Acacia 02 - Die fernen Lande
Lothan Aklun zu treffen. Nichts würde den Lothan Aklun die Stärke und Beständigkeit unsere Partnerschaft deutlicher zeigen, als Euch an unserer Seite zu sehen.«
Corinn ließ den Blick von einem zum anderen wandern und versuchte, die Gedanken der Männer zu ergründen, ohne zu verraten, wie sehr sie dieser Vorschlag erschreckte. In all den Jahren des Handels mit Quotensklaven war nie ein Akaran mit den Lothan Aklun zusammengetroffen. Die Gilde hatte ihre Sonderstellung eifersüchtig verteidigt. Falls dieses Angebot ernst gemeint war, machten sie sich wahrhaftig Sorgen. »Ich kann Acacia im Augenblick nicht verlassen«, entgegnete sie schließlich, »aber ich werde meinen Bruder Prinz Dariel zu den Lothan Aklun schicken und ihm eine von mir verfasste Botschaft mitgeben. Eigentlich sollte er in wenigen Tagen nach Acacia zurückkehren. Er wird die Lothan Aklun besänftigen, und dann werden die Geschäfte weitergehen.«
Sie konnte nicht erkennen, ob die beiden Männer über diese Ankündigung glücklich waren oder nicht, aber undurchschaubar zu sein war für Gildenvertreter ebenso lebenswichtig wie das Atmen. Corinn erhob sich und entließ sie förmlich, wobei sie versprach, in den nächsten Tagen die Einzelheiten mit ihnen durchzusprechen.
Als die Königin ein paar Minuten später wieder allein war, beugte sie sich erneut über ihren Schreibtisch und versuchte, sich jedes Wort und jede Geste, von der es begleitet worden war, ins Gedächtnis zu rufen. Natürlich hatten die Männer der Gilde ihr nicht alles gesagt. Das würden sie so oder so niemals tun, wahrscheinlich jedoch verbargen sie Aspekte der Affäre, die sie besser kennen sollte. Sie würde Rialus bitten müssen, seine Ohren – seine Ratten – auszuschicken, um zu sehen, was sie noch in Erfahrung bringen konnten. Was ihren Bruder anging, nun, vielleicht sollte er die Gildemänner wirklich begleiten. Dabei gab es gewiss etwas zu gewinnen. Dies war eine Möglichkeit, die man ergreifen sollte, ehe die Gilde sich wieder aus allem herausgewunden hatte.
Sie hörte, wie jemand den Raum betrat und spürte ein Aufflackern des Verdrusses, der jedoch gleich wieder verblasste. Noch bevor er etwas sagte, erkannte sie an den schnellen Schritten und daran, dass er nicht mit einem Flötensignal angekündigt worden war, wer da hereingekommen war.
»Mutter, schau mal«, sagte eine Kinderstimme. »Sieh mal, was ich gelernt habe.«
Corinn richtete sich auf und sah ihren Sohn Aaden ins Zimmer gestürzt kommen. Er hielt ein hölzernes Übungsschwert in der Hand, ein kleines, leichtes Ding speziell für Kinder. Genau das Richtige für einen Achtjährigen.
»Schau zu«, forderte er sie auf, »ich führe dir jetzt den ersten Teil der Ersten Form vor.«
Ohne auf eine Bestätigung zu warten, ging er in Positur, brachte sein Schwert in Bereitschaftsposition und konzentrierte sich auf den eingebildeten Feind vor ihm. Corinn lächelte. Ihr kleiner Edifus vor Carni malte sich bereits Gemetzel aus. Er hatte in seinem Leben keinen einzigen Tag der Entbehrungen erlebt, und doch gierte er schon nach Zwist.
Der Junge bewegte sich ebenso ungeschickt und zugleich konzentriert wie alle Kinder. Er trat vor, schwang das Schwert, parierte und drehte sich auf den Fußballen. Dabei wackelte er ein paarmal, korrigierte gelegentlich einen Fehltritt und schien sich so sehr zu konzentrieren, dass er durch die zusammengepressten Lippen kaum atmen konnte. Corinn achtete nicht weiter auf die Form selbst oder darauf, wie er sie ausführte. Sie starrte ihn einfach nur an, staunte über den Akt der Schöpfung, der ihm das Leben geschenkt hatte. Sie hatte dieses Kind zustande gebracht! Dieses vollständige, erlesene menschliche Wesen. Wie war es möglich, dass sie die Macht besaß, diesen kleinen Mund zu formen und ihn mit diesen vollkommenen, winzigen Zähnen zu füllen? Und seine Augen … nun, sie waren grau mit braunen Sprenkeln und beinahe zu groß für sein Gesicht. Doch er würde hineinwachsen, und wenn er das tat, würden sie jeden zerfließen lassen, den er damit ansah.
War all das ihr Werk?
Jäh wirbelte der Junge besonders schwungvoll herum, und seine langen, welligen Haare flogen. Corinn dachte insgeheim, sie sollte sie kurz schneiden lassen, damit sie ordentlich am Kopf anlagen. Doch sie brachte es nicht übers Herz. Als er noch ganz klein gewesen war, hatte sie diesen Jungen in den Armen gehalten und ihm über den haarlosen Scheitel gestrichen, war mit den Fingern über die weichen
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