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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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dagegen hatte sich dem Reich jahrelang entzogen und dabei kaum Spuren hinterlassen, eine Art Phantom, an dem sie alles in allem eher gezweifelt hätte, wäre nicht andauernd über ihn berichtet worden.
    »Delivegu ist ein Narr«, sagte Corinn.
    Rhrenna presste die dünnen Lippen zusammen und blieb eine Sekunde lang ernst, ehe sie laut auflachte. »Wir wissen doch beide, dass das nicht stimmt, Euer Majestät. Er ist vieles, aber gewiss nicht in erster Linie ein Narr.«
    »Dann glaubst du das hier also?«
    »Es spielt keine Rolle, ob ich es glaube. Ich bin geduldig genug, bis morgen früh zu warten.« Sie hielt einen weiteren zusammengefalteten Brief hoch, der dem ersten ähnelte. »Er hat auch mir einen Brief geschickt, seht Ihr? Eine persönliche Nachricht.« Sie zeigte beide Seiten des Briefs, als würde sie über etwas nachsinnen. Doch das tat sie nicht, was man am ironischen Funkeln ihrer Augen erkennen konnte. Achselzuckend warf sie die Nachricht auf den Tisch der Königin. »Aber was mir gehört, gehört selbstverständlich auch Euch. Lest ihn, wenn es Euch beliebt.«
    Sie ist genauso außer sich wie Mena über ihren Echsenvogel, dachte Corinn. So außer sich, wie ich es über meinen Verehrer bin …
    Sie schaute hinunter, griff aber nicht nach dem Brief. Wurde sie allmählich nachlässig? Es war erst ein paar Wochen her, dass Mena und Grae bei Hofe angekommen waren, doch schon jetzt vermutete sie, dass sie Dinge übersehen hatte, die sie früher nicht übersehen hätte. Sie hatte es versäumt, ein paar Kränkungen niederzuschreiben, hatte beschlossen, das eine oder andere misstrauische Gefühl nicht zu beachten, damit es ihre Stimmung nicht trübte. War das dumm? Oder war es an der Zeit, wieder ein bisschen Freude am Leben zu finden?
    Freude, dachte sie, ist vielleicht doch nicht die Schwäche, für die ich sie gehalten habe.
    Mit Grae zusammen zu sein, wärmte sie, und das wiederum führte dazu, dass sie sanfter herrschte. Sie stellte fest, dass sie ohne die beherrschte Maske mit ihm tändelte, die sie ansonsten immer trug. Dadurch, dass ihre Wachsamkeit nachgelassen hatte, hatte sich auch ihre Anspannung gelockert, die ihren Schädel so lange wie Eisenbänder umklammert hatte. Und das war doch nichts Schlechtes, oder? Einmal, als sie im obersten Hof des Denkmals für Edifus’ erste Wehrtürme auf einer Bank gesessen hatten, hatte Grae ihre Hand genommen. Er wusste wohl nicht, dass sein Bruder Igguldan einst hier voller Ehrfurcht vor den Alten auf die Knie gefallen war. Und sie erwähnte es auch nicht, denn Grae war immer weniger der Schatten seines Bruders, wurde von Tag zu Tag mehr zu einer eigenen Persönlichkeit. Es war gut, dass sie ihn so sah, denn er war ein guter König seines Volkes und mochte sogar ein tauglicher Monarch für die Bekannte Welt sein.
    Einmal, vor zwei Tagen, hatte sie sogar ein bisschen Zauberei in den Gärten losgelassen: Insekten einer Art, die noch nie zuvor gesehen worden waren. Ameisenähnliche Wesen mit großen, durchscheinenden Flügeln, die anscheinend nichts lieber taten, als über den Köpfen der entzückten Zuschauer hin und her zu flitzen. Fast schienen sie zu singen, als würde das Schlagen ihrer funkelnden Flügel in der Luft Musik erzeugen. Ihr war klar, dass sie das ebenso getan hatte, um Grae zu beeindrucken, wie um Aaden und seinen Freunden eine Freude zu machen, dieses eine Mal jedoch gestattete sie sich die Schwäche. Sie freute sich darauf, es wieder zu tun. Die Menschen sollten ihre Zauberei fürchten, doch sie sollten sie auch lieben.
    Sie hatte sogar ein Treffen mit Sire Nathos abgelehnt, der mit Baddel, dem Weinbauern, auf die Insel gekommen war. Beide zeterten, dass sie mit der Verteilung des neuen Prios-Jahrgangs beginnen sollte, dem mit Nebel versetzten Wein, der die Augen des Volkes von Neuem trüben würde. Nicht dass sie sich endgültig dagegen entschieden hatte, den Wein zu benutzen, aber sie begann sich zu fragen, ob es vielleicht möglich sein könnte, ohne dergleichen zu herrschen. Sie wurde geliebt – oder könnte geliebt werden. Über ihre Kräfte und Gaben wurden ebenso viele Geschichten erzählt wie über Menas Fähigkeiten als Kriegerin. Talay erblühte zu neuem Leben. So viel schien richtig zu sein. Doch Baddel und Nathos glaubten ganz offensichtlich an die Bedrohung, die dieser Barad darstellte. Er war der Hauptgrund, mit dem der Bedarf für die neue Droge erklärt wurde.
    »Dann triff dich mit ihm«, sagte Corinn zu Rhrenna. Sie hatte die

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