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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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diesem fremdartigen Mann wirklich stellen? Was war er überhaupt für ein Geschöpf?
    Dariel machte die Augen wieder auf. Tunnel beobachtete ihn. Zum ersten Mal bemerkte Dariel, welche Farbe die Augen des anderen Mannes hatten. Braun. Einfach nur braun. Er fragte: »Du glaubst, dass ich … dass ich Rhuin Fá bin?«
    »Könnte sein, dass du es bist. Aber ich sag dir was. Es spielt keine Rolle, was ich glaube.« Er nickte in Richtung der Tür, von wo man das Geräusch eines Schlüssels hörte, der im Schloss gedreht wurde. »Sie wird schwer zu überzeugen sein.« Tunnel stand auf, doch dann verharrte er und drehte sich noch einmal um. »Kennst du Senival?«
    »Ja.«
    Tunnel musterte ihn einen Moment lang; er blickte Dariel an, doch er sah etwas anderes. »Ich …« Er deutete mit einem kräftigen Finger auf seine Brust. »Ich bin Senivale. Verstehst du?«
    Dariel verstand. Er nickte. Die Tür öffnete sich langsam. Aus irgendeinem Grund schien es wichtig, dass derjenige, der gleich hereinkommen würde – wer auch immer es sein mochte –, sah, dass er sich bereits gut mit dem Riesen verstand. »Tunnel, wie bist du zu deinem Namen gekommen? Ist es einfach nur ein Name, oder ist es Tunnel wie in … äh … Tunnel. Du weißt schon …«
    »Ich mag Tunnel«, sagte Tunnel, » schon immer. Seit ich klitzeklein war. Ich gehe gern durch, verstehst du? Besser als drüberzugehen. Für mich ist das so.« Es sah aus, als hätte er noch mehr zu sagen, doch er schüttelte die Worte ab, ließ seine Zähne wieder in jenem entsetzlichen Lächeln aufblitzen und verließ den Raum.
    Seit er klitzeklein war? Dariel fand es schwierig, sich das vorzustellen. Wie hatte der klitzekleine Tunnel ausgesehen? War er grau gewesen? Mit winzigen Hauern?
    Allein mit seinen Ketten schürte Dariel die Glut in seinem Innern zu feuriger Lohe. Beim Schöpfer, was hatte das alles zu bedeuten? Der Verrat der Gilde, die Ermordung der Lothan Aklun, als Gefangener zu den Auldek gebracht zu werden, zusehen zu müssen, wie Sire Neen geköpft wurde, von einem Mann mit Hauern namens Tunnel weggeschleppt und eingesperrt zu werden – jedes dieser Geschehnisse war eine Kohle für sich, die brannte, wo sie ihn berührte. Dass das alles verwirrend und unerklärt war, machte ihn nur noch wütender. Wenn er dieser Mór begegnete, würde er ihr ganz kühl ins Gesicht spucken und sie wissen lassen, was für ein Fehler es war, ihn so zu behandeln. Er würde sehr langsam seinen Namen nennen, so dass sie ihn hören und sich darüber klar werden würde, wer er war, und dann begreifen würde, dass diese Ketten nichts daran änderten, wer er war, oder den Zorn verringerten, den er ihr entgegenschleudern konnte.
    Einige Zeit später schreckte er aus Tagträumen auf und bemerkte, dass zwei Personen den Raum betreten hatten. Dariel atmete langsam und gleichmäßig aus. Er würde einen starken Eindruck machen. Er würde kraftvoll, furchtlos und zuversichtlich sein. Er würde seine Fragen stellen und es zuwege bringen, dass man ihm seine Unwissenheit nicht anmerkte – nicht so, wie es bei Tunnel gewesen war. All dies sagte er sich immer wieder vor, zuversichtlich, dass er bereits besser vorbereitet war als noch vor ein paar Minuten. Er würde Mór mit ihrem Namen begrüßen. Entschlossen wandte er den Kopf und sah die beiden Neuankömmlinge an.
    Der eine war die weißhaarige Frau, die er vorhin ganz kurz gesehen hatte. Sie trug eine locker sitzende Hose und ein ähnlich geschnittenes Hemd, beides in einem himmelblauen Farbton, der zu dem Lidschatten über ihren Augen und dem fremdartigen Schopf aus – nun ja, vermutlich Haaren passte, der sich von ihrer Stirn nach hinten zog, als stürze sie mit großer Geschwindigkeit durch die Luft. Die Haut ihres Gesichts war so weiß wie eine Eierschale, und ihre Nase war ein wenig verlängert und lief in einer dünnen Spitze aus, die beinahe gefährlich aussah.
    Die andere Person war ebenso auffällig. Vielleicht sogar noch mehr, denn sie war viel spärlicher bekleidet, mit einem straff sitzenden Wickel um die Brust und einem zweiten um die Hüften. Von den Oberschenkeln aufwärts war sie mit einem gefleckten Leopardenmuster bedeckt. Eine Katze in menschlicher Gestalt, die auf zwei sehnigen Beinen auf ihn zuschritt, so geschmeidig und schlank wie eben jenes Tier, und genauso grazil und kraftvoll.
    Dariel hatte nicht gewusst, wie er sich denjenigen, der ihn gefangen genommen hatte, vorstellen sollte, das hier jedoch hätte er niemals

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