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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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erforderte – tiefer und immer tiefer in den Bauch des Schiffes hinunter. Schließlich stiegen sie knapp oberhalb der Wasserlinie durch eine Luke im Rumpf auf ein Fallreep, das zu einer Art schwimmender Plattform hinabführte. Darauf drängten sich bereits Gildenmänner und Ishtat, die anscheinend alle auf sie warteten. Auch noch ein paar andere Gestalten waren zugegen. Numrek. Seit die Reise begonnen hatte, hatte Rialus sie nicht mehr gesehen, doch er erkannte Calrach und sein etwa zehnköpfiges Gefolge.
    Rialus schritt vorsichtig das Fallreep hinunter und betrat die seltsame Oberfläche. Sie sah aus wie ein gewaltiges Stück grauer Stein, rechteckig und glatt, ansonsten jedoch ohne besondere Merkmale. Zunächst dachte Rialus, sie würden hier auf ein Boot warten, das sie an Land bringen würde. Und obwohl vollkommen ungewiss war, was ihnen bevorstand, wünschte er sich, es möge rasch kommen. Der ungeschlachte riesige Schiffsrumpf in seinem Rücken behagte ihm nicht, so gewaltig, dass er sie zerquetschen würde, sollte er seine Position verändern. Noch während er darüber nachdachte, wäre er beinahe hingefallen, denn die Plattform bewegte sich plötzlich. Das ganze Ding löste sich von der Ambra und glitt auf das Ufer zu. Es war ein überaus merkwürdiges Gefühl, denn die graue Platte schwamm eigentlich nicht, sondern zerteilte das Wasser wie ein fester Keil, unbeeinflusst von Dünung und Gezeiten.
    »Ihr seht verwirrt aus, Prinz«, sagte Sire Neen, »genau wie Ihr, Neptos. Nun, das solltet Ihr auch. Es gibt eine Menge Dinge auf der Welt, von denen Ihr keine Ahnung habt. Selbst mich überrascht gelegentlich noch Neues. Wie soll ich Euch das hier erklären?« Sire Neen suchte nach den Worten, schnalzte mit der Zunge. Dabei tat er, als spräche er zu den beiden Acaciern, doch er hob die Stimme genug, dass die belustigten Gildenmänner, die um sie herumstanden, ihn ebenfalls hören konnten.
    »Denkt an die verschiedenen Arten, wie wir uns die natürliche Welt zunutze machen«, sagte er. »Der Wind bläht unsere Segel und treibt unsere Schiffe vorwärts. Das ist uns vertraut, aber es ist nicht weniger erstaunlich. Wir können in einer Kajüte sitzen, während der unsichtbare Wind uns über die Welt treibt. Ein Ding, das wir nicht sehen, nicht berühren können – die Luft selbst –, kann etwas verrichten, was Tausende von Arbeitern nicht vollbringen könnten. Wir können uns die Kraft von fließendem Wasser nutzbar machen, um Korn zu mahlen oder Lasten zu heben. Wir können ein kaltes Zimmer mit einem Feuer beheizen. Habt Ihr Euch nie überlegt, wie merkwürdig das ist? Warum brennt Holz? Warum erzeugt es Hitze, wenn es verbrennt? Was genau geschieht, wenn sich das Holzscheit in Asche verwandelt? Es gibt so viele Rätsel, und die Gilde hat über solche Fragen lange nachgedacht. Und wir haben ein paar Antworten gefunden.
    Aber ich spreche von unserem eigenen Wissen, nicht von der Magie der Lothan Aklun, die dieses Gefährt antreibt. Jahrhundertelang haben sie uns nichts erzählt, nichts preisgegeben, haben alle ihre Geheimnisse für sich behalten.« Mehrere der zuhörenden Gildenmänner brummten bei diesen Worten vor sich hin. »Doch vor kurzem gab es zwei Gelegenheiten, bei denen wir ihnen einige Geheimnisse entlocken konnten: als wir einen Vertrag zwischen ihnen und Hanish ausgehandelt haben, und als es um neue Bedingungen hinsichtlich des Abkommens zwischen ihnen und Eurer teuren Schwester gegangen ist. Sie haben uns eine Barke wie diese hier gegeben. Doch auch als sie uns diese Dinge überlassen haben, haben sie deren Geheimnisse für sich behalten. Wir wissen nicht, wie man ein solches Gefährt baut. Es ist Zauberei, aber eine sehr nützliche Zauberei. Natürlich werden wir ihre Geheimnisse bald kennen, da wir jetzt ganz nach Belieben in ihren Bibliotheken, Lagerhäusern und Berichten forschen können.«
    Rialus konnte sehen, dass Dariel etwas sagen wollte. Sire Neen bemerkte es ebenfalls. Er lächelte. »Ich weiß, was Ihr sagen wollt, Prinz. Ihr wollt uns – die Gilde – als verräterische, hinterhältige Bestien verfluchen. Und Ihr hättet recht! Im Handel gehört der Erfolg dem Wagemutigen. Die Gilde ist wagemutig, und wir haben unglaublichen Erfolg gehabt, das werdet Ihr bestimmt auch bald erkennen. Das stimmt doch, oder, meine Freunde?«
    Die Gildenmänner um sie herum stimmten ihm zu. Ein paar der Ishtat lachten schallend. Rialus hatte diese Männer noch nie so munter gesehen. Es machte ihn

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