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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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ihn.‹ Als mir niemand gehorcht hat, habe ich es geschrien. ›Tötet ihn!‹, habe ich befohlen. Hast du gehört? Ich habe befohlen .«
    Er hatte schon ein ganze Weile auf seine Hände hinuntergestarrt, jetzt jedoch blickte er lange genug auf, um sich zu vergewissern, dass Skylene ihn richtig verstand. Die Feder der Schreiberin kratzte noch ein wenig länger und verstummte dann. Die Frau hob den Blick, um ihn anzusehen.
    »Und so«, fuhr er fort und knetete dabei seine Hände, »genau so, mit ein paar wenigen Worten, habe ich die Ehre verraten, die mein Bruder für die Welt dargestellt hatte. Dafür habe ich mich immer gehasst.«
    »Er war ein Anführer eurer Feinde«, meinte Skylene. »Du hast nur getan, was …«
    »Aliver hätte das niemals getan. Ehre ist Ehre. Sie ist nicht nur dann Ehre, wenn es einem passt. Er hatte sich mit den Bedingungen einverstanden erklärt, und ich auch.«
    »Ich weiß nicht, ob ich das alles richtig verstehe. Aliver hat doch bestimmt nicht geglaubt, dass der Krieg durch einen Zweikampf entschieden werden würde? Ganz egal, wie dieser Zweikampf ausgegangen wäre – der Krieg wäre weitergegangen, ja?«
    »Ja.«
    »Dann haben deine Taten nichts geändert, außer dass du einen der Anführer eurer Feinde getötet hast.«
    Fast hätte Dariel gelacht. Leider hatte er sich schon viele Male dasselbe gesagt. Auch andere hatten es zu ihm gesagt. Und es war ja auch tatsächlich etwas Wahres daran, aber es war eben auch wahr, dass er und Aliver glaubten, die Menschen würden zu ihrem Wort stehen – vor allem diejenigen, die andere anführten. Wer weiß? Vielleicht hatte Maeander auch so empfunden. Vielleicht hätte er mit dem Ergebnis des Duells leben können. Dariel würde es niemals wissen, denn er hatte seine Ehre verraten.
    Es war nicht einfach nur die Ironie daran, die ihn auflachen ließ. Es war etwas, das Skylene gesagt hatte – darüber, dass die Wahrheit viele Köpfe, aber nur einen Körper hatte. »Lass uns nicht darüber streiten. Sonst enden wir noch kopflos.«
    Ganz kurz runzelte sie verblüfft die Stirn, dann begriff sie. »Du lernst schnell, Dariel.«
    »Da würde dir zwar nicht jeder zustimmen, aber ich versuche es zumindest. Und sobald du anfängst, mir von Ushen Brae zu erzählen, bin ich ganz Ohr. Ist es schon so weit?«
    Skylene dachte einen Augenblick nach. »Das hat Mór zu entscheiden.«

32

    Als Rhrenna ihr die Nachricht zum ersten Mal brachte, winkte Corinn ab. Delivegu war nützlich gewesen. Vielleicht würde er auch wieder nützlich sein. Und er hatte eine körperliche Sinnlichkeit an sich, auf die ein Teil von ihr reagiert hatte – obwohl ihrer absichtlich aufrechterhaltenen kalten Fassade davon nichts anzumerken gewesen war. Doch das war gewesen, bevor Grae in ihr Leben getreten war und den anderen Mann so vollständig ersetzt hatte. Grae mit seinem kantigen adligen Kinn und all den auf legitime Weise anziehenden Möglichkeiten, die seine Heiratsabsichten boten, ein feiner Mann von edler Geburt, der seit seiner Ankunft im Palast jeden Tag bewiesen hatte, dass er von gleichem Stand war. Seither hatte Delivegu noch viel mehr wie ein begieriger Welpe gewirkt. Sie hatte aufgehört, seine Botschaften zu lesen. Rhrenna warf sie schon seit mehreren Wochen weg, ohne die Königin damit zu behelligen. Wenn er keine Ruhe gab, beschloss Corinn, musste sein Kläffen noch etwas nachdrücklicher zum Schweigen gebracht werden.
    Rhrenna brauchte die Königin nur anzusehen, um zu wissen, was sie dachte. Als Antwort sagte sie: »Ja, ich weiß. Aber Ihr solltet es trotzdem lesen. Ich will nicht die sein, die Euch diese Botschaft vorenthalten hat.«
    Zornige Fältchen bildeten sich in Corinns Augenwinkeln, eine der wenigen Stellen, wo die verstreichenden Jahre ihre Spuren hinterlassen hatten. Sie nahm die Nachricht und entfaltete sie. Sofort fiel ihr auf, dass sie für den Candovier kurz war.
    Euer Majestät, ich habe Euren Gegner ergriffen. Ich habe Barad den Geringeren in meiner Gewalt und werde ihn Euch in Kürze übergeben. Euer loyaler Diener, D.
    Sie ließ die Nachricht zu Boden fallen und blies Luft zwischen den Zähnen hindurch. Wie dreist von ihm! Sie hatte keinen Grund, eine solche Behauptung zu glauben. Was für ein Spiel spielte er da? Als sie das letzte Mal von Delivegu gehört hatte, hatte er sich in den Bordellen der Unterstadt herumgetrieben, hatte nach Geheimnissen gewühlt und getan, was auch immer ihm sonst noch Vergnügen bereitete. Barad der Geringere

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