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Accelerando

Accelerando

Titel: Accelerando Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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des Trommelrevolvers herumhantiert. Es ist ein
leises Schwirren zu hören, aber keine Explosion.
    Weitere schmatzende, mahlende Geräusche folgen: Soeben hat
der Hummer das Gesicht des Rechtsanwalts in Arbeit genommen; jetzt
schluckt das Krustentier krampfartig und verleibt sich dessen Kopf
und Schultern ein, um die Teile im Magen zu zerkleinern.
    Pierre blickt auf die schwere Faustfeuerwache.
»Scheiße!«, brüllt er, wirft noch einmal einen
Blick auf den Hummer und dreht sich danach um, um zur nächsten
Schutzwand zu rennen. Im Hofgarten rennen noch andere Hummer frei
herum. »Amber, eine Krisensituation!«, übermittelt er ihr über den privaten Kanal. »Feinde im Louvre!«
    Der Hummer, der Glashwiecz geschnappt hat, kauert sich bebend
über dessen Körper. Verzweifelt spannt Pierre den
Abzugshahn des Trommelrevolvers, zu verwirrt, um zu
überprüfen, ob er überhaupt geladen ist. Erneut wirft
er einen Blick auf den fremden Eindringling. »Die haben das
biophysikalische Modell gesprengt«, sendet er. Ich
könnte hier drinnen sterben, wird ihm klar, was ihn
vorübergehend in Schock versetzt. Diese Verkörperung von
mir könnte hier den ewigen Tod finden.
    Die Hülle des Hummers, die in der Pfütze von Blut und
menschlichen Überfesten kauert, spaltet sich in zwei Teile. Aus
dem Inneren schält sich eine humanoide Form mit blasser Haut
heraus, die vor Nässe glitzert. Die leeren blauen Augen huschen
hin und her, während sich das Ding streckt und aufrecht
hinstellt, wobei es unsicher hin und her schwankt. Als sich der Mund
öffnet, dringt ein seltsames Gurgeln und Zischen heraus.
    Pierre erkennt die Frau. »Was wollen Sie hier?«,
brüllt er. Die nackte Frau wendet sich ihm zu. Sie sieht Ambers
Mutter lächerlich ähnlich, bis auf die Zangen, die sie an
Stelle von Händen hat. »Gerechtigkeit!«, zischt
sie und macht mit klickenden Zangen einen unsicheren Schritt auf ihn
zu.
    Als Pierre erneut den Abzugshahn spannt, gibt es eine Explosion
aus Pulver und Rauch. Der Rückstoß verstaucht ihm fast den
Ellbogen. Die nackte Frau, aus deren Brust Blut schießt, knurrt
ihn wortlos an und torkelt vorwärts. Die zerfetzten blutigen
Fleischklumpen schließen sich wieder zusammen, verbinden sich
mit unglaublicher Geschwindigkeit. Erneut kommt sie auf ihn zu.
    »Ich hab Amber ja gesagt, dass die Matrix über mehr
Abwehrmaßnahmen verfügt als angenommen«, knurrt
Pierre, lässt die Feuerwaffe fallen und zieht sein Schwert.
Inzwischen hat sich das Alien in seine Richtung gedreht und den Arm
gehoben, der in Zangen endet. »Wir brauchen schwere
Geschütze, verdammt noch mal! Jede Menge schwerer
Geschütze!«
    »Wiiill Gerechtigkeit«, zischt der fremde
Eindringling.
    »Du kannst gar nicht Pamela Macx sein«, sagt Pierre, der
mit dem Rücken zur Wand steht und dem Zwischending aus Hummer
und Frau die Schwertspitze unter die Nase hält. »Die ist in
einem Nonnenkloster in Armenien oder sonst wo. Du hast sie aus den
Erinnerungen von Glashwiecz gezogen – schließlich hat er
für sie gearbeitet, nicht wahr?«
    Die Klauen klappern vor seiner Nase.
»Investmentpartnerschaft«, kreischt die alte Vettel.
»Ein Sitz im Vorstand! Gehirne zum Frühstück
verspeisen!« Sie torkelt zur Seite und versucht unbemerkt an ihm
vorbeizukommen.
    »Ich kann’s nicht fassen, verdammt noch mal«,
knurrt Pierre. Genau im falschen Moment springt die Wunch-Kreatur
los, direkt in die Schwertspitze hinein, während ihre Klauen
gierig klicken. Als Pierre zur Seite ausweicht, bleibt seine Haut
fast an den rauen Ziegelsteinen der Mauer kleben. Und da dieselben
Bedingungen für alle gelten, zwingt das in dieser Realität
herrschende, auf Lebensechtheit getrimmte physikalische Modell die
Angreiferin dazu, erst zu stöhnen und danach
zusammenzubrechen.
    Während Pierre nervös über die Schulter blickt,
zieht er das Schwert heraus und zielt auf ihren Hals. Der heftige
Schlag zerrt an seinem Arm, doch er versetzt ihr weitere Hiebe, bis
alles mit Blut besudelt ist, sein Hemd, sein Schwert, und ein rundes
verstümmeltes Ding mit zerfetztem Hals neben ihm sitzt, dessen
Kiefer lautlos weiter mahlen, weil es immer noch nicht tot ist.
    Er mustert es einen Augenblick, doch gleich darauf rebelliert sein
Magen und versucht sich in den grässlichen Schlamassel zu
entleeren. » Wo, zum Teufel, steckt ihr denn alle?«, sendet er über den privaten Kanal. »Feinde im
Louvre!«
    Keuchend richtet er sich auf und ringt nach Luft. Er fühlt
sich lebendig, verängstigt und

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