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Acacia 02 - Die fernen Lande

Acacia 02 - Die fernen Lande

Titel: Acacia 02 - Die fernen Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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Zeit lang erhaschte er nur kurze Blicke auf sie. Manche waren ungewöhnlich groß, die meisten jedoch waren in dieser Hinsicht ziemlich normal, eine gemischte Bevölkerung wie in jeder Stadt, die vom Handel lebte. Er wollte Gesichter sehen, wollte Blickkontakt herstellen, wollte sehen, ob er irgendjemandem eine Botschaft übermitteln konnte, jemandem, der ihm vielleicht helfen würde, aber er war von den Ishtat-Soldaten umringt, und sie schritten viel zu rasch voran.
    Erst, als sie in eine der schmaleren Straßen eingebogen waren, konnte er einen richtigen Blick auf einen Bewohner dieser Stadt werfen. Anfangs sah er nur den nackten Rücken eines Mannes. Er war überaus muskulös, und die Muskelwülste bebten, als er Säcke auf die Ladefläche eines Wagens wuchtete. Das Erste, was Dariel auffiel, war die gleichmäßig dunkelgraue Haut. Doch die weit größere Überraschung folgte, als der Mann sich umdrehte, um die vorbeimarschierenden Fremden zu betrachten. Dariel zuckte entsetzt zurück und brachte seine Ishtat-Eskorte kurz zum Stehen. Das Gesicht des Mannes war kaum als menschlich zu bezeichnen. Statt Augenbrauen hatte er knorrige Knochenwülste. Lange, schwarze Barthaare zogen sich an seiner Kieferpartie entlang, so steif und gerade, dass sie wie Metallnadeln aussahen, die in den Knochen getrieben worden waren. Noch schlimmer jedoch waren die goldenen Hauer, die direkt neben seinen Mundwinkeln über seinen Kiefer hinausragten. Sie waren dick und geschwungen wie die eines Keilers. Der Mann zeigte durch nichts an, dass er sich selbst für ein grauenhaftes Wesen hielt. Vielmehr richtete er den Blick auf Dariel und musterte ihn, als wäre er die Kuriosität.
    Vielleicht war Dariel das auch, denn in den nächsten paar Minuten, in denen er weiter durch die Straßen stolperte, tauchte ein bizarres Geschöpf nach dem anderen auf: eine Frau, deren Gesicht, Hals und Arme gefleckt waren wie ein Leopardenfell, zwei Jungen mit pechschwarzen Gesichtern, aus deren Wangen weiße Schnurrhaare sprossen; ein Mann, dessen Arme und Beine wie ein Zebrafell gestreift waren, obwohl sein Gesicht das eines normalen Menschen war, vielleicht aus Candovia. Um den Arm eines anderen Mannes schien sich eine Schlange gewunden zu haben, die sich von seiner Handfläche über seinen Unterarm, den Bizeps, die Schulter und den Hals immer weiter nach oben wand, so dass ihr Kopf auf seiner Wange zur Ruhe kam und sie zu seinem Auge hinaufzüngelte. Dariel war nahe genug, um zu erkennen, dass es sich bei der Schlange um eine kunstvolle Tätowierung handelte. Seine Blicke schossen hierhin und dahin, um noch mehr aufzunehmen. Immer wieder fand er neue fremdartige Muster und Anhängsel. Jedes menschliche Wesen war tätowiert, trug Metallschmuck im Fleisch oder war verändert. In seiner Zeit als Pirat hatte er einiges an merkwürdigem Köperschmuck gesehen, aber niemals so etwas wie das hier.
    Sie marschierten über einen dicht bevölkerten Markt, auf dem Lebensmittel auslagen. Ein wildes Durcheinander von Gerüchen lag in der Luft, Süßes mischte sich mit Pfeffrigem, so scharf, dass ihm die Augen tränten, und von einer unterschwelligen tödlichen Note durchzogen. Die aufgereihten Marktbuden quollen über vor Nahrungsmitteln – vertrauten und unbekannten – , und Affen hingen neben grün gefiederten Vögeln, neben Früchten, die er noch nie zuvor gesehen hatte, und lebenden, sich windenden Echsen, die an den Schwänzen aufgehängt worden waren. Einer der Ishtat stieß einen Bottich mit einer Flüssigkeit um, in der irgendwelche Brocken schwammen. Der Mann machte einen Satz rückwärts, würgte beim Anblick dessen, was er vor sich sah, und schloss sich eilends wieder der Gruppe an, während einer der Gildenmänner ihn einen Idioten und Tölpel schimpfte. Obwohl Dariel es versuchte, konnte er keinen Blick auf das erhaschen, was der Soldat gesehen hatte. Sie gingen zu schnell. Er war sich so weniger Dinge gewiss und kam sich vor wie in einem lebendig gewordenen Albtraum, wie in einem Traum, in dem er gezwungen war, etwas zu tun, ohne dass er in der Lage gewesen wäre, die Richtung zu ändern, stehen zu bleiben, sich umzuschauen oder sich dem zu stellen, was ihn verfolgte.
    Er keuchte und rang nach Luft, als die Gruppe abbog, eine steinerne Treppe hochstieg und in einen großen Rachen trat, der das Tor zu einer Halle darstellte. Sie gingen weiter, in die Halle hinein, und in dem dämmrigen Innenraum stolperte Dariel noch öfter als zuvor. Als sie

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