Acacia 02 - Die fernen Lande
sind Ihrer Majestät treu ergeben …«
Calrach unterbrach ihn, indem er mit einem Ruck den Arm vorstreckte, die Handfläche voran. Dann suchte er nach einer freien Stelle auf dem Fußboden, um auszuspucken. »Die Königin ist uns gleichgültig. Sie ist sowieso nicht unsere Königin. Sie ist eine Hündin, die ihr Hinterteil zur Schau stellt, es aber nicht preisgibt. Stattdessen fletscht sie die Zähne und schnappt zu. Wir sind ihrer müde.«
In der Stille, die diesen Worten folgte, wechselten die beiden Vertreter der Gilde besorgte Blicke. Sire Neen legte eine Hand an die Kehle, als müsse er einen Hustenreiz stillen. Für jemanden, der sich mit den Numrek nicht auskannte, war das eine verständliche Reaktion, doch Rialus hatte genug Zeit mit diesen Fremden verbracht, um zu wissen, dass solche streitlustigen Worte einfach dazugehörten. Ihr Verhalten konnte nicht nach acacischen Maßstäben beurteilt werden, selbst wenn es darum ging, dass sie die Königin beleidigten. Er wusste dies, aber die Vertreter der Gilde wussten es auch. Ihre Reaktion war ein wenig zu beklommen. Rialus kniff innerlich wachsam die Augen zusammen.
»Aber Ihr steht noch immer in ihren Diensten?«, fragte Sire Dagon.
»Das stimmt. Es gibt nichts, was dagegen spricht. Wenn sie mir durch Euch ermöglicht, Ushen Brae wiederzusehen, diene ich ihr gern. Ich werde die Worte sagen, die sie von mir verlangt.« Der Numrek lehnte sich zurück. »Ja, das werde ich tun. Sie wird nicht enttäuscht sein. Aber ich tue es nicht, weil mir der Geruch zwischen ihren Beinen gefällt.«
Ein schrecklicher Ausdruck, dachte Rialus bei sich, den sowohl die männlichen wie die weiblichen Numrek ohne Verlegenheit benutzten. Und einer, der eine wahre Flut von Erinnerungen mit sich zu bringen drohte, doch er drängte sie zurück. Bleib wachsam, Rialus. Er nippte an dem Wein und versuchte, so unauffällig wie möglich zu sein.
Mulat, Calrachs Halbbruder, fügte hinzu: »Wir tun es, weil das, was gut für die Akarans ist, auch gut für die Auldek ist, und als ihre Verwandten wollen wir nur, was gut für sie ist.«
Sire Dagon nahm von einem Diener eine eingelegte Pflaume entgegen und entließ ihn – oder sie, das war schwer zu sagen – anschließend mit einem Zucken seines Handgelenks. Er hielt die weiche Frucht zwischen den Fingern und roch daran. »Verwandte, sagt Ihr? Ich habe das Verhältnis zwischen den Auldek und den Numrek nie ganz verstanden. Haben sie Euch nicht vertrieben, Euch ins …«
»Nein, nein, nein«, wehrte Calrach entrüstet ab. Er rammte Mulat mit solcher Wucht die Handfläche gegen die Brust, dass Rialus sich krümmte, obwohl es den Numrek nichts auszumachen schien. »Stellt mich nicht noch einmal auf die Probe, Gildenmann! Darüber sprechen wir nicht. Das betrifft Euch nicht. Hört auf, nach Möglichkeiten zu suchen, danach zu fragen.«
Hmm, dachte Rialus. Also hatten die Sires sich oft genug nach der Verbindung zwischen den Numrek und den Auldek erkundigt, dass es Calrach aufgefallen war. Gewiss, Calrach war klüger, als es sein grobschlächtiges Äußeres nahelegte, doch wenn die Gilde ihn deswegen bedrängt hatte, wussten sie offensichtlich nicht so viel über die Auldek, wie sie es sich wünschten. Interessant, oder auch beunruhigend.
»Ich bitte um Entschuldigung.« Sire Dagon neigte den Kopf. »Ihr seid so ein interessantes Volk. Nehmt es mir nicht übel, dass ich neugierig bin. Jedenfalls werdet Ihr ein geehrtes Mitglied unserer Abordnung sein. Und ganz bestimmt von unschätzbarem Wert.«
Besänftigt ließ Calrach seinen riesigen Körper wieder in den Sessel zurücksinken.
»Verzeiht«, sagte Rialus, »aber was war das für ein Name, den Ihr da benutzt habt? Ushebra …«
»Ushen Brae«, korrigierte Mulat. »Das ist der Name unseres Landes.«
»Oh. Das habe ich noch nie gehört.«
Für einen Numrek hatte Mulat ein ansehnliches Gesicht, mit Zügen, die besser proportioniert und somit für menschliche Augen leichter zu ertragen waren. Allerdings verwandelte der geringste Unmut es in eine zerklüftete Maske, vor der nicht zurückzuschrecken alles andere als leicht war. »Das bedeutet nicht, dass es nicht so ist. Ihr nennt unsere Lande die Anderen Lande, aber warum sollten wir das tun? Für uns sind sie nicht anders. Dieser Ort hier ist anders. Nun, da wir unsere Heimat wiedersehen werden, werden wir sie wieder bei ihrem richtigen Namen nennen.«
»Soll ich …«
»Mach, was du willst«, sagte Calrach. »Das spielt keine Rolle.
Weitere Kostenlose Bücher