Acacia 02 - Die fernen Lande
ausführlichen Bericht über alles, was du gesehen hast, wenn du zurückkommst. Mein Bruder wird dasselbe tun, aber ich werde mir eure Berichte getrennt anhören. Noch nie in der Geschichte unseres Handels mit den Lothan Aklun hatten wir eine bessere Gelegenheit, etwas über sie zu erfahren. Nutze sie, Rialus. Nutze sie so umfassend, dass ich es nicht bedauern werde, nicht selbst mitgefahren zu sein.«
Jeder Auftrag hatte sich ganz einfach angehört, und dennoch schwang eine Drohung darin mit. Das konnte sie sehr gut. Er würde seinen Verstand benutzen, sich regelmäßig Notizen machen und etwas finden müssen, um die Übelkeit zu unterdrücken, die jedes Mal in ihm aufwallte, wenn er an Ozeanwogen dachte. Und was die Auldek anging … Bitte lass sie kultivierter sein als die Numrek! Zwei Monate also. Nur zwei Monate, und er würde wieder zu Hause sein. Damit konnte er umgehen.
Als er schließlich in Sire Dagons Gemächer geführt wurde, stellte er fest, dass er zu spät kam. Denn zwischen Dagon, Neen und mehreren Steuerleuten der Gilde saßen bereits Calrach und seine beiden Stellvertreter, massig und nur allzu vertraut. Die Männer der Gilde ruhten in ihren komplizierten, wahrscheinlich unbequemen Sesseln. Die Numrek überragten sie, nichts als gewaltige Muskeln und grob geschnittene Züge, und doch wirkten beide Parteien entspannt.
»Ach, Rialus Neptos«, sagte Sire Dagon und stieß eine Nebelwolke aus, »so gesellt Ihr Euch zu guter Letzt doch noch zu uns. Wir haben unsere Besprechung beinahe beendet. Seid in Zukunft pünktlicher.«
Rialus setzte zu einer Erklärung an – dass er beinahe eine Stunde in den äußeren Räumen verbracht hätte –, doch niemand schien sich dafür zu interessieren. Calrach stand auf und begrüßte ihn mit einer erdrückenden Umarmung, dann trat er zurück und ließ seine gewaltige Hand auf die Schulter des zerbrechlichen Mannes klatschen. »Mein Freund«, sagte er in der Sprache der Numrek, »schön, dich zu sehen. Jetzt bist du nicht mehr so sehr eine Ratte. Eher ein Wiesel.« Er wandte sich seinen Begleitern zu, damit sie seine Worte bestätigten, was sie auch taten. Beide begrüßten ihn anschließend mit der gleichen, brustkorbzermalmenden Umarmung.
Rialus tastete sich in knappem Numrek durch dies alles. Er hasste die Sprache noch immer, weil sie so barbarisch war und weil sie Zunge und Lippen fürchterliche Verrenkungen abverlangte. Allerdings beherrschte er sie ziemlich gut; er hatte sie in seiner Zeit als Hanish Meins Botschafter bei den fremden Invasoren, die zu Verbündeten geworden waren, erlernt. Woran er jedoch aus vielen Gründen nicht gerne erinnert wurde. Die Zeit bei den Numrek war eine demütigende Phase in seinem Leben gewesen, in mancherlei Hinsicht schlimmer als sein Exil in Cathgergen. Immerhin hatte sein Kampf mit der Sprache der Numrek ihm geholfen, sein Stottern loszuwerden. Inzwischen sprach er fast so flüssig, wie er es gerne wollte.
Sobald er sich gesetzt hatte, reichten ihm spindeldürre Diener ein Glas mit süßem Pflaumenwein, das nicht gerade stehen bleiben wollte, als er es abstellte. Außer ihm schien niemand dieses Problem zu haben, was merkwürdig war, weil ihre Gläser genauso aussahen wie seines. Es schien plötzlich ziemlich wichtig zu sein, dass er nichts von der süßen Flüssigkeit verschüttete. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, hielt das kleine Glas in seinem Schoß und hoffte, dass das nach Gelassenheit aussah. Und er fragte sich, was sie wohl besprochen haben mochten, bevor er gekommen war. Bestimmt nur die besten Themen.
Sire Dagon räusperte sich und sagte ohne einen Hauch von Gefühl, Humor oder Ironie: »Also, guter Calrach, Ihr seht in Rialus einen loyalen Diener der Königin. Er wird den jungen Prinzen unterwegs behüten und ihn vor Schaden, Verrat und Ähnlichem beschützen. Ganz unter uns, manchmal hege ich den Verdacht, dass die Königin glaubt, wir hätten ihrem Bruder gegenüber üble Absichten. Ich habe ihr versichert, dass die Gilde genauso vergeben und vergessen kann wie alle anderen. Dariel ist jetzt ein Prinz, kein Pirat, Dieb oder Saboteur. Wie auch immer, Rialus wird sich zweifellos bemühen, die Interessen der Akarans in jeder Hinsicht zu vertreten. Aber was ist mit den Numrek? Reist Ihr auf Bitten der Königin nach Ushen Brae? Oder habt Ihr eigene Gründe?«
»Ich glaube, Königin Corinn hat verlangt, dass sie mitfahren«, warf Sire Neen ein, »zweifellos um uns im Auge zu behalten. Auch die Numrek
Weitere Kostenlose Bücher