Acacia 02 - Die fernen Lande
Dariel. Und das wäre für niemanden gut. Es würde Chaos bedeuten. Leiden.«
Dieses Mal gewährte sie ihm genug Zeit, um etwas zu erwidern. Doch ihm wollte nichts einfallen. Sie hatte nicht unrecht. Dort draußen herrschte Unzufriedenheit. Er hatte es gespürt, hatte es kaum verschleiert in den Augen mancher Männer gesehen. Selbst als er gearbeitet hatte, um den Menschen zu helfen, hatte er gewusst, dass sie ihn oder seine Arbeit nicht so voll und ganz akzeptierten, wie er es sich wünschte.
»Eines solltest du noch wissen«, sagte die Königin. »Ich werde sie nicht unter Drogen setzen, wie wir es früher gemacht haben. Es wird nicht wieder so sein wie damals, Dariel, das verspreche ich dir.«
Versprichst du mir auch, dass es nicht schlimmer sein wird?, dachte Dariel. Auf ganz andere Weise?
Corinn erhob sich, strich ihr Kleid glatt, und wartete, bis auch Dariel aufstand. Als er es tat, streckte sie die Arme aus, die Handflächen nach unten gewandt, während ihre Finger sich um seine schlossen. »Fahr zu ihnen, Bruder, und tue alles, um sie zu beschwichtigen und dafür zu sorgen, dass weiterhin Frieden herrscht. Sonst sind wir wirklich in Gefahr. Wir tragen keine Schuld. Alles, was du tun musst, ist, sie davon zu überzeugen und dann zu bezaubern.«
Dariel ließ sich einen Augenblick Zeit, ehe er antwortete. Ein Teil von ihm wollte die Aufgabe ablehnen, doch das war leichter gesagt als getan. Und gewiss konnte er ein besserer Abgesandter sein als irgendjemand anders. Vielleicht würde er auch etwas über die Lothan Aklun und die Auldek erfahren, wenn er sie wirklich vor sich sah, und vielleicht konnte er dann Mittel und Wege finden, die Art des Handels zu ändern. Sie hatte ihre Gründe, warum sie wollte, dass er dorthin fuhr, aber vielleicht fand er eine Möglichkeit, mit etwas anderem als Quotensklaven und Nebel zu handeln. Sie würde ihm das nicht übel nehmen – nicht, wenn er ein neues Abkommen mitbrachte, das das alte ersetzen würde. Vielleicht war dies ein erster Schritt in diese Richtung. Er versuchte sich einzureden, dass diese Möglichkeiten in dem, was sie gesagt hatte, verborgen gewesen waren, doch irgendetwas hielt ihn davon ab, sie offen anzusprechen.
»Wann reise ich ab?«, fragte er, und war überrascht darüber, dass die ersten Worte, die er hervorbrachte, zeigten, dass er den Auftrag annahm.
»Du stichst in zwei Tagen mit Sire Neen in See. Er hat mit den Vorbereitungen angefangen, sobald er erfahren hat, dass du wohlbehalten angekommen bist. Nimm nichts mit, was dich ablenken könnte. Hast du verstanden? Wren wird nicht mitkommen.« Seine Enttäuschung musste ihm anzusehen sein, obwohl er sich dessen nicht bewusst war. »Nur sehr wenig von dem, was uns Anführern zufällt, ist leicht. Das weißt du doch. Vieles ist eine echte Herausforderung. Ich habe keinen Zweifel daran, dass du die Zeit mit Sire Neen nicht gerade genießen wirst, aber im Augenblick haben wir keine andere Wahl, als das Bündnis mit der Gilde aufrechtzuerhalten.«
Ganz kurz hatte Dariel das Gefühl, wieder ein Junge zu sein, so verwirrt und ziellos wie damals, als sein Wächter ihn aus Kidnaban hatte verschwinden lassen und Jahre des Versteckens gefolgt waren. Dies wiederum ließ ihn an Val denken, seinen Beschützer in jenen Jahren, der ebenso sehr sein Vater gewesen war wie Leodan. »Ist dies die wahre Corinn?«, fragte er und achtete sorgsam darauf, in gleichmütigem Tonfall zu sprechen. »Du willst mich wieder wegschicken, noch ehe ich auch nur richtig zum Luftholen gekommen bin? Du bist eine harte Zuchtmeisterin, Schwester.«
Irgendetwas daran fand Corinn erheiternd. Um ihre Lippen spielte ein Lächeln, das erst verschwand, als sie antwortete. »Das muss ich auch sein, Bruder. Ich bin die Königin.«
»Und was ist mit meiner Arbeit?«
»Oh, die wird weitergehen. Darum kümmere ich mich persönlich.«
Obwohl Dariels Unruhe nicht nachließ, lachte er. »Du willst inmitten der einfachen Leute freiwillige Arbeit leisten, Schwester?«
»Genau das werde ich tun«, antwortete Corinn mit einem strahlenden Lächeln. »Nicht genauso wie du, aber ich habe Pläne gemacht. Das muss ich auch. Wie gesagt – ich bin die Königin.«
Wenig später tappte Dariel barfuß durch seine Gemächer. Der Geruch von Weihrauch, den Wren so liebte, hing schwer in der Luft. Die Flammen in den Lampen brannten niedrig, so dass sie den Raum eigentlich nicht wirklich erhellten, sondern nur Umrisse sichtbar machten, die es ihm ermöglichten,
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