seufzte und zögerte einen Moment mit der Antwort.
    »Zu unserer dauerhaften Schande. Er hat alle Gesetze umgeschrieben, nicht nur diese Bräuche. Er hat sich die ganze Bekannte Welt untertan gemacht, und vieles ging dabei verloren.«
    Melio Sharatt, der tags zuvor die Vumu-Krieger befehligt hatte, saß neben Mena. Er war es gewesen, der sie im Schwertkampf unterrichtet hatte. Er hatte auch dazu beigetragen, sie alle vor den Antoks zu retten, weshalb niemand Einwände erhoben hatte, als Mena ihn zur Beratung hinzugezogen hatte. Aliver, der sich noch gut an ihn erinnerte, hatte am Vorabend bemerkt, sein Erscheinen sei ein wahres Glück für sie alle. Melio fragte nun, ob es auch vorgekommen sei, dass jemand anderes an des Königs statt gekämpft habe?
    Bevor jemand darauf antworten konnte, ergriff Aliver entschieden, aber mit einem Lächeln das Wort: »Niemand wird an meiner statt kämpfen. Auch du nicht, Kelis – ich sehe dir an, was du denkst. Und du ebenfalls nicht, Melio. Hältst du dich immer noch für den Besseren – wie damals, als wir Knaben

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