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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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der anderen Seite in Sicht kam. Denn sie hatte etwas gesehen, Gestalten, wo sie gehofft hatte, dass dort keine sein würden. Vorsichtig schob sie sich ein paar Zoll vorwärts, spähte über den Grat und sah genau das, was sie befürchtet hatte.
    Ein breiter Keil aus Menschen kroch über die Hügel, Hunderte von weit nach Osten und Westen ausschwärmenden Menschen. Viele trugen Fackeln, die Wolken aus langsam aufsteigenden Rauch in die Luft spuckten. Von hier aus waren sie das Hauptmerkmal der Welt, eine Verschandelung. Und sie waren auch, wie sie wusste, ihre Leute. Unweit des Zentrums der vordersten Reihen hing schlaff ein Banner von einer langen Fahnenstange. An den Farben erkannte sie, dass es das Hoheitszeichen von Acacia war, dasselbe, das sie vor vielen Jahren auf Kidnaban gesehen hatte. Wie damals, verspürte sie bei diesem Anblick Angst. Sie kroch zurück.
    Als sie Elya erreichte, hätte sie beinahe gesagt: »Lass uns fortgehen.« Ein Teil von ihr wollte fliehen und wusste, dass Elya mit ihr gehen würde. Doch sie sprach die Worte nicht aus. Stattdessen tätschelte sie der Kreatur den Hals, kraulte sie unter dem Kinn und strich ihr mit der Handfläche über die Nüstern. »Ich darf nicht weglaufen. Das ist ihnen gegenüber nicht fair. Und es löst das Problem auch nicht, es schiebt es nur auf. Diese Leute gehören zu mir, Elya. Sie lieben mich. Verstehst du? Deshalb sind sie hier.« Sie nahm den Kopf der Kreatur in ihre Hände. »Elya, du kannst mich verlassen. Warum gehst du nicht fort? Lauf. Oder flieg, wenn du kannst. Ich werde ihnen befehlen, dich nicht mehr zu jagen. Niemand wird dich jagen. Das verspreche ich dir.«
    In dem Augenblick, als sie das sagte, wusste sie, dass es eine Lüge war. Selbst wenn sie die von den Akarans geführten Jagdtrupps aufhalten konnte, sie würde niemals in der Lage sein, alle anderen aufzuhalten – Stammeskrieger, Trophäenjäger, jeder Schurke, der versuchen würde, Gewinn daraus zu schlagen, dass er das letzte Übelding getötet hatte. Und wenn sich herumsprach, dass Elya harmlos war, würde es nur noch schlimmer werden. Trotzdem sagte Mena: »Du solltest einfach weggehen.« Sie glaubte es nicht, aber sie hatte das Gefühl, dass sie es sagen musste. Sie musste es Elya anbieten, musste ihr klarmachen, dass sie frei war und über ihr Schicksal selbst entscheiden konnte.
    Elya schob ihren Kopf näher heran, senkte ihn nach vorn und berührte mit den weichen Federn ihres Scheitels Menas Stirn. Das war ihre Antwort.
    »Du solltest einfach fortgehen.«
    Die Kreatur stupste Menas Kopf mehrmals mit dem ihren an. Das war wieder ihre Antwort.
    Erleichterung durchflutete Mena, erfüllte sie von Kopf bis Fuß mit Wärme, selbst als die Sorge sich wie ein eisernes Band um ihre Brust legte und ihr den Atem zu rauben schien. »Na schön, Liebes«, sagte sie. »Dann wollen wir dich mal der Welt vorstellen. Und sie mächtig beeindrucken.«
    Es gab eine Möglichkeit, so hoffte sie, sich und Elya so zu präsentieren, dass ihre tapferen Soldaten einen Moment lang verblüfft zögern würden, genau den Moment, den sie brauchte. Deshalb ritt sie ihnen auf Elyas Rücken entgegen, die Oberschenkel fest angedrückt und die Arme um Elyas Hals geschlungen. Eine Weile kümmerte sie sich nicht darum, wohin sie ging, ließ ihr Reittier die Richtung bestimmen. Sie drückte ihr Gesicht in das Gefieder und genoss das Gefühl ebenso sehr wie jede intime Vertrautheit, die sie bisher erlebt hatte. Als sie jedoch ein Zittern in den Muskeln der Kreatur spürte, richtete sie sich auf, damit die Augen aller, denen sie entgegeneilten, sie sehen konnten. Elya schritt weiter auf die Soldaten zu, auch als diese eine Verteidigungsformation einnahmen und nach ihren Waffen griffen. Sie wurde nicht langsamer, bis sie sie beinahe erreicht hatte.
    Es war schwer zu sagen, ob die meisten Männer des Trupps nur die Kreatur sahen, oder ob sie auch Mena erblickten. Mena rief ihren Namen, befahl ihnen, die Waffen zu senken, doch in den Reihen der Krieger breitete sich eine solche Verwirrung aus, dass sie fürchtete, sie würden sie nicht hören. Sie entdeckte Melio, ihre Blicke begegneten sich, und sie sah die verzweifelte Anspannung in seinem Gesicht. Er hätte nicht verblüffter aussehen können. Dennoch rief er den Bogenschützen zu, sich bereit zu halten. Elya gefiel das ganz und gar nicht.
    So schnell, dass Mena vor Überraschung nur noch nach Luft schnappen konnte, richtete Elya sich auf den Hinterbeinen auf. Sie

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