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Accelerando

Accelerando

Titel: Accelerando Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Nanocomputern laufen Uploads.
Mein Vater hat ausgerechnet, dass unser Sonnensystem etwa, äh,
hundert Milliarden so viele Bewohner versorgen kann, wie auf der Erde
leben. Und das ist eher noch untertrieben. Die Zahl bezieht sich
natürlich auf Uploads, die in simuliertem Raum leben. Und man
muss dazu zunächst alle Planeten auseinander nehmen und die
dabei abfallenden Stoffe dazu nutzen, ein Matroschka-Hirn zu
konstruieren.«
    »Aha.« Sadeq nickt nachdenklich. »Würdest du
das auch so definieren?«, fragt er und sieht zu dem leuchtenden
Punkt hinauf, mit dem das Gespenst seine Anwesenheit
verdeutlicht.
    »Im Prinzip schon«, erwidert es fast mürrisch.
    »Im Prinzip?« Amber sieht sich um. Eine Milliarde von
Welten, die es noch zu erforschen gilt! Bei dem Gedanken schwirrt
ihr der Kopf. Und das hier ist nur die Firewall? Sie hat das
seltsame Gefühl, hinters Licht geführt worden zu sein. Zwar
reicht der menschliche Verstand nicht dazu aus, auch nur die Ziffern
der großen Zahlen zu zählen, die an diesem Ort im Spiel
sind, doch vom Grundsatz her gibt es hier nichts, was das menschliche
Begriffsvermögen übersteigt. Es ist die Art von
Zivilisation, mit deren Herausbildung sie noch zu Lebzeiten rechnen
konnte (basierend auf der Lebenserwartung ihres fleischlichen
Körpers) – jedenfalls hatte ihr Vater das seinerzeit
gesagt.
    Dad und seine Saufkumpane in einer Burg außerhalb von Prag,
die Demontiert den Mond! Schmelzt den Mars ein! singen,
während sie auf die Ergebnisse einer schamlos manipulierten Wahl
warten. Diese Wahl hatte in der dritten Dekade des dritten
Millenniums stattgefunden. Die Space-and-Freedom-Partei hatte die EU
übernommen und alles bis zur Fluchtgeschwindigkeit angekurbelt.
Aber dieser Ort hier muss doch eigentlich Kiloparseks von der Heimat
entfernt liegen, es muss hier doch uralte Zivilisationen von Aliens
mit allem Drum und Dran geben! Wo ist die exotische
Superwissenschaft? Und was ist mit den Neuronensternen, den Sonnen
aus fremdartiger Materie, so beschaffen, dass sie Daten eher mit
Nukleon-Geschwindigkeit als mit elektronischer Geschwindigkeit
verarbeiten? Ich hab ein ungutes Gefühl bei dieser Sache, denkt sie und produziert eine Kopie von sich, um eine
Direktverbindung zu Sadeq herzustellen. Das hier ist nicht weit
genug fortgeschritten. Halten Sie’s für möglich, dass
die Wesen hier wie die Wunch sind? Parasiten oder Barbaren, die als
Trittbrettfahrer aufspringen wollen?
    Sie glauben also, dass uns dieses Wesen anlügt?, übermittelt ihr Sadeq.
    »Hm.« Amber macht sich auf den Weg den Hügel
hinunter und geht auf die Piazza, im Zentrum der simulierten Stadt
zu. »Sieht mir ein bisschen zu menschlich aus.«
    »Menschlich«, wiederholt Sadeq mit seltsamer Wehmut.
»Haben Sie mir nicht erzählt, dass die Menschheit
ausgestorben ist?«
    »Eure Spezies ist überholt«, bemerkt das Gespenst
von oben herab. »War nicht ausreichend an die künstlichen
Realitäten angepasst. Schlampig optimierte Schaltkreise,
übertrieben komplexe Sensoren für niedrige Bandbreite,
chaotische globale Variablen…«
    »Schon gut, die Botschaft ist angekommen.« Amber wendet
ihre Aufmerksamkeit der Stadt zu. »Und warum geht ihr dann davon
aus, dass wir mit diesem fremdartigen Gott fertig werden, mit dem ihr
Probleme habt?«
    »Das Alien hat nach euch gefragt«, erwidert das Gespenst
und verwandelt sich von einer Ellipse in eine Linie. Gleich darauf
schrumpft es wieder zu einem dimensionslosen leuchtenden Punkt
zusammen. »Und jetzt kommt es hierher. Wir/ich sind nicht
willens, uns einem solchen Risiko auszusetzen. Benachrichtigt
uns/mich, wenn ihr den Drachen getötet habt. Adieu.«
    »O Scheiße… « Amber wirbelt herum, doch
Sadeq und sie sind allein im warmen Sonnenlicht zurückgeblieben.
Die Piazza wirkt, genau wie die in der Kinderhort-Republik,
bezaubernd rustikal. Doch es ist niemand da; auf sie warten nur die
dekorativen, von der Mittagssonne angewärmten Stühle aus
Schmiedeeisen, ein Tisch mit Sonnenschirm und etwas Pelziges, das
sich daneben in einem Sonnenstreifen ausgestreckt hat.
    »Offenbar sind wir für den Augenblick allein.«
Sadeq lächelt schief und deutet mit dem Kinn zum Tisch
hinüber. »Vielleicht sollten wir hier warten, bis unser
Gastgeber auftaucht?«
    »Unser Gastgeber.« Amber blickt sich suchend um.
»Das Gespenst hat irgendwie Angst vor diesem Alien. Ich frage
mich, warum.«
    »Es hat nach uns gefragt.« Sadeq geht zum Tisch
hinüber, zieht sich einen Stuhl heran und nimmt

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