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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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Tatsache, dass Aliver genau diese Charakterzüge so reizvoll gefunden hatte. Er hörte sich sagen: »Du warst nicht die Einzige.«
    »Nein, aber ich habe nicht so genau aufgepasst wie du. Wenn du eine andere benennen kannst, die mit ihm zusammen war, kannst du auch bezeugen, dass ich mit ihm zusammen war.«
    Kelis wischte sich über das plötzlich heiße Gesicht. Sie würden ihn für verbittert halten, für eifersüchtig. Vielleicht hatten sie sogar recht damit. Mit beherrschter Stimme sagte er: »Ich kann nicht wissen, was zwischen den beiden passiert ist, aber wenn Ihr mich fragt, was ich glaube, dann, ja, sie waren ein Liebespaar.«
    Dies schien Sinper zufriedenzustellen, obwohl er dies eher mit einer Grimasse als mit einem Lächeln zeigte. »Dann haben wir also einen Zeugen.«
    »Nicht dass wir einen gebraucht hätten«, warf Ioma ein. »Benabes Aussage sollte nicht in Frage gestellt werden.«
    »Sie wird aber in Frage gestellt werden«, sagte Sangae. »Ganz sicher.«
    Benabe starrte Kelis so eindringlich an, dass er ihren Blick erwidern musste. »Ich danke dir, Kelis. Ich weiß, dass du ihn auch geliebt hast. Aliver hat das auch gewusst.«
    Ein weiterer Hitzeschwall flutete über Kelis’ Gesicht. Zum Glück verriet seine dunkle Haut nichts davon. Ja, Aliver hatte es gewusst, doch er hatte diese Liebe nicht erwidert – zumindest nicht auf die körperliche Art und Weise, die Kelis sich gewünscht hätte. Er war stets sorgsam darauf bedacht gewesen, die wahre Natur seiner Gefühle für Aliver nicht zu verraten, und er wollte es auch jetzt nicht tun. Er tat, als hätte er ihre Worte nicht gehört. »Einen Zeugen wofür? Ich verstehe noch immer nicht, um was es hier eigentlich geht.«
    Die anderen wechselten Blick.
    »Bringt das Kind«, sagte Sangae schließlich. »Er soll sie sehen.«
    »Das Kind?«
    Sangae nickte. »Sie ist ein hübsches Kind, Kelis. Sie ist unser aller Hoffnung. Ruf sie, Benabe, lass sie auf ihren eigenen zwei Beinen hereinkommen.«
    Unser aller Hoffnung? Kelis spürte, wie seine Fingerspitzen zu kribbeln begannen. Unser aller Hoffnung?
    Benabe stand auf und ging zu der Tür auf der anderen Seite des Raumes hinüber. Die vier Männer saßen schweigend da, während sie draußen auf dem Korridor mit jemandem sprach. Ein paar Augenblicke später kam sie zurück und hielt ein Mädchen von vielleicht neun Jahren an der Hand. Das Kribbeln in Kelis’ Fingern wurde zu einem Pochen, einem Herzschlag, der sich in die Mitte seiner Handflächen verlagerte.
    »Dies ist meine Tochter«, verkündete Benabe. »Sie hat sich ihren Namen selbst gegeben. Sie möchte, dass wir sie Shen nennen.«
    Das Mädchen hatte die Augen niedergeschlagen, doch sobald sie vor den vier Männern stehen blieb, hob sie den Kopf und sah sie geradeheraus an. Ihr Gesicht war rund und sanft, ihr Mund klein, die Lippen dünner als die ihrer Mutter. Ihre Haut war von einem kräftigen, aber dennoch aufgehellten Braunton. Sie sah sie mit bemerkenswert großen Augen an. Obwohl sie kein einziges Wort sagte, hielt Kelis sie unwillkürlich für ziemlich intelligent. Ihre Gesichtszüge waren vertraut. Es waren Benabes, ja, doch das war nur eine Art, wie er sie erkannte, sie schon gekannt hatte, bevor er sie gesehen hatte, bevor sie überhaupt geboren worden war. Es ließ sich nicht leugnen. Das Mädchen, Larashen – Shen –, war Aliver Akarans Tochter. Wie hatte er all die Jahre leben und nicht gewusst – nicht gespürt – haben können, dass es sie gab?
    »Sie hat sich ihren Namen selbst gegeben?«, fragte Kelis.
    Benabe nickte, erklärte es aber nicht.
    »Kelis Umae«, sagte das Mädchen. Ihre Stimme war klar und hoch, und die beiden Worte waren weder eine Begrüßung noch eine Frage. Nur eine Feststellung.
    »Du – du kennst mich?«
    »Ja. Sie haben mir von dir erzählt. Du bist bis zum Fluss im Südlichen Becken gegangen. Dort hast du gewartet, du hast dein Versprechen gehalten.«
    »Haben dir das diese Leute hier erzählt? Deine Mutter? Sangae?«
    »Die Steine haben es mir erzählt.« Sie lächelte, und dann senkte sie den Blick, sah in diesem Augenblick einfach nur wie ein schüchternes kleines Mädchen aus.
    »Steine …« Beinahe hätte er eine Frage formuliert, doch er ließ sie wieder verblassen. Die feinen Härchen auf seinen Unterarmen und in seinem Nacken hatten sich aufgestellt. Der Pulsschlag in seinen Handflächen war mittlerweile tatsächlich schmerzhaft. Er sah Benabe an. »Wer ist der Vater dieses

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