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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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erfahren? Gewiss war die Ambra längst mit der Nachricht von dem Verrat in See gestochen. Er besaß nicht Corinns Begabung für politische Ringkämpfe, daher wusste er nicht, wie sie reagieren würde. Eine kleine Gruppe entsenden, um mit den Auldek zu verhandeln? Oder eine Armee, bereit zur Invasion? Was würden die Gildenmänner ihr erzählen? Selbst wenn sie die Wahrheit sagten, wusste die Gilde nicht, was mit ihm passiert war. Außerdem hatten sie allen Grund, mit irgendeiner phantastischen Version der Geschichte aufzuwarten, die ihren eigenen Absichten diente – wie auch immer diese aussehen mochten. Obwohl Dariel über all das so lange nachgrübelte, dass seine Gedanken sich förmlich verknoteten, konnte er sich nicht vorstellen, was auf der anderen Seite der Welt geschah. Wenn er daran dachte, dass man Mena oder Wren erzählen würde, er sei tot, erfüllte ihn dieser Gedanke mit Schmerz und Wut.
    Mór war ein zweites Mal gekommen. Stocksteif, vollkommen beherrscht, betrat sie den Raum mit sehr überlegten Schritten. Tunnel blieb in seiner Nähe; er wirkte beinahe wie ein Beschützer, falls Mór noch einmal auf ihn losgehen sollte. Sie sagte etwas auf Auldek zu ihm. Der große Mann antwortete achselzuckend in derselben Sprache und fügte am Schluss etwas hinzu, das ein Witz gewesen sein musste, denn er grinste bei seinen eigenen Worten.
    Mór verriet durch nichts, dass sie über so etwas wie Humor verfügte. Resolut zog sie sich einen Hocker heran, ließ sich vor Dariel nieder und starrte ihn unverwandt an. Sie wechselte zu Acacisch. »Wenn ich das allein zu entscheiden hätte, würde ich dich an die Schneelöwen verfüttern.«
    »Ist das eine Option?«, fragte Dariel. »Gibt es hier Löwen? Ich sage nicht, dass ich gefressen werden will, aber möglicherweise würden die Löwen mich besser behandeln als …«
    Er zuckte zusammen, als Mór die Hand nach ihm ausstreckte. Doch sie legte sie ihm nur auf den Mund und sagte: »Halt den Mund, und lass mich sagen, was ich sagen muss. Danach gehe ich, und du kannst weiter in deiner Unwissenheit vor dich hin plappern. Tunnel wird dir zuhören, nicht wahr?«
    »Er plappert gut«, meinte Tunnel und zupfte an einem seiner Hauer.
    »Du darfst mir jetzt überhaupt nichts erzählen«, sagte Mór. »Lass mich dir ein paar Dinge sagen. Wirst du still sein?«
    Dariel nickte widerstrebend. Er würde sich lieber anhören, was sie zu sagen hatte, als sie dazu zu bringen, sich abermals wütend abzuwenden.
    »Gut.« Sie nahm die Hand von seinem Mund. »Ich gehe davon aus, dass du nichts weißt. Also lass uns damit anfangen, damit wir nichts verpassen. Du befindest dich in Ushen Brae, jenem Teil der Welt, den ihr die Anderen Lande nennt. Wir sind in den Tunneln unter der Stadt Avina. Ich weiß immer noch nicht ganz genau, was passiert ist, als deine Begleiter auf die Auldek getroffen sind, aber ich kann dir sagen, dass deine Leute getötet wurden. Ein paar sind zu den Booten der Gilde zurückgeflohen, aber nicht viele. Du bist der Einzige, den wir geschnappt haben. Und wer sind wir? Wir sind nicht die Auldek. Ich bin Mór vom Freien Volk. Tunnel und Skylene kennst du schon. Wir gehören alle zum Volk. Das ›Volk‹ sind die, die du möglicherweise als Quote bezeichnest. Wir sind die Sklaven, die ihr hierhergeschickt habt. Viele von uns leben immer noch in Fesseln. Ein paar von uns lehnen sich gegen diese Fesseln auf.« Sie drückte sich die Hand gegen die Brust. »Wir sind diejenigen, die dagegen ankämpfen. Das Freie Volk. Du hältst diese Seite der Welt vielleicht einfach nur für einen Ort, wo man ungewollte Kinder loswird. Wir glauben das nicht. Nicht mehr. Ushen Brae ist die Welt. Hier erschaffen wir die Zukunft.«
    »Moment.« Dariel versuchte, mit den Händen zu gestikulieren, doch da sie gefesselt waren, zuckte er stattdessen nur entschuldigend die Schultern. »Warte. Ich höre gleich auf, dich zu unterbrechen, wirklich. Du sollst nur wissen, dass ich nicht dein Feind bin. Ich bin ein Akaran, ja, und … du bist ein Quotenkind. Ich weiß, dass das ein schreckliches Verbrechen meiner Familie ist, aber ich habe nicht damit angefangen. Wenn überhaupt, dann habe ich gehofft, dem ein Ende machen zu können. Deshalb bin ich hergekommen – um zu helfen.« Damit der letzte Satz nicht zu demütig klang, reckte er das Kinn, ehe er hinzufügte: »Du tust mir Unrecht, indem du mich hier fesselst.«
    Sobald er wieder schwieg, fuhr Mór fort, als hätte er nichts gesagt. »Dariel

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