Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
Vom Netzwerk:
wurde. Von dort aus breitete sich seine Masse aus, Brustmuskeln wölbten sich unter seiner grauen Haut, die Schultergelenke wie zwei runde Felsblöcke, der Hals so dick wie der eines Keilers. Und ein Keiler war er. Ein Schwein in beinahe menschlicher Gestalt.
    Er kam auf Dariel zu, der vor ihm zurückwich und gegen den Riemen ankämpfte, der ihn festhielt, während er gleichzeitig um sich trat, doch er schaffte es weder, den Mann zu treffen, noch genug Halt finden, um sich auf dem glatten Stein fortzubewegen. Der Mann strich sich mit seiner keilförmigen Hand die welligen schwarzen Haare aus dem Gesicht. Er hatte noch immer Hauer und war noch genauso entsetzlich, wie Dariel ihn in Erinnerung hatte. Die goldenen, geschwungenen Zähne durchbohrten direkt unter den Mundwinkeln glatt seine Wangen. »Oh, du bist wach. Gut! Hab schon gedacht, du bist vor Angst gestorben.« Darauf folgte der gleiche tiefe Rumpellaut. Es dauerte einen Augenblick, bis Dariel das Geräusch einordnen konnte: Es war ein leises Lachen. »Du hast braune Haut«, sagte der Mann mit seiner tiefen Stimme, »aber jetzt siehst du ziemlich weiß aus. Was ist – glaubst du, ich will dich fressen?« Er streckte einen Arm aus und tippte Dariel mit dem Ballen eines großen Daumens auf die Wange. »Die Wahrheit ist, ich mag dich lieber, als du im Augenblick weißt.«
    Aus dem Munde dieses Mannes Acacisch zu hören, war gleichermaßen angenehm wie beunruhigend. Seine Betonung war fremdartig. Zwar sprach er die Worte klar und deutlich aus, doch sein Tonfall gehörte zu keiner Region der Bekannten Welt. Dennoch konnte Dariel nicht verhindern, dass in ihm ein bisschen Hoffnung aufkeimte. Sie sprachen dieselbe Sprache. Das war etwas, woran er sich klammern konnte.
    Der Mann trat ein paar Schritte zurück und zog seinen Schemel näher heran. Er setzte sich und betrachtete Dariel, die Ellbogen auf die Knie gestützt und die Finger ineinander verschränkt. »Nenne Tunnel. Hast du gehört? Tun-nel.«
    Gerade als Dariel dabei war, die Überraschung zu verwinden, dass der Mann Acacisch mit ihm sprach, wurde er erneut in Verwirrung gestürzt. Einen Tunnel nennen? Was für einen Tunnel? Das konnte nicht das sein, was der Mann gesagt hatte. »Was?«
    Der Mann klatschte die Handfläche gegen seinen Brustmuskel. »Tunnel. Nenne Tunnel.« Er bleckte die Zähne, anscheinend erfreut. »Tunnel.«
    »Du meinst, du heißt Tunnel?«, stotterte Dariel.
    »Er spricht richtige Worte! Gut zu hören!«
    Dariel schüttelte den Kopf. Er schloss die Augen, öffnete sie wieder und stellte fest, dass alles immer noch genauso war wie einen Moment zuvor. Tunnel grinste ihn an; das war es, was dieses wilde Zähneblecken tatsächlich war: ein Grinsen. Der Mann lächelte. Er hatte goldene Hauer und drahtige Barthaare, graue Haut und Muskeln, die einen Bullen beschämt hätten. Sein Name war Tunnel. Alles wirklich ganz einfach. Weshalb tat er so verwirrt?
    Mit aller gespielten Ruhe, die er aufbringen konnte, sagte er: »Hallo Tunnel. Sehr erfreut, deine Bekanntschaft zu machen. Da du mich nicht fressen willst, könntest du vielleicht in Erwägung ziehen, diese Ketten loszumachen?«
    Das erheiterte den Riesen ungemein. »Hör dir das an. Wie hübsch du sprichst! Ich habe ihr gesagt, wir sollten deine Zunge in deinem Mund lassen. Gut, dass wir es getan haben.«
    Dariel runzelte die Stirn. »Da würde ich dir nicht widersprechen.«
    »Nein, das würdest du nicht. Du wirst gewiss meiner Meinung sein. Ist am besten so.« Er zog seinen Schemel noch ein bisschen näher. »Sag mir, du wirklich ein Prinz? Ein echter Akaran?«
    Hätte er irgendeinen Anhaltspunkt gehabt, so hätte Dariel die Vor- und Nachteile einer Antwort auf diese Frage sorgfältig gegeneinander abgewogen. Doch er hatte keine Ahnung, was geschehen war oder was gerade geschah, wo er war oder in wessen Gewalt er sich befand. Ohne irgendetwas, das seine Antwort hätte formen können, zuckte er die Schultern und entschied sich für die Wahrheit. »Ja.«
    »Und wie heißt du?«
    »Ich bin Dariel Akaran, der Sohn von Leodan und Aleera Akaran.« Während er die Namen aussprach, spürte Dariel, wie eine Woge der Entrüstung in ihm aufstieg. »In Leodans Namen verlange ich, dass du mir sofort diese Ketten abnimmst! Ich bin ein Prinz von Acacia! Du darfst mich nicht …«
    »Dariel«, sagte der Mann und rollte dabei den Namen im Mund herum. »Dariel Akaran. Der Sohn von Leodan und Aleera. Ich kenne die Namen, weißt du? Wir alle kennen diese

Weitere Kostenlose Bücher