Acacia 02 - Die fernen Lande
und alles darin erheiternd zu finden – Beleidigungen genauso wie Lob. »Der Schmied war stark. Das muss ich ihm lassen. Nicht seine Arme, obwohl die wirklich respekteinflößend waren. Als ich ihn zur Rede gestellt habe, dachte ich einen Augenblick, er hätte mich. Habt Ihr jemals gedacht, Ihr würdet gleich auf einem rotglühenden Schwert aufgespießt werden, das gerade aus den Flammen gezogen wurde? Kein sonderlich schöner …«
»Komm zur Sache, Delivegu. Komm zur Sache.«
»Ja, nun gut, ich lebe noch, wie Ihr seht. Und ich habe den Grobian fast totgeschlagen und ihn dann verhört.«
»Mit welcher Methode?«
Delivegu legte den Kopf ein wenig schräg und gab sich betont zurückhaltend, doch als sie weiterbohrte, wartete er bereitwillig mit Einzelheiten auf. Die Prügel zu Beginn war heftig gewesen, und für die Befragung hatte er Methoden gewählt, die dazu gedacht waren, den Geist ebenso zu bezwingen wie den Körper. Er hatte mit freundlichen Fragen angefangen. Warum, hatte er gefragt, stand der Name des Schmieds auf einer Nachricht, die ein Marah bei einer nächtlichen Patrouille vom Himmel geschossen hatte? Der Mann hatte gesehen, wie in der Unterstadt ein Botenvogel losgeschickt worden war, und richtig vermutet, dass er eine geheime Nachricht trug. Als das Schreiben vom Bein des Vogels abgenommen worden war, konnte man nur ein Wort darin ausmachen: den Namen des Schmieds. Der Rest war verschlüsseltes Kauderwelsch.
Der Schmied hatte die Lippen zusammengepresst, hatte seinen ganzen Abscheu in seinen Blick gelegt und sich geweigert zu antworten.
»Er mochte mich nicht besonders«, meinte Delivegu und strich sich mit den Fingern durch die schwarzen Haare.
Ein Affe kam die Stufen heraufgehüpft und schien überrascht, hier auf Menschen zu stoßen. Das Tier schnalzte eine Begrüßung und schlenderte an ihnen vorbei; er sah fast wie ein Adliger aus, der einen Abendspaziergang machte. Ein paar Schritte hinter ihnen machte er halt und kratzte sich ausgiebig das Hinterteil.
Die Zwangsmaßnahmen hatten verschärft werden müssen. Delivegu hatte die Hände des Schmieds in einem Schraubstock zerquetscht und ihm Nägel durch die Fingerknochen getrieben. Er hatte seinen Kopf in einen Wassereimer getaucht, bis er bewusstlos geworden war, hatte ihn dann wiederbelebt und die Prozedur unzählige Male wiederholt. Er hatte den muskelbepackten Mann nackt ausgezogen, ihm mit einer Kerze sämtliche Körperhaare abgesengt und ihn dabei die ganze Zeit mit heißem Wachs beträufelt. »Das war amüsant«, sagte Delivegu, »aber nicht sonderlich wirksam. Nichts hat gewirkt. Ich habe sogar ein Gewicht an seine Männlichkeit gehängt und ihm versprochen, einen kleinen Schnitt zu machen, wenn er nicht die Wahrheit sagt.«
Corinn ließ sich keinerlei Unbehagen anmerken. »Und?«
»Und … ich erbitte Eure königliche Vergebung, aber er hat immer noch nicht geredet. Ich habe mein Versprechen gehalten, und das war’s dann. Nicht lange danach ist er gestorben. Wer hätte das nicht getan? Ohne Schwanz ist die Welt ein armseliger Ort.« Er hielt inne und sah Corinn an.
Sie war sich nicht sicher, ob die Erheiterung in seinen Augen daher rührte, dass er so drastisch und offenherzig mit ihr sprach, oder weil ihm die Erkenntnis gekommen war, dass sie als Frau genauso schwanzlos war wie der Schmied.
»Wenn er Angehörige gehabt hätte, so hätte ich die benutzen können, aber er war ledig, hatte zwar viele Freunde, von denen mir aber keiner in dieser Hinsicht zweckdienlich …«
»Dann hast du also nichts erfahren«, stellte Corinn fest.
»Das würde ich nicht behaupten. Ganz im Gegenteil, ich habe sogar etwas sehr Wichtiges in Erfahrung gebracht.«
Corinn fuhr zu ihm herum, als wolle sie mit einem Stein nach ihm werfen. »Dann sag es mir, bevor ich wütend werde.« Ganz kurz kam ihr die Idee, dass sie etwas Widerliches herbeisingen könnte, etwas, mit dem sie ihn auf der Stelle auslöschen könnte. Er schien diese Möglichkeit ebenfalls zu spüren.
Delivegu verbeugte sich, trat einen Schritt zurück, und der vergnügte Unterton verschwand aus seiner Stimme. »Am Anfang hat er geleugnet, etwas von einer Verschwörung zu wissen. Am Ende hat er allerdings nicht mehr geleugnet, dass es eine Verschwörung gibt, er hat sich nur noch geweigert, mir irgendetwas darüber zu erzählen. Tatsächlich hat er Vergnügen daran gefunden, mir seine Verweigerung ins Gesicht zu spucken. Worauf ich hinauswill, Euer Majestät, ist dies: Er hat
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