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Acacia

Titel: Acacia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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erinnerte sich daran, wie er jahrelang herabgesetzt, ausgelacht und herumgestoßen worden war. Er dachte daran, wie ohnmächtig er gewesen war und wie sehr er sich danach gesehnt hatte, Rache zu nehmen.
    »Könnt Ihr es tun?«, wollte sie wissen
    »Ist er... gefesselt?«, fragte Rialus.
    Corinn sagte, Hanish werde ihm keine Schwierigkeiten machen. Er sei gefesselt. Er warte. Rialus drehte sich um und ging auf den Eingang zu. »Ja«, sagte er kaum hörbar, »das kann ich, Prinzessin, wenn Ihr es wünscht.« Mit kleinen, zögerlichen Schritten ging er weiter, ein Mann, der sein unverhofftes Glück gar nicht fassen konnte.
    Als die Dunkelheit ihn verschluckt hatte, wandte Corinn sich wieder dem brodelnden Chaos am südlichen Himmel zu. Noch nie hatte sie so etwas gesehen. Es lag Raserei darin, doch sie war durch die Entfernung gedämpft. Ins Auge stach vor allem die Schönheit: die hohen Wolkenschichten, die flüssigem Feuer glichen, das Wogen von Farben, die sie nicht einmal benennen konnte. Sie konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, das Schauspiel finde eigens für sie statt, dass es ein Zeichen für den Umsturz des Weltgefüges sei, den sie soeben bewirkt hatte. Sie hätte gern mehr Freude, Erleichterung, inneren Frieden verspürt, doch etwas an dem Anblick ließ sie eher melancholisch werden. Den genauen Grund wusste sie nicht. Allerdings bemühte sie sich, Hanishs Worte zu widerlegen. Er hatte sich geirrt. Sie war ganz und gar nicht wie er.
    »Ich bin besser als du«, sagte Corinn laut, obwohl niemand in der Nähe war, niemand außer ihr, den sie hätte überzeugen müssen.

Epilog
    Es war ein kühler, windiger, bewölkter Nachmittag. Das trostlose Meer rings um Acacia war mit weißen Schaumkronen bedeckt. Die Prozession verließ den Palast durch das Westtor und begab sich über die Hauptstraße zum Hafenfels. Die Teilnehmer schritten über die gewundenen Grate, eine lang gezogene Formation trauernder Menschen. Die umliegenden Hügel fielen zu Tälern ab, die ungestüm dem grauen, herbstlichen Meer entgegentaumelten. Mena ging mit ihren verbliebenen Geschwistern und den Überresten der acacischen Aristokratie an der Spitze. Sie folgte einem geschmückten Wagen, auf dem zwei Urnen standen. Die eine enthielt die Asche Leodan Akarans. Thaddeus Clegg hatte sie all die Jahre über aufbewahrt. In der anderen waren die sterblichen Überreste von Aliver Akaran, einem Knaben, der zu einem Führer herangewachsen war, an den sich zukünftige Generationen erinnern würden, ein Prinz, der niemals ganz König geworden war.
    Es war fast zehn Jahre her, dass Mena diesen Weg das letzte Mal genommen hatte. Sie erinnerte sich noch gut daran, wie sie mit ihrem Vater und ihren Geschwistern hier entlanggeritten war. Damals hätte sie sich niemals träumen lassen, dass ihr Vater sterben würde, oder Aliver, oder dass sie zwischen diesen grauenhaften Ereignissen so seltsame, verschlungene Leben führen würden. Während sie schweigend dem Wagen folgte, musste Mena an das Kind denken, das sie damals gewesen war. Das Gebüsch ringsumher erinnerte sie daran, dass sie sich einmal vor Akazien gefürchtet hatte. Eine seltsame Vorstellung - ein Baum ist schließlich nur ein Baum -, allerdings wusste sie, dass in der Zwischenzeit andere Ängste an die Stelle der Kindheitsfurcht getreten waren.
    Jetzt fürchtete sie sich vor ihren Träumen. Allzu häufig begegnete sie darin Larken, dem ersten Menschen, den sie getötet hatte. Jedes Mal glich der Ablauf dem tatsächlichen Geschehen: Sie war voller Selbstgewissheit, bewegte sich zielstrebig und konnte ihm die Klinge ohne die leisesten Gewissensbisse ins Fleisch treiben. Mit den Erinnerungen an die Schlachten in Talay war es das Gleiche. Besonders oft träumte sie von dem Nachmittag nach Alivers Tod vor drei Monaten, als sie mit solcher Mordlust getötet hatte, als wäre dies ihr einziger Lebenszweck. Beim Aufwachen waren ihr all die Einzelheiten jedes Todes, den sie herbeigeführt hatte, so gegenwärtig, als hingen Hunderte von individuellen Porträts zwischen ihr und der Welt. Sie wusste, dass dergleichen sie noch jahrelang verfolgen würde. Doch es war nicht wirklich das, wovor sie sich fürchtete. Das Beängstigstende war zu wissen, dass sie jederzeit wieder töten könnte und würde. Sie hatte tatsächlich ein wenig von Maeben verinnerlicht. Es würde immer da sein, unter ihrer Haut. Maebens Geschenk der Raserei.
    Sie war nicht die Einzige, die vom Krieg Narben davongetragen hatte. Hinter ihr

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